An der Goethestraße erfreut seit Jahren ein Bauzaun die Öffentlichkeit. Immer wieder mal tauchte mal ein schweres Gerät auf, das hier geparkt wurde. Vor drei Jahren war die Brache sogar noch einsehbar, nachdem Unister hier den alten Plattenbau hatte abreißen lassen. Doch seine Firmenzentrale wird das Leipziger Unternehmen nun doch nicht bauen.

Am Montag, 21. Dezember, teilte das mit seinem Hauptsitz in Leipzig ansässige Unternehmen mit: “Unister verzichtet vorerst auf den Bau einer neuen Firmenzentrale in Leipzig. Das 2.780 Quadratmeter große Areal in der Leipziger Innenstadt wurde jetzt von der Unister Tochter Opernpark-Center GmbH verkauft. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Auch der Käufer bleibt auf eigenen Wunsch bis auf Weiteres ungenannt.”

Dabei sollte es anfangs ganz schnell gehen. Für eine siebenstellige Summe hatte das Unternehmen, das mit einer ganzen Reihe Verkaufsportalen im Internet seine Umsätze generiert, das Gelände in attraktiver City-Lage gekauft. Ab 2010 machte es sogar Druck auf die Stadtpolitik. Die ersten Entwürfe fanden im Leipziger Planungsdezernat keine ungeteilte Zustimmung – sie störten das Stadtbild an dieser Stelle. Die Stadt forderte eine Überarbeitung der architektonischen Entwürfe, das quirlige Unternehmen ging protestierend in die Öffentlichkeit, befand die Aufforderung als inakzeptable Verzögerung des Bauvorhabens.

Am Ende einigte man sich trotzdem auf einen Kompromiss. Unister hätte also losbauen können, um seine spektakuläre Firmenzentrale zu bauen.

Passiert ist nichts.

Bis zu 1.400 Mitarbeiter wollte das Unternehmen an der Ecke Goethestraße / Brühl unterbringen.

“Davon nimmt das Unternehmen nun Abstand”, teilt es am Montag mit.

“Für unser künftiges Wachstum brauchen wir schnelle und wendige Geschäftseinheiten“, sagt Thomas Wagner, Gründer und Geschäftsführer der Unister Holding, die in den letzten Monaten eine ganze Reihe von Umstrukturierungen und Ausgliederungen hinter sich gebracht hat.

Und eigentlich passiert nun, was die ganze Zeit schon erwartet wurde: Unister braucht gar keine derart große Zentrale.

“Das weitere fundierte Wachstum unserer innovativen Geschäftsfelder hat absoluten Vorrang“, sagte Wagner.

Unister befindet sich aktuell nach wie vor in einer Neupositionierung seiner Unternehmensgruppe. “Dazu gehören unter anderem der Ausbau des Geschäftsbereichs Ventures zu einem klassischen Inkubator oder die stärkere Konzentration des operativen Geschäfts auf erfolgreiche Marken etwa in der neu gegründeten Ab in den Urlaub Betriebsgesellschaft. Auch der Prozess der strategischen Partnersuche dauert an”, heißt es aus dem Unternehmen.

Das alles könnte man auch mit dem Begriff Konsolidierung beschreiben, nachdem das einstige Leipziger Start-up jahrelang nur auf Wachstum gesetzt hat und eine permanente Steigerung der Umsätze. Doch selbst im Internet gibt es Grenzen, auch für Vermarkter, die mit Millionen Nutzern auf ihren Websites unterwegs sind.

Die Zeiten freilich, dass Unister dazu 1.500 oder gar 1.800 Mitarbeiter beschäftigte, sind vorbei.

Aktuell beschäftigt das Unternehmen nach eigenen Angaben noch rund 1.350 Mitarbeiter, davon etwa 1.150 in Leipzig. Und Hauptsitz bleibt auch in nächster Zeit der alte: die Häuser im Barfußgässchen 11 und 12 in Leipzig. Die Tochter Unister Travel hat ihren Sitz in der angrenzenden Immobilie am Dittrichring 18-20. Auch die Mehrheit der Service Center mit ihren mehr als 400 Mitarbeitern sitzt zentral in der Leipziger Innenstadt.

Und wenn man wieder einmal umbauen und umgruppieren muss, ist das mit größeren oder kleineren Mieteinheiten nun einmal leichter zu bewerkstelligen als mit einer in Stein gebauten Firmenzentrale.

Die Opernpark-Center GmbH wurde übrigens schon 2007 gegründet. Gegenstand des Unternehmens laut Handelsregister: “Entwicklung und Vermarktung der Immobilie Leipzig, Brühl 76-78 (Opernpark-Center) sowie die Verwaltung des eigenen Vermögens”. Die Opernpark-Center GmbH (Geschäftsführer: Johann Wagnermeyer) hatte übrigens auch vor fünf Jahren die Planungen für das Unister-Gebäude an der Goethestraße gesteuert.

Und da es jetzt ja kein neuer Firmensitz werden soll an der Goethestraße, ist eigentlich alles wieder offen für eine neue, stadtbildprägende Architektur an dieser Stelle. Da kann man gespannt sein, wer das Gelände gekauft hat und demnächst neue schöne Pläne präsentiert. Zum Beispiel für ein Hotel. Als Name würde sich ja anbieten: “Hotel am Opernpark”.

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Keine Kommentare bisher

Wenn diese Fläche als Spekulationsobjekt gedacht war, dann war das ein Bombengeschäft. Hier hatten einige Personen ein goldenes Händchen.

War das der Fall, was nicht abwegig ist, dann stellen sich Fragen. Unangenehme Fragen! Wer war an diesen Spekulationen (u.a. finanziell) beteiligt?

Nun sollte man nicht gleich hinter jeden Baum einen Hund sehen, aber scheint hier nicht etwas gewaltig zu stinken?

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