Am 13. April setzte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) mal eine ihrer üblichen Meldungen in die Welt: „Rundfunkbeitrag kann um 30 Cent auf 17,20 Euro sinken“. Gleich schwappten die Nachrichtensender wieder über mit sinnfreien Statements zu Rauf oder Runter. Völlig jenseits der überfälligen Diskussion, wie die Sendeanstalten endlich moderner und transparenter werden.

Als hätte sich die ganze etablierte politische Szenerie damit abgefunden, dass die öffentlich-rechtlichen Sender große, verschlossene Black Boxes sind, die darüber, wie sie ihr Geld ausgeben und wie sie die gesellschaftliche Wirklichkeit reflektieren, nichts und niemandem rechenschaftspflichtig sind.

Auch die KEF geht auf das Thema nur beiläufig ein, wenn sie über die Pensionslasten der Sendeanstalten von 2,115 Milliarden Euro spricht und die 8,742 Milliarden Euro Personalkosten, die man ganz nonchalant um 206 Millionen Euro gekürzt zugestanden hat.

Macht fürs Senderpersonal also 10,8 Milliarden Euro.

Fürs Programm selbst werden 16,653 Milliarden Euro anerkannt. Und das bei insgesamt 32,986 Milliarden Euro, die man den Sendern zugesteht. Natürlich ist die KEF nicht für Kommunikation und Senderinhalte verantwortlich. Das muss andernorts geklärt werden. Wird es aber nicht.

Und das ist die Krux beim Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland, der sich seit der letzten Rundfunkfinanzreform nicht mehr über eine aufs Gerät berechnete Gebühr finanziert, sondern über eine Rundfunkgebühr für alle Haushalte – ohne Rücksicht auf Nutzerverhalten oder Haushaltseinkommen. Einzige Ausnahme: Sozial schwache Haushalte, die eine komplette Rundfunkbeitragsbefreiung beantragen können.

Gerichte schmettern alle Klagen gegen die Erhebung dieser steuerähnlichen Abgabe stets mit der Begründung der gesellschaftlichen Grundversorgungsfunktion der Sender ab. Ohne zu klären, ob sie diese Aufgabe auch tatsächlich erfüllen.

Und so spielen sich alle politischen Äußerungen zur Erhöhung oder Senkung des Rundfunkbeitrags im sinnfreien Raum ab.

Einige Fehlstellen werden tatsächlich erkannt

Falk Neubert, der medienpolitische Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, sprach am 13. April wenigstens die Frage an, wie gerecht eine solche Abgabe sein kann, wenn sie auf das Einkommen der belasteten Haushalte keine Rücksicht nimmt: „Die Senkung des Rundfunkbeitrages um 30 Cent monatlich – das heißt um einen stolzen Cent pro Tag – wird niemanden nachhaltig finanziell entlasten. Die Freude der Fernseh- und Rundfunknutzer dürfte sich in Grenzen halten. Wichtiger wäre es, den bestehenden Spielraum zu nutzen, um die weiterbestehenden Ungerechtigkeiten des Beitragssystems zu beseitigen, also etwa den Beitragszwang für Zweitwohnungen oder Firmenwagen. Alternativ könnte man das Geld aber auch sicher zurücklegen, um künftige Beitragserhöhungen abzufedern.“

Dirk Panter, medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erwähnte zumindest die nicht ganz undenkbare Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk endlich werbefrei zu machen: „Der stetige Verweis auf weitere Sparmaßnahmen bei den Rundfunkanstalten ist ebenfalls keine Lösung – den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärkt man nicht, indem man die Sender immer weiter auspresst und sich dann beschwert, wenn kein Saft mehr kommt. Zudem berücksichtigt der Vorschlag der KEF nicht einen möglichen Einstieg in einen werbefreien Öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“

Torsten Herbst, Generalsekretär der sächsischen FDP, die seit 2014 nicht mehr im Sächsischen Landtag sitzt, sprach dann freilich noch deutlicher die Frage an, warum da immer von Reformen geredet wird, am Sendeschema der Anstalten aber ein echter Wille, das Programm zu modernisieren, nicht sichtbar wird: „Statt steigende Kosten für das gegenwärtige Rundfunksystem automatisch hinzunehmen, sollte endlich eine Reform von Umfang und Ausrichtung in Angriff genommen werden. Der radikale Umbruch in der Medienlandschaft führt dazu, dass ein Teil der Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit Recht hinterfragt werden. Für die Umsetzung des öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrages braucht es daher eine zeitgemäße Strategie. Dazu gehört auch, Verwaltungsstrukturen, Kosten für den Einkauf von Sport- und Filmrechten, Honorare für Moderatoren oder Pensionsregelungen auf den Prüfstand zu stellen. Solange ARD und ZDF mit jeweils einem eigenen Team vor Ort über das gleiche Sportgroßereignis berichten, sind Einsparpotenziale auch noch nicht ausgeschöpft.“

