Eines scheint jetzt schon sicher: Die Million wird geknackt. Das Stadtradeln, das noch vor wenigen Jahren ein Treff der fahrradverrücktesten Kommunen gewesen ist, hat sich zu einer bundesweiten Werbeveranstaltung für das Radfahren entwickelt. Und in Leipzig mehrt sich nicht nur die Zahl der gemeldeten Teams. Die Sache wird wirklich zur Massenbewegung.

Viel Summs muss man ja nicht machen für die Aktion. Es müssen keine T-Shirts gedruckt werden (dürfen aber) und keine Straßen abgesperrt werden (außer am 19. Juni). Es wird geradelt, wie Jeder lustig ist und wieviel Jeder schafft. Auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule oder ins Büro. Denn nur so lernen die Beteiligten, wie das ist, mit dem Rad im Verkehr unterwegs zu sein. Und von Anfang an zielte die Aktion auch und gerade auf Politiker und Verwaltungen: Wenn die Menschen in dieser Welt begriffen haben, wie Radfahren funktioniert und welche Bedingungen eine Stadt dafür braucht, dann ändert sich auch Verkehrspolitik. Und sie muss sich ändern. Gerade in den Ballungszentren, die allesamt stöhnen – nicht mal so sehr unter Staus. Aber unter geparktem Blech. Die Straßen werden zu Dauerparkplätzen.

Und selbst die Radwege werden – wie jeder Leipziger weiß – nicht verschont. Sie werden zugeparkt oder zugestellt. Und wenn man Alternativrouten sucht, merkt man ziemlich schnell, wieviele Straßen sich überhaupt nicht fürs Radfahren eignen und wie desolat viele Wege sind.

Es ist auch das jährliche Stadtradeln, an dem Leipzig teilnimmt, das die Sicht auf Verkehrspolitik in Leipzig deutlich geändert hat. Seit knapp drei Jahren spielen Investitionen im Radverkehr eine größere Rolle.Auch wenn sie hinten und vorne nicht reichen und oft genug Schönwetterrouten produzieren in hübschen Randlagen, innerstädtische Gefahrenschwerpunkte aber immer noch einer Lösung harren – wie das leidige Dauerthema Promenadenring.

Also wird weitergeradelt.

Auch 2015 nimmt Leipzig wieder am Stadtradeln teil – vom 19. Juni bis 9. Juli. Die Federführung hat wieder der Ökolöwe.

Und wo der Ökolöwe noch vor ein paar Tagen melden konnte, es hätten sich schon 100 Teams angemeldet, sind es per 18. Mai schon 168. Und zwar viele Mannschaften, die auch den Rathausetagen zu denken geben sollten – sehr viele Wissenschaftlerteams aus allen möglichen Forschungseinrichtungen, viele Mannschaften aus Leipziger Unternehmen (wobei eindeutig ein BMW- und ein Porsche-Team noch immer fehlen: meldet euch an!), aber auch viele Mannschaften aus Behörden, auch der Leipziger Stadtverwaltung. Keine Arbeitsstelle liegt ja radtechnisch so günstig gelegen wie das Neue Rathaus.

Und in den Vorjahren hat diese bunte Mischung schon immer gezeigt, dass man durchaus viel radeln kann und auch radelt in Leipzig. Immer ging es um einen Platz auf dem Siegertreppchen. Auch 2014 reicht es zu Platz 3 hinter der “Metropole Ruhr” und Dresden. Alle drei Teilnehmer mit über 900.000 Kilometern auf der Achse. Darum geht es auch. Nicht nur ums CO2-Einsparen (darum auch, ja), aber vor allem um den sichtbaren Beweis, dass ein Großteil der Wege in einer Stadt problemlos mit dem Rad zurückgelegt werden können.

In diesem Jahr geht es noch viel stärker als in den Vorjahren um Sonderkategorien, die zeigen, wer überzeugt werden soll und muss: Ämter, Verwaltungen und Schulen. Die können sich allesamt Sonderpreise erradeln. Und das wäre mal ein Hingucker, wenn Leipzigs Verwaltung mal zeigt, ob man radmäßig tickt und es mit Heidelberg, Potsdam und Dresden aufnimmt.

Unterstützung bekommt Leipzig auch, denn man findet in der Liste auch ein Team “Markkleeberg radelt für Leipzig”. Aber auch für die etwas Älteren gibt es eine Mannschaft: Die eBiker sind mit am Start.

Die Chancen, auch als Team mit abzuräumen, haben freilich eher große Teams – solche wie das des Ökolöwen, der schon über 40 Starter in der Liste hat. Man kann sich aussuchen, wo man mitmachen möchte.

Zum siebten Mal nimmt Leipzig in diesem Jahr am bundesweiten Wettbewerb des Klima-Bündnisses für eine fahrradfreundliche und klimagerechte Stadt teil.

“Alle Leipzigerinnen und Leipziger sind aufgerufen, über drei Wochen hinweg ihre täglichen Wege mit dem Fahrrad zu erledigen und dabei möglichst viele Kilometer für ihr eigenes Team und ihre Stadt zu sammeln. Damit leisten sie einen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz”, ermuntert Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal die Mannen. Die aktivsten Teams haben auch in diesem Jahr wieder die Chance auf ein Preisgeld von 500 Euro.

Über 920.000 Kilometer haben die Leipziger im letzten Jahr erradelt. Damit belegte die Stadt unter 280 teilnehmenden Kommunen knapp hinter Dresden den zweiten Platz, die Ruhrmetropole mitgerechnet den dritten. “Wir hoffen, dass wir diese Erfolgsgeschichte fortsetzen können und in diesem Jahr noch mehr Menschen für das Stadtradeln begeistern. Deshalb lautet unser Ziel: 1.000.000 Kilometer für Leipzig”, meint Nico Singer, Geschäftsführer des Ökolöwen.

Den Auftakt des diesjährigen Stadtradelns bildet, wie schon 2014, die Leipziger Radnacht am 19. Juni. Treffpunkt ist um 20 Uhr auf dem Richard-Wagner-Platz vor der “Blechbüchse”. Vom Wagnerplatz wird in einer Schleife über die B2 in die Südvorstadt geradelt und zurück zum Richard-Wagner-Platz.

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