Mehr als zwei Monate nach der Randale beim Sachsenpokal-Halbfinale Bischofswerdaer FV vs. 1. FC Lok Leipzig hat das Sportgericht sein Urteil gesprochen. Demnach muss Lok wegen des Abbrennens von Pyrotechnik und Fehlverhalten von Zuschauern in seinem Bereich 7.500 Euro Strafe zahlen. Eine Heimblocksperre wurde für die kommenden drei Jahre auf Bewährung ausgesprochen.

Das Sportgericht des SFV versandte das Urteil am Mittwoch an alle Medienvertreter und die Vereine. In der Urteilsbegründung heißt es: „Unmittelbar vor Spielbeginn, in der 52. Spielminute und der 112. Spielminute des o.g. Spiels des Sachsenpokals zündeten Anhänger des 1. FC Lokomotive Leipzig diverse pyrotechnische Erzeugnisse. In der 110. Spielminute begannen die Gästefans den provisorischen doppelreihigen Bauzaun zu demontieren und sich mit den Verstrebungsstangen zu bewaffnen. Nach Spielende begannen die Gästefans mit dem Niederreißen der Bauzäune. Ferner wurden ein im Gästeblock stehender “Braustolz” Bierwagen sowie ein Grillstand stark beschädigt. Die eingesetzten Kräfte wurden mit allen im Gästeblock verfügbaren Gegenständen, Kisten, Flaschen, Senfeimern und Pyrotechnik beworfen.“

Von den drei Richtern war keiner am 26. März in Bischofswerda zugegen, sie berufen sich auf den Bericht des Spielbeobachters und der umfangreichen Stellungnahme des Vereins, die das Gericht als Geständnis wertete.

Laut Paragraph 53 der Spielordnung des SFV trägt der Gastgeber die meisten Pflichten bei der Absicherung von Heimspielen. Der Gastverein ist zur Kooperation aufgefordert. Trotzdem zieht das Sportgericht diesen Paragraphen zur Urteilsbegründung heran. Der Bischofswerdaer FV muss nur 150 Euro bezahlen. GmbH-Geschäftsführer und Sicherheitsbeauftragter Martin Mieth: “Wir werden das Urteil in Ruhe analysieren und dann zusammen mit unserem Rechtsbeistand entscheiden, welche Schritte wir einleiten”.

Da Lok verurteilte wurde, muss der Klub auch die Kosten für das Verfahren tragen: 65 Euro. Beim Halbfinale in Bischofswerda waren trotz mehrmaliger Hinweise der Leipziger an den Sächsischen Fußballverband und den Heimverein keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Schon damals beschwerten sich Vereinsoffizielle, dass im in die Jahre gekommenen Wesenitz-Sportpark gespielt wurde. Im Gästeblock gab es statt eines festen Zaunes nur einen doppelten Bauzaun, der keine Sicherheit bot, Fans mussten über eine 1,50 Meter schmale Brücke in den Gästeblock laufen, dessen steile Tribüne über keine Geländer verfügte.

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Das Urteil im Wortlaut:

“Unmittelbar vor Spielbeginn, in der 52. Spielminute und der 112. Spielminute des o.g. Spiels des Sachsenpokals zündeten Anhänger des 1. FC Lokomotive Leipzig diverse pyrotechnische Erzeugnisse. In der 110. Spielminute begannen die Gästefans den provisorischen doppelreihigen Bauzaun zu demontieren und sich mit den Verstrebungsstangen zu bewaffnen. Nach Spielende begannen die Gästefans mit dem Niederreißen der Bauzäune.

Ferner wurden ein im Gästeblock stehender “Braustolz” Bierwagen sowie ein Grillstand stark beschädigt. Die eingesetzten Kräfte wurden mit allen im Gästeblock verfügbaren Gegenständen, Kisten, Flaschen, Senfeimern und Pyrotechnik beworfen. Diese Feststellungen beruhen auf dem Bericht des Spielbeobachters und der insoweit geständigen Einlassung des Vereins. Durch das festgestellte hat sich der Verein wegen Verletzung der sich aus § 53 Spielordnung ergebenden Pflichten gemäß § 36 Abs. 7 der Rechts- und Verfahrensordnung des SFV schuldig gemacht. Für das Fehlverhalten seiner Anhänger haftet der Verein.

Bei der Strafzumessung hat sich das Gericht von der Schwere der Delikte, der negativen Vorbildwirkung und den massiven Schäden einerseits und andererseits dem Geständnis und den ersten Handlungserfolgen des Vereins leiten lassen. Für die drei pyrotechnischen Vergehen erkennt das Gericht eine Geldstrafe von jeweils 1.800,00 EUR für schuld- und tatangemessen. Für das Niederreißen des Bauzauns und den in diesem Zusammenhang stehenden Beschädigungshandlungen erkennt das Gericht eine Geldstrafe von jeweils 4.000,00 EUR für schuld- und tatangemessen. Strafmildernd wurde die reuige und geständige Einlassung des Vereins gewertet. Insbesondere hat er erste konkrete Präventivmaßnahmen eingeleitet.

Nach nochmaliger Abwägung erkennt das Gericht eine Gesamtgeldstrafe wie austenoriert für angemessen. Darüber hinaus war der Verein mit einer Sperre des Heimblocks beim nächsten Heimspiel zu belegen. Hierbei wird klarstellend darauf hingewiesen, dass als Heimspiele auch solche Spiele zu behandeln sind, die zwar anders angesetzt, aber getauscht wurden. Insofern ist die Geldstrafe nicht mehr geeignet, den Verein an seine Ordnungspflichten zu erinnern. Offensichtlich ist es dem Verein bislang nicht gelungen, alle seine Anhänger an die geltenden Ordnungen zu binden. Von daher bedurfte er einer weiteren Folgenanordnung.

Um den Verein Gelegenheit zur Besserung zu geben, wurde diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Verein hat sich in der Vergangenheit nachweislich bemüht, in Anhängerschaft bestehende Defizite in Bezug auf Sicherheit und Ordnung abzustellen. Der Verein hat erkannt, dass es ohne solche Maßnahmen nicht möglich sein wird, einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Vor diesem Hintergrund war es noch möglich, diese Auflagenstrafe zur Bewährungszeit auszusetzen. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre bestimmt, um auch dem Verein nicht nur kurzfristig an die Aufrechterhaltung seiner Bemühungen zu erinnern. Da der Verein verurteilt wurde, hat er auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.”

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