So wird das nie etwas. Die Umwelt- und Verkehrspolitik der sächsischen Staatsregierung hat nicht Hand und nicht Fuß, nichts passt zusammen. Und was getan wird, wird nur halb getan. Das betrifft auch das Thema Jobticket für die sächsischen Staatsbediensteten. Das sind immerhin 102.256. Da könnte man schon echte Pionierpolitik machen. Aber dazu fehlt der sächsischen Regierung einfach der Mumm, stellt die Grünen-Abgeordnete Eva Jähnigen nun fest.

Nur 5.507 der insgesamt 102.256 Landesbediensteten des Freistaats besitzen aktuell ein Jobticket (Stand Dezember 2014). Das sind lediglich 5,38 Prozent. So geht es aus der Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Eva Jähnigen (Bündnis 90/Die Grünen) hervor.

Wobei man die 5,38 Prozent ein bisschen differenzieren muss. Denn wirklich vom Land besoldete Angestellte gab es Ende 2014 nur 85.543. Die Zahlen sind aber aufgebläht. Darauf weist Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) extra hin, wenn er vor allem die vielen “Zahlfälle” im Hochschulbereich nennt, wo tausende Jobs vor allem von Studierenden übernommen werden. Die zählen dann alle mit beim Hochschulpersonal, obwohl es sich hier nur um stundenweise Ersatzbeschäftigung handelt. Auch so kann man Zahlen aufblähen. Und weil es Studierende sind, kommen sie mit dem Studententicket sogar besser weg, brauchen gar kein extra Jobticket.

Also muss man die 5.507 Jobticket-Inhaber auf die 85.543 tatsächlichen Voll-Bediensteten rechnen und kommt dann auf 6,4 Prozent.

Das sind immer noch sehr wenige. Aber es sind schon deutlich mehr als 2012. Da waren es nur 4.312. Denn Fakt ist: Wenn so ein Jobticket angeboten wird, dann findet es auch großen Zuspruch. Das Problem aber ist: Es wird nicht überall in Sachsen angeboten. Ein Unding eigentlich für eine Landesregierung, so ein landesweites Angebot binnen fünf Jahren nicht auszuhandeln. Und es gelten nicht überall die gleichen Vergünstigungen. Ebenfalls ein Unding, wie Eva Jähnigen findet.

“Bei den Konditionen des Jobtickets in den fünf Verkehrsverbünden herrscht derzeit ein Drei-Klassen-System”, beklagt Jähnigen, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. “Aktuell erhalten nur die Beschäftigten, die innerhalb des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) leben oder im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) arbeiten, das günstigste Jobticket für 80 Prozent der Kosten. Alle anderen in West- und Ostsachsen sowie dem Leipziger Raum müssen 90 Prozent der Kosten bezahlen. Die aus dem Vogtland (Verkehrsverbund VV) haben bis heute keine Option auf ein Jobticket.”

Die Dresdner Ministerialbürokratie denkt also in Sachen Jobticket eher auf der Königsebene. Obwohl das Jobticket gerade in Dresden zeigt, dass es auch von anderen Landesbediensteten gern genutzt wird, die nicht zur Ministerialbürokratie gehören. Das sind Lehrer, Professoren, Richter, Staatsanwälte, aber auch Polizisten und Angestellte in staatlichen Unternehmen und Kultureinrichtungen.

Allein in Dresden (im Verkehrsverbund Oberelbe) stieg die Zahl der Jobticket-Inhaber von 3.600 auf 4.563.

“Immer wieder erreichen mich wegen dieser Ungleichbehandlung Beschwerden von Beschäftigten. Das Interesse am Jobticket ist längst noch nicht ausgeschöpft”, kommentiert Jähnigen diese Entwicklung und verweist auf die geringe Inanspruchnahme außerhalb der VVO-Region. “Im VVO fahren 4.563 Landesbedienstete mit dem Jobticket zur Arbeit – und in allen anderen Regionen zusammen nur 764? Das kann nicht allein mit der Landeshauptstadt als Arbeitsort erklärt werden. Lehrkräfte und Polizeibedienstete gibt es landesweit und die Mehrheit der Mitarbeiter der Landesdirektion arbeitet an den Standorten Chemnitz und Leipzig.”

