Was machen sie für Verrenkungen im Leipziger Neeseenland, um nur irgendwie den Tourismus hineinzubekommen, geben Tausende Euro für Masterpläne und Gutachten aus. Bekommen sogar aus den Bürgerworkshops zur "Charta Neuseenland" mit, dass bessere ÖPNV-Verbindungen ins Neuseenland dringend gewünscht sind. Aber wenn es konkret wird, kneifen Kommunalverwaltungen und Ratsversammlungen.

So in Markkleeberg 2013, als der dortige Stadtrat einen Vorschlag der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) ablehnte, die Straßenbahn Linie 11 bis zum Markkleeberger See zu verlängern. Und sie werden auch diesmal kneifen, wenn es um den Vorschlag des Ökolöwen geht, die Linie 9 zum Cospudener See zu führen. Das steht zu befürchten. Zu viele Verantwortlichkeiten überschneiden sich. Und genau da, wo das Projekt Neuseenland wirklich Kooperation braucht, gibt es keine. Selbst wenn der Vorschlag geradezu auf der Hand liegt.

Denn nun wird wieder heftig über die Einstellung der Linie 9 nach Markkleeberg-West diskutiert. Die Markkleeberger sind auf die S-Bahn umgestiegen und der Haken, den die Tram durch Markkleeberg schlägt, ist nicht mehr zeitgemäß.

Noch in diesem Jahr, so hört man läuten, soll die Linie eingestellt werden.

Der Anlass dafür ist angeblich die veränderte Fahrgastnachfrage durch die neue S-Bahn, kommentiert das der Ökolöwe Leipzig. Im Bereich Markkleeberg verlaufen beide Bahnlinien zurzeit direkt nebeneinander, was zu Fahrgastverlusten von rund 25 Prozent auf der Linie 9 geführt haben soll.

“Es ist völlig unverantwortlich, ohne ernsthafte Prüfung von Alternativen, über eine Einkürzung der Linie 9 zu fabulieren. Die Region kann nur nachhaltig wachsen, wenn der Nahverkehr ausgebaut wird, statt Straßenbahnen stillzulegen”, sagt Tino Supplies, verkehrspolitischer Sprecher des Ökolöwen. “Eine Umstellung auf den Bus wird erfahrungsgemäß einen zusätzlichen Fahrgastverlust von 40 Prozent bringen. Es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis auch das Busangebot mit derselben Argumentation zur Disposition gestellt wird.”

Der Ökolöwe rät nun dringend dazu, den Zwang zur Veränderung offensiv anzugehen und eine Neutrassierung der Linie 9 bis zum Cospudener See zu prüfen. So wäre ganz Leipzig mit der Naherholungslandschaft südliches Neuseenland direkt verbunden. Statt in Konkurrenz zur S-Bahn zu treten, würde die Straßenbahn so eine große zusätzliche Nachfrage bedienen. Es müssen keine Doppelstrukturen mehr unterhalten werden. Und das Neuseenland würde tatsächlich mit dem ÖPNV verbunden, was die derzeitigen Buslinien nicht im Ansatz schaffen.

“Wir erwarten, dass die verantwortlichen Personen strategisch nach vorn denken und nicht auf einen phantasielosen und zudem unwirtschaftlichen Busersatz zurückfallen. Es gibt zwischen dem Cospudener See, Markkleeberg und Leipzig ein enormes Fahrgastpotential für die Straßenbahn”, sagt Supplies.

So kann die neue Linienführung zum Cospudener See nach Vorschlag des Ökolöwen aussehen. Foto: Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V.
Foto: Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V.

Ausgehend von der Südvorstadt und dem Connewitzer Kreuz bleibt mit dem Ökolöwen-Vorschlag die Streckenführung mit einer Haltestelle am Wildpark bis zum Forsthaus Raschwitz im Bestand erhalten. Ab dort soll die neue Linie 9 auf direktem Weg entlang der Koburger Straße bis zum Pier 1 am Cospudener See verlaufen. Die Fahrzeit ab Connewitzer Kreuz zum See würde nur 15 Minuten betragen. Mit der neuen Linienführung würden zudem die wachsenden Wohngebiete in Markkleeberg-West an das Leipziger Straßenbahnsystem angeschlossen.

Der Landkreis prognostiziert außerdem gerade für den Leipziger Vorort Markkleeberg bis zum Jahr 2020 einen Bevölkerungszuwachs von bis zu 12 Prozent. Auch für Leipzig sind erst kürzlich neue Wachstumsrekorde bekannt geworden.

Und der doppelte Effekt: Der Nordstrand des Cospudener Sees wird zukünftig ebenso von der neuen Straßenbahn angesteuert, wie sämtliche Schulstandorte in Markkleeberg-West. Denn eine Haltestelle an der Lauerschen Straße drängt sich ja geradezu auf. Von dort sind es fünf Minuten zu Fuß zum Nordstrand.

