Wie die Zeit vergeht: Seit fünf Jahren gibt es die Leipzig-Pass-Mobilcard in Leipzig schon, eigentlich sogar seit sechs. Am 31. Dezember läuft der zwischen Stadt und LVB für fünf Jahre abgeschlossene Vertrag aus. Höchste Zeit, sich mal drum zu kümmern, stellte jetzt das Sozialdezernat der Stadt Leipzig fest. Denn wenn nichts neu beschlossen wird, ist es ab 01.01.2016 Finito mit dem Sozialticket.

Keine Bange: Die Vorlage ist da und auch mit entsprechendem Nachdruck formuliert. “Die Aufrechterhaltung des Angebotes der LPMC ist erklärtes Ziel der Stadt Leipzig. Damit soll einkommensschwachen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gegeben und ihre Mobilität gewährleistet werden. Die LPMC wird seit ihrer Einführung gleichbleibend hoch genutzt. Monatlich wurden in den vergangenen Jahren seit Einführung ca. 21.000 Tickets verkauft”, heißt es in der Vorlage. “Das Angebot der Leipzig-Pass-Mobilcard soll in Höhe der vertraglich vereinbarten Ermäßigung (50 % des Preises einer Monatskarte für die Tarifzone 1) aufrechterhalten bleiben.”

Letzteres dürfte den Betroffenen dann trotzdem richtig wehtun, denn damit schlagen natürlich auch die Preiserhöhungen für die normalen LVB-Tickets auf die Mobilcard für die Leipzig-Pass-Inhaber durch – zumindest zur Hälfte. Denn die andere Hälfte übernimmt ja die Stadt. Und zwangsläufig steigt auch jedes Jahr der Betrag, den die Stadt Leipzig aus ihrem Haushalt für das Sozialticket an die LVB überweisen muss.

Tatsächlich geht die Geschichte des Tickets noch viel weiter zurück. Schon 2007 haben sich Stadt und LVB mit dem Thema beschäftigt und waren damals zu dem Ergebnis gekommen, dass das Sozialticket 25 Euro kosten könnte (auch damals die Hälfte des normalen Monatstickets) und der städtische Zuschuss an den MDV, der bei der Preisgestaltung irgendwie dazwischen klemmt, rund 1,4 Millionen Euro betragen müsste.

Bekanntlich sagte die Landesdirektion im Folgejahr “Nein” dazu, denn das Sozialticket ist aus Sicht der sächsischen Haushaltswächter eine “freiwillige Leistung” – und dergleichen könne im Rahmen der damals beschlossenen Haushaltskonsolidierung nicht genehmigt werden. 2009 aber war dann der Haushalt wenigstens so weit konsolidiert, dass die Landesdirektion nicht noch einmal bremste. Am 1. August 2009 wurde dann offiziell die LPMC eingeführt, nachdem das Produkt zuvor schon mal für 25 Euro getestet worden war. Die Zahlen überzeugten die LVB davon, dass ein solches Ticket für Sozialbedürftige auch in Leipzig Sinn machen würde.

Offiziell gestartet wurde dann 2009 mit einem Monatspreis von 26 Euro.

Was dann freilich in den Folgejahren dafür sorgte, dass auch das Sozialticket bei jeder Preiserhöhung der LVB entsprechend teurer wurde. Und da die LVB oder der MDV oder wer immer nun in dem ganzen undurchschaubaren Geflecht wirklich die Entscheidungen trifft, die Monatstickets besonders drastisch verteuerten, hätte auch ein Sozialticket bis August 2015 schon 32,50 Euro kosten müssen, nach der neuesten Preiserhöhung im August sogar 34,50 Euro, denn das normale Monatsticket kostet mittlerweile 69 Euro.

Deswegen haben die drei Verhandlungspartner schon eine gewisse Kulanz beim Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) ausgehandelt, der die Differenz von 3 Euro übernommen hat, so dass es die LPMC für 29,50 Euro gab. Dabei blieb es ja bekanntlich nicht, denn die Preisspirale hat sich nun einmal bei den Monatstickets der LVB heftig weiter gedreht. Jetzt wären also 34,50 Euro fällig – ein mehr als heftiger Sprung. Mit dem MDV habe man nun ausgehandelt, dass der noch 2 Euro davon übernimmt, so dass die LPMC nun 32,50 Euro kostet, betont die Vorlage zum aktuellen Stand.

“Unter Berücksichtigung der städtischen Haushaltssituation, aber auch der wirtschaftlichen Lage der Verkehrsunternehmen im MDV wurde damit eine einvernehmliche Lösung zu den finanziellen Rahmenbedingungen für die Fortführung des Vertrages gefunden”, heißt es dazu in der Vorlage.

Noch relativ jung ist die Regelung, dass es das Sozialticket auch im Abo gibt. Da ist es dann für monatlich 29,50 Euro zu haben. Und Leipzigs Sozialdezernat rechnet auch damit, dass die Zahl der Abonnenten noch deutlich steigen wird – derzeit sind es 1.507, während 17.763 Leipzig-Pass-Inhaber sich die LPMC als etwas teureres Monatsticket am Kiosk kaufen.

Für 2016 rechnet die Stadt jetzt mit einem notwendigen Zuschuss von 1,2 Millionen Euro an den MDV, um das Sozialticket für Leipzig zu sichern, für 2017 kalkuliert die Stadt mit 1,4 Millionen Euro.

Die Vorlage erzählt natürlich auch von dem ganzen – mittlerweile unüberschaubaren – Konstrukt aus Kommunalunternehmen, Verbandsmitgliedschaften und Beteiligungen, in dem am Ende auch die Stadträte nicht mehr wissen, wer nun eigentlich was bezahlt. Ganz am Ende warnt die Vorlage sogar von einem finanziellen Schaden für die LVV (die Muttergesellschaft der LVB), wenn das Produkt vom Markt genommen werden müsste, falls der Stadtrat nicht zustimmt. Was natürlich betriebswirtschaftlich engherzig gedacht ist, denn den Schaden hätten die Leipzig-Pass-Inhaber, die sich dann die Nutzung der Straßenbahn gar nicht mehr leisten können. Der Zuschuss der Stadt – so steht es auch da – bliebe im Stadthaushalt und würde “für andere Zwecke” zur Verfügung stehen.

Die Vorlage zur Verlängerung der Leipzig-Pass-Mobil-Card in Leipzig.

Die Vorlage zur Einführung der LPMC 2009.

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