Wer dieser Tage den Leipziger Hauptbahnhof besucht, erlebt ihn mal wieder still und verlassen. Zum wiederholten Mal in den letzten Jahren. Doch jetzt gehen diese seltsamen Kein-Zug-da-Tage so langsam zu Ende. Noch bis Sonntagfrüh um Acht ist der Hauptbahnhof für den Zugverkehr gesperrt. Der Grund ist das Ende eines kleinen Umbauprojektes.

Denn seit 2013 wurden die mittleren Gleise 10 bis 15 komplett umgebaut, um sie fit zu machen für künftige Doppeltraktionen von ICE. Und damit die problemlos in den Hauptbahnhof einfahren können, mussten auch die Gleisanbindungen erneuert werden. Und wie das so ist, wenn man mitten im Gleisfeld arbeitet – es betrifft am Ende alle Gleise und Züge. Und so gab es nach der viertägigen Sperrung im Vorjahr jetzt noch einmal vier Tage Mucksmäuschenstille in den lichtdurchfluteten Hallen.

Dafür wurde der Hauptbahnhof vom 24. September bis zum 27. September (8 Uhr) komplett für den Zugverkehr gesperrt. Während der Vollsperrung werden neue Gleise und Bahnsteige an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Die elektronische Stellwerkstechnik steuert danach mit angepasster Software den Zugverkehr.

Bahnsteig 12, ganz draußen bei D: Er scheint sich bis ins Unendliche des Mastenwaldes zu erstrecken. Foto: Ralf Julke
Bahnsteig 12, ganz draußen bei D: Er scheint sich bis ins Unendliche des Mastenwaldes zu erstrecken. Foto: Ralf Julke

Die seit 2012/2013 laufenden Bauarbeiten zum komfortablen Anschluss des Hauptbahnhofs an das Projekt Nürnberg-Leipzig-Berlin (VDE8) erreichen damit ihren ersten Abschluss, teilt die Deutsche Bahn mit. Ziel war es, den Bahnknoten mit verlängerten und nach modernstem Standard ausgerüsteten Bahnsteigen sowie schnelleren Zufahrtsgleisen für den Fernverkehr auszustatten. Dadurch sollen unter anderem deutlich attraktivere Reisezeiten von und nach Leipzig und Dresden erreicht werden.

Seit der letzten Bahnhofssperrung vor einem Jahr wurden u. a. die Bahnsteige 10 und 11 neu errichtet sowie sechs Kilometer Gleise und 40 Weichen neu gebaut. Damit wurden insgesamt sechs Bahnsteige (Bahnsteige 10, 11, 12, 13, 14 und 15) abgebrochen und neu auf einer Länge von bis 420 Metern und einer einheitlichen Höhe von 76 cm neu gebaut. 11 Kilometer Gleise und 74 Weichen wurden neu gebaut. Etwa 70.000 Tonnen Schotter bilden das neue Gleisbett. Auf etwa 22 Kilometern überspannen nun neue Oberleitungen die Gleisanlagen.

Bei der nun mit acht Gleisen befahrbaren neuen Bahnbrücke über die Rackwitzer Straße gehen die letzten beiden Gleise in Betrieb. Bereits im Juli war die Straße freigegeben worden. Mit der Zuschaltung der neuen Bahnanlagen an das Elektronische Stellwerk sind die wesentlichen bis 2015 geplanten Bauleistungen geschafft.

Investiert wurden insgesamt 120 Millionen Euro in dieses kleine, aber wichtige Puzzle-Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit (VDE) Nr. 8, die ICE-Verbindung von Nürnberg über Halle/Leipzig nach Berlin. Eine Strecke, auf der man durchaus hohe Passagierzahlen erwartet, was dann im Regelfall ICE-Züge in Doppeltraktion im Gefolge hat. Damit die überhaupt in Leipzig halten können, brauchte es zwingend die Verlängerung der Bahnsteige.

Die Fahrzeiten für die ICE-Verbindungen werden sich auf der Strecke Erfurt-Leipzig, die im Dezember 2015 in Betrieb geht, auf künftig 45 Minuten verkürzen. Für die Verbindung Erfurt-Halle/Saale ergeben sich 35 Minuten. In Erfurt sollen künftig zwei Eisenbahnmagistralen in die Neubaustrecke Erfurt-Leipzig/Halle einmünden: Aus Richtung Süden führt die Linie von München nach Erfurt. Aus Richtung Westen erreicht die Linie aus Frankfurt am Main die Thüringische Landeshauptstadt. Die Testfahrten auf der neu gebauten Strecke zwischen Halle und Erfurt haben in diesem Sommer schon mehrfach die Anlieger in Atem gehalten. Immerhin nimmt nun endlich ein 10-Milliarden-Euro-Projekt nicht nur Kontur an, sondern auf einem wichtigen Abschnitt auch den Betrieb auf, das seit 1992 schon im Bundesverkehrswegeplan stand und als VDE-Projekt die ganze Zeit immer Planungs- und Finanzierungsvorrang hatte.

Überdachte Wartehäuschen bieten draußen vor der Bahnhofshalle Schutz. Foto: Ralf Julke
Überdachte Wartehäuschen bieten draußen vor der Bahnhofshalle Schutz. Foto: Ralf Julke

In einem weiteren Bauabschnitt folgt ab 2016 der Streckenausbau von Leipzig-Hauptbahnhof in Richtung Norden, gibt die Bahn schon einmal einen Ausblick ins nächste Jahr. Dann entsteht unter anderem auch der neue S-Bahn-Halt Essener Straße, den man in den Vorarbeiten bis zur Eröffnung des City-Tunnels im Dezember 2013 einfach nicht mehr untergekriegt hat. Ein S-Bahn-Punkt, den die Leipziger Stadtplanung sehr aufmerksam betrachten sollte, denn damit ergibt sich auch ein neuer Zündfunke zur städtebaulichen Entwicklung im Bereich Mockau.

Kompliziert war das Bauen unter laufendem Zug- und Bahnhofsbetrieb, betont die DB Netz AG noch. Mit speziellen Maßnahmen, wie großen Planen, haben die Bauleute versucht, die Erschwernisse zu verringern. Die Bahn bedankt sich deshalb auch bei allen Betroffenen für die Geduld während des Baus.

Bis Sonntagfrüh noch. Ab 8 Uhr wird wieder die gewohnte Betriebsamkeit in die Bahnhofshalle einziehen.

Unter http://www.vde8.de Projektabschnitt Knoten Leipzig gibt es Informationen zu allen technischen und baulichen Details. Der multimediale Infopunkt Bau am Museumsgleis 24 hat von Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 19 Uhr geöffnet.

 

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