Wahrscheinlich sollten sich die ostdeutschen Bundesländer in nächster Zeit einfach mal zusammentun und den Bayern eine gepfefferte Rechnung schicken. Erst mal über den schönen Betrag von 25 Millionen Euro. Denn so viel kostet die schlichte Tatsache, dass im heißen Sommer 2015 die großen Gleichstromtrassen in den deutschen Süden noch immer nicht existieren.

Seit Jahren mauert ja bekanntlich vor allem die bayerische Regierung, tut so, als könne man sich all die Konflikte mit der Umsetzung der Energiewende in Deutschland vom Hals halten, indem man sich einfach verweigert und nichts tut und die ganzen Bürgerinitiativen vor sich hinschmoren lässt, die sich gegen Stromtrassen vor ihrer Haustür verwahren. Das ist ihr gutes Recht. Trotzdem sind Regierungen in der Pflicht, Lösungen zu suchen, Kompromisse anzubieten und mit den Bürgern gemeinsam den besten Weg zu suchen.

Aber all das ist in den letzten Jahren nicht geschehen. Stattdessen hat sich die bayerische Landesregierung die Haltung “Ohne uns” selbst zugelegt und damit den wichtigen Bau der notwendigen Stromtrassen in den Süden über Jahre blockiert.

Welche Folgen das hat, darauf machte am Wochenende der Stromnetzbetreiber  50Hertz aufmerksam. Denn der sonnenreiche und heiße Sommer 2015 wäre ein Idealfall gewesen zu zeigen, welches Potenzial jetzt schon in der Energiewende steckt. Im Osten wurde so viel Sonnenstrom produziert, dass Bayern problemlos seine sämtlichen Atomkraftwerke hätte herunterfahren können.

Dumm nur, dass dieser Strom nicht in den Süden transportiert werden konnte, weil die Stromtrassen fehlen. Im Osten wird so viel Strom gar nicht gebraucht. Im Gegenteil – 50Hertz musste die hiesigen Kraftwerksbetreiber dazu überreden, ihrerseits die Kessel zu drosseln und die Stromproduktion massiv zu senken. Zwar konnte ein Teil der Strommenge nach Südosteuropa verkauft werden. Aber – und das sagte Dirk Biermann, Geschäftsführer für den Systembetrieb des großen Netzbetreibers 50Hertz, nicht extra für die am Wochenende veröffentlichte Pressemeldung: Man hat damit kein Geld verdient.

Und die Kraftwerksbetreiber im Osten lassen sich natürlich auch nicht einfach so befehlen, dass sie bitteschön die Produktion runterfahren sollen. Sie müssen für solche Netzeingriffe bezahlt werden. Und das kostet allein die 50Hertz – so Biermann – 2,5 Millionen Euro für jeden Sonnentag. Und da die Produktion von Sonnen- und Windstrom in Deutschland jedes Jahr steigt, die Infrastrukturen aber noch auf Jahre nicht fertig sind, muss immer öfter in den Netzbetrieb eingegriffen werden. Auf 500 Millionen Euro schätzt Biermann die Kosten schon jetzt deutschlandweit aufs Jahr gerechnet. Und diese Kosten trägt am Ende der Stromkunde. Ãœber die Netzentgelte bekommt er die Rechnung dafür, dass wesentliche Teile der Energiewende bis heute nicht umgesetzt sind. Das bayerische Gemähre hat am Ende allein mindestens fünf Jahre beim Ausbau der Stromtrassen gekostet. Es gäbe zwar jetzt endlich eine Einigung, nachdem Bundesenergieminister Sigmar Gabriel mehrfach mit Vorschlägen bei den eigenbrödelnden Bayern abgeprallt war, freut sich Biermann. Aber bis die Leitungen in Betrieb gehen können, werden noch ein paar Jahre vergehen.

Was freilich noch komplett fehlt, weil die Bundesregierung bei diesem Thema noch gar keinen Druck macht, das sind die Speicher, die in Zeiten hoher Stromproduktion aus Sonne und Wind die überschüssigen Mengen aufnehmen könnten. Die Netzbetreiber haben gelernt, die Netze immer sensibler auszusteuern – auch in Zeiten hoher Stromproduktion. Aber wenn reihenweise Anlagen vom Netz genommen werden müssen, weil niemand mehr weiß, wohin mit den Strommengen, dann klingt das schon wie Narretei. Aber es beschreibt nur einen hingemurksten Zustand eines gigantischen Projekts, das mal aus einem Guss gedacht war, in den vergangenen zehn Jahren aber durch immer neue Eingriffe fragmentiert und zum Flickwerk gemacht wurde.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 2 Kommentare

Erfreulich, dass man schon jetzt so viel Solarstrom erzeugen kann, dass man AKWs runterfahren muss. 🙂

Ich möchte ergänzen, dass Speicherung elektrischer Energie ingenieurmäßig ein Riesen-, ja ein Monsterproblem ist. Man müsste auch so etwas wie einen Drei-Schluchten-Staudamm mitten in Deutschland errichten. Deswegen hat es absolut Sinn, die Kraftwerke intelligent zu steuern, und man muss auf die Sonnenenergie “verzichten”, die man nicht sofort verbrauchen kann.

Die Brüder und Schwestern werden jeden Euro, den sie uns großherzig “geborgt” haben, vielfach zurück fordern.
Ganz leise, versteckt, kaum sichtbar – aber in der Summe erdrückend.

Schreiben Sie einen Kommentar