Quotenkampf hat die Senderinhalte austauschbar gemacht

So weit war die KEF nicht gegangen, hätte sie aber gehen müssen. Denn auf einigen Programmschienen stehen ZDF und ARD in direkter Konkurrenz, innovative Entwicklungen, die sich vom etablierten Unterhaltungsschema absetzen, sind nur noch punktuell in späten Nachtstunden zu erleben, während die so wichtigen Hauptsendezeiten komplett dem Kampf um Quote und damit um ein frustrierend niedriges Anspruchsniveau vorbehalten sind. Unhinterfragt bleibt auch, wen diese Art des Rundfunkmachens überhaupt noch erreicht.

Und weil auch die Sendeanstalten die Diskussion über ihre Inhalte vermeiden, bleibt auch für die Nutzer völlig undurchschaubar, aus welchen Gründen welches Geld für welche Programminhalte ausgegeben wird. Denn die von den Gerichten behauptete gesellschaftliche Relevanz kann sich ja nicht aus Sportübertragungen, Musiksendungen, Krimis, Quiz- und Talkshows ergeben. Die müsste sich eigentlich über eine intensive Beschäftigung mit der Wirklichkeit der Zuschauer und Zuhörer ergeben und durch intensive und vor allem kreative und informative journalistische Arbeit.

Die KEF merkt zumindest beiläufig an, dass die Sendeanstalten für ihre IT-Arbeit eine Menge Geld ausgeben, ohne auch nur ansatzweise die Synergien der über die Republik verstreuten Senderanstalten zu nutzen. Dabei geht sie nicht mal auf das ein, was die Sender im Internet alles so treiben – oder auch nicht treiben.

Aber wie gesagt: Die Frage nach dem Sinn all dieser Aktivitäten muss nicht die KEF stellen – die Gerichte müssten es eigentlich schon, wenn sie so beharrlich die gesellschaftlich unverzichtbare Rolle der öffentlichen Sender behaupten.

Aber auf jeden Fall müssten sich die Politiker in den deutschen Parlamenten mit der Frage beschäftigen, denn sie sind es, die letztlich die Freibriefe verteilen zum Einkassieren von Rundfunkbeiträgen für ein Produkt, bei dem sichtlich die Mischung nicht stimmt. Den Widerspruch erleben ja die Rundfunknutzer bundesweit. Wenn es um Unterhaltung geht, stehen die Öffentlich-Rechtlichen scheinbar unter einem enormen Legitimationsdruck gegenüber den ausgefeilten Formaten der privaten Sender, lassen sich Abend für Abend auf eine wilde Hatz um gehetzte Zuschauer ein – und versuchen nicht einmal, mit all dem verfügbaren Geld neue und wirklich gesellschaftlich relevante Formate zu entwickeln.

Und weil Parlamentarier dafür letztlich verantwortlich sind – bis hin zur Besetzung der Rundfunkräte und damit der in Mitteldeutschland noch immer nicht geklärten Frage nach der politischen Einflussnahme auf den MDR – haben wir die medienpolitischen Sprecher aller im Sächsischen Landtag vertretenen Parteien mit ein paar sehr spitzen, aber deutlichen Fragen behelligt. Wirklich alle.

Als erste geantwortet hat Aline Fiedler, die medienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Ihre Antworten bringen wir gleich an dieser Stelle.

Ob die anderen noch antworten, darauf sind wir selbst gespannt.

 

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Die Gerichte selber können nicht aktiv werden; es müsste eine Klärung durch Volksvertreter erwirkt werden, quasi eine Klage.
Gutes und schlechtes Programm der ÖR hin und her – man tut 365 Tage/a etwas, und bekommt einfach das Geld dafürt hinterhergeworfen, mit ein paar kleinen Steinen im Weg.
Es müsste einfach das Vielfache an Versorgung, welche erheblich über die “Grundversorgung” hinausgeht, bezahlt, der Rest kostenpflichtig verschlüsselt werden.
Dass Haushalte (ob 1 oder 5 Personen) mit geringem Einkommen für teure Sportrechte oder überbezahlte Moderatoren zahlen müssen, ist skandalös.
Ein Selbstbedienungsladen.

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