Klar ist es bitter, wenige Sekunden vor dem Abpfiff durch einen vermeidbaren Gegentreffer um den verdienten Punktgewinn gebracht zu werden. Doch die Art und Weise, wie sich die Fußballerinnen des FFV Leipzig am Sonntag dem Tabellenzweiten aus Cloppenburg 90 Minuten lang entgegenstemmten, lässt Hoffnung auf eine erfolgreiche Rückrunde keimen. "Die Mädels glauben wieder an sich und haben den Willen, sich zu quälen", sieht Trainer Frank Kayser die Früchte seiner Arbeit reifen.

Schon in der Vorwoche, beim viel umjubelten 0:0 in Gütersloh, zeigte sich eine Trendwende, die die Leipzigerinnen trotz der knappen Niederlage nun bestätigen konnten. Es ist wieder Leben in der Truppe, kein Vergleich zu den Katastrophen-Kicks gegen Meppen (0:7), Lübars (0:8) oder Potsdam II (3:7). Zwei Dinge waren dafür ausschlaggebend: Die taktische Umstellung auf zwei viererketten und jede Menge Lob für die Spielerinnen.

Lange hatte der neue FFV-Coach Frank Kayser gegrübelt, wie er seine Mannschaft weniger anfällig für Gegentore, dafür offensiv aber gefährlicher machen kann. Er verwarf das bis dahin lange praktizierte 4-3-2-1-System und zog eine zweite Viererkette ein. “Das gibt meinen Spielerinnen ein sicheres Gefühl, und die Abstände sind nicht so groß. Selbst wenn sie müde werden, können sie einrücken”, begründete der Trainer seine Maßnahme. Zudem stehen vorn nun zwei Anspielstationen zur Verfügung, die auf ihre Chancen lauern.

“Ich habe gelernt, mehr positiv zu coachen und viel zu loben.”, benennt  Kayser den zweiten wichtigen Aspekt der FFV-Wiederauferstehung. In seiner aktiven Zeit als knallharter Verteidiger bekannt, kam seine “Kölsche Schnodderschnauze” nicht so richtig gut an bei den hiesigen Fußballerinnen. Doch inzwischen spornt er seine Akteurinnen wertschätzend an, lobt was das Zeug hält, und kann förmlich dabei zusehen, wie das Selbstvertrauen der meist noch sehr jungen Frauen wächst.

Kopfballduell zwischen FFV-Kapitänin Lisa Pfretzschner (#3) und Agnieszka Winczo (#11, Cloppenburg). Foto: Jan Kaefer
Kopfballduell zwischen FFV-Kapitänin Lisa Pfretzschner (#3) und Agnieszka Winczo (#11, Cloppenburg). Foto: Jan Kaefer

So behielten diese am Sonntag, trotz zweimaliger Rückstände, den Kopf oben und wurden mit zwei Toren von Lysann Schneider belohnt. Beim 1:1-Ausgleich zirkelte die 22-Jährige einen direkten Freistoß sehenswert in den Winkel (41.). Beim zwischenzeitlichen 2:2 (76.) kam ihr zugute, dass die Cloppenburgerin Marta Stobba beim Versuch, den Ball aus der Gefahrenzone zu schlagen, die zweite FFV-Angreiferin Michelle Förster anschoss, und die Kugel daraufhin den Weg zur Torschützin fand.

Alles schien auf ein Unentschieden hinauszulaufen, wenn da nicht diese Ecke in der letzten Spielminute gewesen wäre. Diese landete bei der völlig frei stehenden Carole da Silva Costa, die aus spitzem Winkel per Kopf den 2:3-Endstand herstellte. “Heute war alles drin: Zweikämpfe, gehaltener Elfmeter, Torchancen für fünf Tore. Schade nur, dass wir ganz kurz vor Schluss noch die Ecke fangen mussten”, so das Fazit von FFV-Trainer Kayser. “Für mich war das gefühlt mindestens ein Punkt. Wir sind schon einen großen Schritt nach vorn gekommen”.

Dass ausgerechnet jetzt, wo der Pfeil nach oben zeigt, die Winterpause beginnt, sieht Kayser mit gemischten Gefühlen: “Einerseits bin ich froh, dass jetzt Winterpause ist, andererseits würde ich jetzt gerne den Schwung mitnehmen. Man merkt einfach, dass im Kopf langsam etwas Positives entsteht. Es besteht also Hoffnung auf eine kleine Aufholjagd in der Rückrunde. Ab Februar sind die Zeichen auf Sturm gestellt, in elf Spielen sind noch einige Punkte zu holen”.

Dann wird hoffentlich auch der Mannschaftskader etwas breiter aufgestellt sein. Zum einen kehrt Mittelfeldspielerin Madlen Frank nach ihrer langwierigen Verletzung zurück, zum anderen wird der ein oder andere Neuzugang erwartet.

Lysann Schneider (#2, FFV) setzte einen Freistoß direkt in den Winkel zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. Torhüterin Dominika Wylezek (#1, Cloppenburg) streckt sich vergeblich. Foto: Jan Kaefer
Lysann Schneider (#2, FFV) setzte einen Freistoß direkt in den Winkel zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. Torhüterin Dominika Wylezek (#1, Cloppenburg) streckt sich vergeblich. Foto: Jan Kaefer

Die Statistik zum Spiel

FFV Leipzig vs. BV Cloppenburg 2:3 (1:1)
Fußball, 2. Bundesliga Nord (Frauen), 11. Spieltag

FFV Leipzig: Schumann – Schneider, Pfretzschner (C), J.Förster, Uhlig, Reichenbach, M.Förster, Birne, Ebersbach (69. Mörtlbauer), Breitenbach (36. Strähle), Benedetto. Trainer: Frank Kayser.
BV Cloppenburg: Wylezek – Freese (56. Johanning), Angrick, Dalaf, Kolar, Josten (82. M.Meyer), Winczo, da Silva Costa, Löwenberg, Stobba (C), Wübbenhorst (71. Dimitrova). Trainerin: Tanja Schulte.

Tore: 0:1 Kolar (24.), 1:1 Schneider (41.), 1:2 Kolar (61.), 2:2 Schneider (76.), 2:3 da Silva Costa (90.). Schiedsrichterin: Franziska Wildfeuer (Sereetz). Gelbe Karten: FFV 1x, Cloppenburg 4x. Zuschauer: 47 in der Sportschule “Egidius Braun”, Leipzig-Abtnaundorf.

Der Spieltag im Überblick:
www.fussball.de/spieltag/2-frauen-bundesliga-nord-deutschland-frauen-2bundesliga…

Michelle Förster (#10, FFV) hatte diesmal offensive Aufgaben zu erfüllen. Foto: Jan Kaefer
Michelle Förster (#10, FFV) hatte diesmal offensive Aufgaben zu erfüllen. Foto: Jan Kaefer

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