Am Donnerstag, 9. März, hatte die Deutsche Bahn AG zur Pressekonferenz eingeladen in ihre Räume an der Richard-Wagner-Straße, gleich vis-à-vis vom Hauptbahnhof. Man hat das Schmuckstück von hier aus immer im Blick. Und regelmäßig erzählt man hier auch, wie es weitergeht mit den Investitionen in Mitteldeutschland. Das war am Donnerstag wieder dran. Da ging es um den sächsischen Teil.

Denn das Gebiet, das Eckart Fricke, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn AG für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, und Lutz Winkler, Leiter Produktion der DB Netz AG Südost, beackern, umfasst tatsächlich den ganzen mitteldeutschen Raum. Und wer mit den ganzen Bauvorhaben der Bahn vertraut ist, der weiß, dass man so ein Infrastrukturunternehmen nicht in der Kleinteiligkeit von Bundesländern denken kann. Zumindest nicht dieser drei winzigen Bundesländer, die ihre Zipfelmützenpartys feiern, während es eigentlich um ein funktionierendes Schienennetz für die gesamte Wirtschaftsregion geht.

Man plant keine Güterverkehrsstrecken, die irgendwelche Städte in Sachsen verbinden. Im Gegenteil. Die Sachsen-Franken-Magistrale ist genauso ein überregionales Projekt wie die Ausbaustrecke Berlin-Dresden oder die Ausbaustrecke von Knappenrode nach Horka, die eben nicht nur Sachsen mit Tschechien verbindet, sondern gleichzeitig Teil des paneuropäischen Schienenkorridors C-E 30 ist. Denn erst so machen die großen Gütertransporte Sinn.

Da wirkt es wieder wie ein provinzieller Seitenruf, wenn sich Holger Zastrow, Landesvorsitzender der FDP Sachsen, mit Kritik zu Wort meldet, dass die Bahn zwei wichtige Elektrifizierungsstrecken noch nicht auf dem Plan hat.

„So erfreulich die bessere Anbindung Leipzigs nach München und Süddeutschland ist, umso ärgerlicher ist der Stillstand bei den wichtigen Elektrifizierungsvorhaben der Strecken Chemnitz-Leipzig und Dresden-Görlitz. Für beide Schlüsselvorhaben gibt es bisher keine Klarheit, die Positionierung im Bundesverkehrswegeplan ist absolut unbefriedigend“, polterte er aus Dresden. Und hatte auch gleich seinen Schuldigen ausgemacht: „Es reicht nicht aus, wenn die Sächsische Staatsregierung und SPD-Verkehrsminister Martin Dulig immer nur mit dem Zeigefinger nach Berlin zeigen. Diese beiden strategischen Verkehrsprojekte müssen mit mehr Nachdruck durch die Landesregierung vorangetrieben werden. Es ist völlig unbefriedigend, dass Chemnitz und Südwestsachsen bis heute keine belastbare Perspektive für eine schnelle Fernverkehrsanbindung haben. Geradezu peinlich ist es, dass auf der Ost-Westachse zwischen Dresden und der polnischen Landesgrenze unser Nachbarland die Elektrifizierung bis zur Grenze hinbekommen hat, auf deutscher Seite trotz eines Staatsvertrags mit Polen aus dem Jahr 2003 bis heute jedoch nichts passiert ist.“

Nur kann Martin Dulig derzeit gar nichts machen. Die Elektrifizierung der Strecke Leipzig – Chemnitz ist für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Doch sie steht noch nicht im vorrangigen Bedarf. Der Grund ist – so bestätigt es auch Eckart Fricke – die fehlende Bewertung durch das Bundesverkehrsministerium. Das muss durch Fachleute die Kosten und den Verkehrsnutzen ermitteln lassen. Solange das nicht passiert ist, kann die Strecke nicht in den vorrangigen Bedarf aufsteigen. Und die Bahn kann daran nichts drehen.

„So weit wir das in Dresden können, werden wir dieses Anliegen auch wohlwollend unterstützen“, sagt Fricke.

Erst mit Aufnahme in den vordringlichen Bedarf kann die Investitionsgröße beziffert werden. Fricke: „Was noch nicht heißt, dass das Geld dann auch da ist.“

Dasselbe gilt auch für die Strecke Dresden – Görlitz.

Oft wird die Elektrifizierung der Strecke Leipzig – Chemnitz ja auch mit einer möglichen ICE-Anbindung in Verbindung gebracht. Auch dazu nahm Fricke am Donnerstag Stellung. Denn geplant ist derlei bei der Bahn schon deshalb nicht, weil es in Chemnitz keine Abstellmöglichkeit für ICE-Züge gibt.

Deswegen wäre eher überlegenswert, so Fricke, schon existierende ICE-Verbindungen über Chemnitz zu verlängern. Überlegenswert sei zum Beispiel die ICE-Strecke von Rostock nach Berlin, die 2018 bis nach Dresden verläuft und ab 2021/22 denkbar wird in einer Fortführung über Chemnitz weiter nach München.

Was dann immer noch viel früher wäre als eine mögliche Elektrifizierung der Strecke Leipzig – Chemnitz. Denn wenn die jetzt noch nicht im vordringlichen Bedarf steht, wird es unsicher, ob vor 2030 überhaupt die nötigen Gelder im Bundeshaushalt dafür bereitstehen.

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