Für sie liegt das Problem in den unterschiedlichen Konditionen. So nutzten im Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) Ende Dezember 2014 nur 576 Landesbedienstete ein Jobticket, im Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) nur 174 und im Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz (ZVON) sogar lediglich 14.

“Der Freistaat hat als großer Arbeitgeber eine gute Verhandlungsposition. Er sollte daher schleunigst mit den Zweckverbänden über einheitliche Rahmenverträge für ein Jobticket für 80 Prozent der Kosten für alle Mitarbeiter des Freistaates verhandeln. So werden Chancen für den Klimaschutz und eine Verkehrsentlastung gleichermaßen genutzt. Dass das geht, haben die Studentenräte bei der Einführung des sachsenweiten Semestertickets erfolgreich vorgemacht”, benennt Jähnigen die Verhandlungsmöglichkeiten des Landes. “Die im SMWA geplante Evaluation des Jobtickets begrüße ich. Doch die Ungerechtigkeiten des derzeitigen Angebots sollte die Regierung schnell beseitigen. Am Geld dürfte die Ausweitung der Angebote nicht scheitern: von den im Haushalt 2014 eingestellten Mitteln für das Jobticket im Umfang von 383.000 Euro wurden nur 168.000 Euro abgerufen. Daher halte ich auch keine Änderung des Doppelhaushaltes für ein erweitertes Jobticketangebot für notwendig.”

Dass es so krasse Unterschiede zwischen dem Verkehrsverbund Oberelbe und den anderen Regionen gibt, liegt augenscheinlich wirklich daran, dass der Freistaat in Dresden 20 Prozent der Abo-Kosten übernimmt, in allen anderen Regionen aber nur 10 Prozent.

Was dann wohl auch erklärt, warum die geplanten 383.000 Euro nicht mal zur Hälfte abgerufen wurden. Obwohl der Bedarf da ist. Selbst die Existenz eines leicht subventionierten Jobtickets wie in Leipzig (Gebiet des MDV) ließ die Nutzerzahlen von 415 auf 567 steigen.

Nachdem 2014 dann aber nicht mal die Hälfte der eingestellten Summe abgerufen wurde, hat die Landesregierung die Fördersumme fürs Jobticket 2015 auf 242.400 Euro abgesenkt, macht also eindeutig einen Rückzieher bei ihrem selbst angepriesenen Beitrag zur Luftreinhaltung in den Städten.

Martin Dulig: “Auch attraktive Angebote für Jobtickets für Landesbedienstete können einen Beitrag zur Verbesserung der lufthygienischen Situation in Ballungsräumen mit hoher Luftschadstoffbelastung leisten.” In Dresden scheint das der Fall zu sein. In Leipzig – das nun tatsächlich mit dauerhaften Problemen bei den Feinstaubgrenzwerten zu tun hat, knausert die Landesregierung aber. Seit 2010, seit das Finanzministerium die Rahmenverträge mit den Verkehrsverbünden schließt (in Leipzig also mit dem MDV), hätte man längst nachsteuern können, gerade weil man die Dresdner Zahlen ja vor Augen hat.

Doch augenscheinlich hat das auch die neue sächsische Regierung nicht vor. Von 242.400 Euro will man den bereitgestellten Arbeitgeberanteil 2016 nur auf 248.400 Euro steigern.

Das ist Wirklichkeitsverweigerung. Mit wenigen Mitteln könnte man hier große Effekte im regionalen Klimaschutz erzielen. Aber genau da kneift nun auch die neue Landesregierung.

Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Jähnigen (GRÜNE): ‘Sinkende Finanzmittel für Jobtickets und aktuelle Bevorzugung von Dresdner Landesbediensteten und Beschäftigten des SMWA gegenüber allen anderen Landesbediensteten’ (Drs. 6/942).

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Keine Kommentare bisher

Ein Land hat die Regierung die es verdient hat.
Und da wir dummen Sachsen es uns offensichtlich mehrheitlich zu einfach machen und fleißig die verlogene CDU wählen, brauch wir und nicht wundern.
Nun, mehrheitlich wundert sich ja schon gar niemand mehr.
Friede, Freude, Eierkuchen bis zum Horizont.

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