Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat ja kürzlich erst wieder vorgemacht, wie man Probleme erst schafft und dann die betroffenen Menschen – in diesem Fall Flüchtlinge – kriminalisiert. Er hat einfach wieder eine Extra-Ausländer-Kriminalstatistik vorgelegt. Der Mann macht Stimmung. Und er weiß ganz genau, dass sein Kollege Finanzminister eine fette Aktie an den Problemen hat. Der sitzt nämlich auf dem Geld.

Und er sorgt mit dafür, dass in Sachsens Kommunen völlig irreale Betreuungsschlüssel für Geflüchtete gelten. Und das, obwohl die Regierung weiß, dass sich die Probleme ballen, die Betroffenen enorm viel Hilfe brauchen und vor allem immer mehr emotionale Probleme auftauchen, weil die Betroffenen immer wieder ohne Hilfe und Unterstützung dastehen.

Ein Problem, das die Landtagsabgeordnete der Linken, Juliane Nagel, regelrecht auf die Palme bringt. Erst recht, nachdem jetzt auch noch Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) erklärt hat, dass der Freistaat Sachsen auch zukünftig keinen Personalschlüssel für die soziale Betreuung von Geflüchteten festlegen will.

„Allein in der Förderrichtlinie soziale Betreuung sind neun Tätigkeitsbereiche für die Sozialbetreuer*innen festgeschrieben. Der vom Freistaat empfohlene und finanzierte Schlüssel von 1:150 führt in der Realität zur Überlastung der Sozialarbeiter*innen, gerade angesichts einer zu betreuenden Zielgruppe, die hochbelastet ist und zahlreichen Barrieren im Alltag ausgesetzt ist“, sagt die Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der Linksfraktion im Landtag.

Die verbindliche Festlegung und Absenkung des Betreuungsschlüssels für Flüchtlingssozialarbeit sei überfällig. Darauf weise die Linksfraktion bereits seit mehreren Jahren hin.

„In den Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2015/16 und 2017/18 sowie im eigenen Flüchtlingsaufnahmegesetz hat die Fraktion die Festschreibung eines Betreuungsschlüssels bei 1:80 und die entsprechende finanzielle Ausstattung der Förderrichtlinie beantragt“, stellt Juliane Nagel fest. „Dieser Schlüssel folgt den Empfehlungen der Liga der Wohlfahrtsverbände und ist das Mindeste, um eine qualifizierte soziale Betreuung von Schutzsuchenden zu gewährleisten. Nicht alle Landkreise sorgen für eine den Anforderungen angemessene Ausstattung der Flüchtlingssozialarbeit, als positives Beispiel sticht die Stadt Leipzig mit ihrem – zu großen Teilen selbst finanzierten – Betreuungsschlüssel von 1:50 hervor, vielerorts liegt der Schlüssel auf dem Papier bei 1:150, in der Realität allerdings weitaus größer. Das Land muss hier Mindeststandards setzen!“

Und bezahlen. Denn indem man den Kommunen wieder die Finanzierung der notwendigen Bedarfe überlässt, verschiebt man einfach wieder eine Aufgabe, die eigentlich der Freistaat hat, in kommunale Verantwortung – und lässt die Kommunen zahlen. Denn wenn es zu Konflikten und Problemen in den Unterkünften kommt, haben ja die Kommunen das Problem. Beziehungsweise die Betreuer, die mit einem Berg von Aufgaben völlig überlastet sind und immer öfter die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreichen.

„Die aktuellen Überlastungsanzeigen von Sozialarbeiter*innen rühren auch daher, dass die bundesfinanzierten Beratungsstellen für anerkannte Geflüchtete (MBE und JMD) akut überlastet sind und zum Teil Aufnahmestopps für neue Klient*innen haben. Die Anerkannten wenden sich infolgedessen weiter an ihre Flüchtlingssozialarbeiter*innen, zumal viele von ihnen auch nach der Anerkennung noch in Gemeinschaftsunterkünften wohnen bleiben“, so die Landtagsabgeordnete. „Eine gute Ausstattung und verbindliche Standards für Flüchtlingssozialarbeit sind kein Luxus, sondern eine der Bedingungen für gelingende Integration und damit im Interesse der gesamten Gesellschaft.“

Anfrage von Juliane Nagel (Linke) „In Gemeinschaftsunterkünften wohnende Asylberechtigte“. Drs. 6612

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