Wie sieht eigentlich die Imagekampagne für ein modernes und innovatives Bundesland aus? So wie in der sächsische Imagekampagne „So geht sächsisch“? Ganz bestimmt nicht. So ein wenig Hoffnung hatte ja Falk Neubert, medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag, die sächsische Regierung könnte einsichtig sein, als er einen Halbsatz in der „Freien Presse“ aus Chemnitz dazu las.

Dort las er, dass „in Verbindung mit der Halbierung der im Haushalt eingestellten Mittel ‚für die Kooperation und Maßnahmen neue Schwerpunkte festgelegt‘ wurden“. Das klang irgendwie nach einer Veränderung der Kampagne.

Aber daran ist gar nicht gedacht, teilt ihm nun Dr. Fritz Jaeckel, der Chef der Sächsischen Staatskanzlei mit, dem auch die Kampagne untersteht. Das Budget sei wohl halbiert. Aber das bedeutet vor allem, dass man die Auswahl der Werbepartner verändert. Vor allem fliegt der Sachsenring aus der Werbepartnerschaft, wo man in den vergangenen Jahren jeweils sechsstellige Summen ausgegeben hatte, die zumindest bei der Linksfraktion den argen Verdacht aufkommen ließen, dass man hiermit das Prestigeprojekt Sachsenring indirekt subventionierte.

Und man werde auf die Schaltung in einigen reichweitenstarken Magazinen verzichten und die „Medialeistungen bei TV und Kino sowie im Out-of-Home-Bereich“ deutlich reduzieren. Out-of-Home sind die Reklamen an den Leuchtsäulen der Städte oder die riesigen Blow-up-Poster, die zu Großereignissen oft zu sehen waren. Dafür wolle man künftig die „Digitalstrategie“ weiter ausbauen, was nicht unbedingt bedeutet, dass die Gelder gescheiter ausgegeben werden. Es klingt eher danach, dass die Gelder künftig mehr den Internetgiganten Facebook, Twitter und Google in den Rachen geschmissen werden.

Man arbeite noch an der Strategie, so Jaeckel, die Liste sei noch nicht fertig. „Derzeit läuft die Ausschreibung zur Standortkampagne. Im Ergebnis des Zuschlages für die ausgewählte Agentur kann es basierend auf dem vorgeschlagenen Kommunikationskonzept zu weiteren Veränderungen der Schwerpunktsetzung kommen.“

Inhaltlich behalte sich die Staatskanzlei sowieso die Entscheidungsgewalt vor. Und da man sich vom bisherigen Konzept nicht verabschieden will, wird es auch künftig eine Werbekampagne geben, die mit der sächsischen Wirklichkeit nicht viel zu tun hat. Das war ja immer der Hauptkritikpunkt an der Kampagne: dass sie von Sachsen ein idyllisierendes Bild malt, es regelrecht zu einem Ort der friedlichen Beschaulichkeit überhöht.

Die L-IZ sprach vom MDR-Stil, der unübersehbar ist. Und wer mag, kann sich ja den jüngsten Imagefilm auf der Kampagnenseite anschauen, den „neuen Winterfilm für den Freistaat Sachsen“, der die schöne weiße Winterwelt in Sachsen darstellt wie eine esoterisch überhauchte Automobilwerbung (mit unendlichen Weiten und einer völligen Abwesenheit störender Menschenmassen). Die bedeutungsschwanger hingeraunte Winterwelt kontrastiert so offenkundig mit der sächsischen Wirklichkeit, dass man sich beim Betrachten wirklich fragt: Nehmen die Kampagnenmacher sich überhaupt noch ernst? Oder haben sie diese zuckersüße Inszenierung der Wirklichkeit so verinnerlicht, dass sie gar nicht mehr anders können, als dieses Land mit emotionalem Kitsch derart zu mystifizieren?

Natürlich kennt man diese fast mystische Übersteigerung aus längst viel zu vielen Werbeclips und Regionalfilmchen. Beim deutschen Fernsehen sind sie ja regelrecht poetische Masche.

Aber: Ist das eine glaubwürdige Werbekampagne für ein Land wie Sachsen?

Das Gefühl beim Anschauen sagt: Nein. Das ist Touristen-Schlagsahne, Märchenerzählergestus. Hier erzählt einer aus Tausendundeinernacht, während die Drohne über schneebestäubte Fichtenwälder gleitet. Und das Geraune verspricht Begegnung mit den eigenen Empfindungen, Träumen und einem Ort der unbegrenzten Möglichkeiten.

Am Ende klingt es geradezu grotesk, wenn der Sprecher zur Verheißung ansetzt: „Öffne die Augen und dein Herz. Fühle, was dich bewegt. Und erlebe den Winter. In Sachsen“.

Den Duktus haben bisher alle Filmchen aus der Reihe. Und wahrscheinlich wird auch das, was man sich für 2017 vorgenommen hat, genauso klingen.

Einen Schwerpunkt will man in diesem Jahr auf Themen aus Kunst und Kultur legen. Aber da man am Kern der Kampagne nichts ändern will, wird es wohl wieder alles wie Bierwerbung aussehen, ohne Ecken und Kanten. Eine nostalgisch angehauchte Märchenerzählung über ein Land, wie es sich die Staatsregierung gern wünscht – heimelig, aschenbrödelig, liebenswert wie Pulsnitzer Lebkuchen.

Die Antwort auf die Anfrage von Falk Neubert „Imagekampagne ‚So geht sächsisch“ – neue Schwerpunkte 2017“, Drs. 8224

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