Sollte man den Schleußiger Weg nicht als eine einzige Kette von Gefahrenstellen für Radfahrer beschreiben? Stückweise gibt es Radwege, die unverhofft einfach enden, wie an der Stieglitzstraße, wo Radfahrer dann auf dem Fußweg weiterfahren sollen, der immer schmaler wird bis zur Schnorrstraße, wo der Radfahrende endgültig in einer unmöglichen Situation landet.

Denn eine Möglichkeit, sich hier in den geradeaus fahrenden Kfz-Verkehr einzuordnen, ist nicht vorgesehen. Erst ein ganzes Stück nach der Einmündung in die Schnorrstraße gibt es einen Überweg mit Ampel, aber da landet man dann endgültig in einer Sackgasse und merkt erst hinterher, dass man wohl doch hätte mit dem drängelnden Kfz-Verkehr fahren müssen.

Dieselbe Situation übrigens auf der entgegengesetzten Straßenseite: Entweder kabbelt man sich mit Fußgängern um einen zu schmalen Fußweg oder man fährt im Pulk der Kraftfahrzeuge mit, kommt dann aber 300 Meter weiter nicht mehr auf den Radweg, der auf einmal anfängt, wo eben noch ein desolater Fußweg war. Die ganze Radwegesituation am Schleußiger Weg sieht so aus, als hätte hier mal ein verwirrter Lehrling angefangen, ein paar rote Streifen aufzumalen, hätte aber irgendwann die Lust verloren, weil Radwege irgendwie nicht reinpassen in diese wichtige Ost-West-Verbindung der Stadt.

Aber auch am Übergang zur Südvorstadt ist es nicht minder gefährlich.

“Eine andere Gefahrenstelle sehe ich am Schleußiger Weg in stadteinwärtiger Richtung, an der Auffahrt zur B2 (Höhe Schulbiologischer Garten)”, heißt es in einer Leserzuschrift. “Auch hier biegt der Kfz-Verkehr rechts ab bei häufiger Missachtung des geradeaus-fahrenden Fahrrad-Verkehrs. Hier ist der desolate (bzw. nicht vorhandene) Radweg definitiv ein Teil des Problems: welcher Autofahrer rechnet schon damit, dass sich auf diesem Holper-Ungetüm von Fußweg ein offizieller Radweg mit entsprechender Vorfahrt des Rad-Verkehrs befindet? Ein Warnschild weist meines Wissens nach darauf hin, dass dort Radverkehr kreuzt und Vorrang hat – anscheinend reicht das aber allzu häufig nicht aus, ich hab dort selber schon gelegentlich scharf bremsen müssen oder bremsende Radfahrer beobachtet.

(Dass der Radweg entlang des Schleußiger Wegs in beiden Richtungen jeweils zu Beginn und Ende des Straßenabschnitts zwischen Kurt-Eisner-Str. und Rödelstr. generell eine Zumutung darstellt, ist ein anderes Thema…)”

Es ist tatsächlich so. Eben ist man noch – von der Brücke übers Elsterbecken kommend – auf einem hingemalten Radweg gefahren, aber vorm Botanischen Garten hat der sich in Luft aufgelöst und die rustikalen Steinplatten bilden mehr Holper- als Rollstrecke. Die Zufahrt zur B2 taucht für den Radfahrer erst hinter einer Kurve auf. Das Warnschild kommt auch für Autofahrer so spät, dass sie wohl gar nicht drauf achten, weil sie eher damit beschäftigt sind, ihr Fahrzeug noch im letzten Moment um die Kurve zu kriegen. Als hätten die Straßenplaner hier extra eine Osterüberraschung für alle Beteiligten eingebaut.

Das die Radwege immer wieder verschwinden, scheint auch mit der recht provisorischen Anlage der Bushaltestellen zu tun zu haben, wo dann auch mal ein Wartehäuschen den halben Fußweg blockiert und Wartende endgültig mit Radfahrern ins Gehedder kommen.

Und was sagt der ADFC dazu?

Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig

Der Schleußiger Weg – und man kann Gleiches für die Kurt-Eisner-Straße, die Rödelstraße und die Antonienstraße auch feststellen – ist fürs Radfahren zwar wichtig, aber nicht gut nutzbar.

Dem gesamten Straßenzug zwischen Arthur-Hoffmann-Straße und Gießerstraße ist ein reger Bus- und Radverkehr gemein. Und da nicht nur die Situation für den Radverkehr miserabel ist, sondern auch der Bus des Öfteren verspätet ist, sollte eine Lösung her, die beidem gerecht wird. Immerhin ist die Verspätung der Busse ein Defizit, das Fahrgäste von der Nutzung abhält, und wenn man mehr Zeit einplant, braucht man gegebenenfalls einen Bus zzgl. FahrerIn mehr. Kosten, die man vermeiden sollte.

Die Wegeverbindung gehört nach dem “qualifizierten Netz für den Radverkehr” der Kategorie II an. Diese ist die höchste Innergemeindliche Radwegeverbindung (kurz IR II). Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) empfehlen eine angestrebte Fahrtgeschwindigkeit von 15 bis 25 km/h, das heißt ein Zeitverlust an Ampeln darf nicht größer als 30 Sekunden je km betragen. Es gibt selbstverständlich einen Winterdienst und der Belag besteht aus Asphalt und ist mindestens 2,50 m breit. Eine gemeinsame Führung des Rad- und Fußverkehrs ist schon wegen der angestrebten Fahrtgeschwindigkeit und der hohen Nutzungsfrequenz unzulässig.

Wie könnten Lösungen aussehen?

Am einfachsten lassen sich diese Kriterien mittels Fahrradstraßen erreichen. Nun ist es aber abwegig, den Straßenzug zwischen Arthur-Hoffmann-Straße und Gießerstraße in eine Fahrradstraße umzuwandeln. Also muss nach einer Lösung gesucht werden, die auch den Gegebenheiten entspricht.

In Berlin hat man vor 25 Jahren auf dem Ku’damm eine Busspur (heute mit “Rad frei”) eingerichtet. Während das für Teile der Politik und Verwaltung den Weltuntergang bedeutete, hat sich allerdings in der Realität dadurch nahezu alles für die Sicherheit und den Verkehrsfluss verbessert. Diejenigen, die ihr Rad sicher beherrschen und zügig fahren, sind seitdem auf der Busspur unterwegs. Wer sich unsicher fühlt und eher langsam fährt, nutzt weiterhin den (nicht benutzungspflichtigen) Radweg. Dieser müsste im Straßenzug zwischen Südvorstadt und Kleinzschocher nichtsdestotrotz erneuert und asphaltiert werden, wo das bisher nicht der Fall ist. Und auch die Gehwege müssten dringend erneuert werden, die DDR-Betonplatten sind zunehmend verwittert und liegen teils krumm und schief.

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Solche Markierungen werden mit Sicherheit von mehreren Beschäftigten des Verkehrsamts ausgedacht und umgesetzt, nicht von einem einzigen Planer im Alleingang. Außerdem finde ich die Wendung “verwirrter Lehrling” durchaus herabwürdigend für die Azubis.
Es hat Lizzy wohl am Mut gemangelt, hier von einer ganzen verwirrten Gruppe von Verkehrsplanern zu sprechen, die ihr Unwesen trieb.

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