Auch das Zentrum Markkleebergs bleibe weiterhin von den Haltestellen zu Fuß gut zu erreichen, betont der Ökolöwe. Die neue Endhaltestelle läge unmittelbar am Zöbigker Hafen. Von hier aus seien die Badestrände am Cospudener See sowie die Naherholungsangebote für die jährlich mehr als 600.000 Besucher nur wenige Meter entfernt. Und es stellt sich durchaus die Frage, ob Markkleeberg mit so einer Straßenbahnverbindung nicht sogar den enormen Parkdruck in den Sommermonaten deutlich mindern könnte. Denn wer muss dann noch mit dem Auto zum Pier 1 fahren, wenn die Straßenbahn dort hält?

Am Hafen könne sogar eine Fährverbindung zum Erlebnispark Belantis eingerichtet werden, die mit den Fahrzeiten der Straßenbahn vertaktet sei, meint der Ökolöwe. Es ist schon erstaunlich, auf welche sinnfälligen Lösungen man kommt, wenn man wirklich einmal über vernetzte ÖPNV-Angebote nachdenkt, ein Thema, bei dem die Kommunen und der MDV im Gebiet immer wieder scheitern an den eigenen Denkhorizonten.

Gegenüber der heutigen Strecke auf Markkleeberger Flur sei die neue Linie 9 nur rund ein Drittel länger (3,4 km statt 2,1 km), erschließe aber ein völlig neues Gebiet mit erheblichen Fahrgastpotenzialen, so der Ökolöwe. Insgesamt könne sogar davon ausgegangen werden, dass der Betrieb kaum aufwendiger wäre als heute, auch weil die neue Linienführung die Optimierung des Busnetzes möglich mache.

Das neue Angebot erschließt für die Einwohner beider Gemeinden gänzlich neue Ziele sowohl im Berufs- als auch im Freizeitverkehr. Schon heute gehört die Verflechtung zwischen beiden Städten mit über 7.000 Ein- und Auspendlern zu den intensivsten der Region, resümiert der Umweltbund. Womit man bei dem nicht ganz unwichtigen Thema der Anbindung von Markkleeberg-West in Sachen Schul- und Berufsverkehr wäre. Selbst für die West-Markkleeberger ist es eher eine Zumutung, erst durch die ganze Stadt zum S-Bahnhof zu müssen, um eine Schienenverbindung nach Leipzig zu bekommen.

Die neue Linie 9 trage deshalb auch dazu bei, die Belastung durch den Autoverkehr zu senken, so der Ökolöwe. Die Kfz-Verkehrsbelegung auf der Koburger-, der Wolfgang-Heinze- und der Karl-Liebknecht-Straße würde abnehmen. Damit einher ginge eine Verringerung des Verkehrslärms und die Verbesserung der Luftqualität. Die Staugefahr in den Verkehrsspitzen werde verringert. Die Investition sei sowohl auf ökologischer, als auch auf sozialer und ökonomischer Ebene vorteilhaft und daher im besonderen Maße nachhaltig.

Der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. empfiehlt deshalb die Verlängerung der Linie 9 bis zum Cospudener See zu prüfen, die Trasse planerisch freizuhalten und in die Nahverkehrs- und Flächennutzungspläne aufzunehmen. Sowohl die Leipziger als auch Markkleeberger Bürger müssten intensiv beteiligt werden. Das Abklemmen der südlichen Bereiche von Connewitz, des Wildparks und großen Teilen Markkleebergs vom Leipziger Straßenbahnnetz sei einfach nicht akzeptabel. Die Stilllegung der Bestandsstrecke dürfe daher erst erfolgen, wenn die Neutrassierung der Linie 9 zum Cospudener See abgeschlossen sei.

Und dann gibt es ja noch den stillen großen Bruder in Dresden, die Staatsregierung, die der Ökolöwe schon mal dazu auffordert, dieses wichtige Infrastruktur-Projekt finanziell zu unterstützen.

 

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Es gibt 3 Kommentare

Ich finde die Idee grundsätzlich auch toll, frage mich aber, ob im Umkehrschluss der Badebetrieb kostenpflichtig wird, um die Investitionskosten zu refinanzieren!?

Ich finde die Idee prima.

Mein Fenster ist 2,5m von der Straße entfernt, wenn die Bimmel vorbeidüst ist es laut, aber ein Bus ist genauso laut, der Idiot mit seinem leergeräumten Auspuff am Quad ist noch lauter. Wenn ich gewissen Komfort wünsche oder brauche, muss ich mit gewissen Einschränkungen andererseits leben. Und ich denke mal, dass die Bimmel umweltfreundlicher ist als ein Bus. Meine Meinung.

Und will der Ökolöwe die Neutrassierung dann auch bezahlen?

Und diesen Unfug von wegen Verrminderung des Verkehrslärms, kann ich nicht mehr hören! Ich wohne in der Karl-Liebknecht-Straße und kein Individualverkehr ist lauter als die Straßenbahn! Wer’s nicht glaubt kann ja gerne mal versuchen zu telefonieren, wenn eine Bahn vorüber fährt.

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