"Metern" wollte er gern, verriet LVB-Geschäftsführer Ronald Juhrs im Herbst bei einer Einwohnerversammlung in Mockau. Und damit meinte er: Möglichst viele Kilometer Straßenbahngleis in Leipzig in Ordnung bringen, damit die Bahnen wieder zügiger fahren können. 2016 darf er „metern“: Fast 6 Kilometer Langsamfahrstrecke werden beseitigt. Und mit 16 Baustellen bieten die LVB den Leipzigern wohl einen neuen statistischen Rekord.

Und noch eine Zahl nennt Juhrs als neuen Maßstab: 26 Millionen Euro wollen die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) in diesem Jahr investieren. Damit ist zum ersten Mal wieder das Niveau von 2006 erreicht, als auf Grundlage des Olympia-Sofortprogramms letztmalig 26,6 Millionen Euro in die Infrastruktur der Verkehrsbetriebe investiert werden konnten. Danach war die Luft raus.

Die Investitionen sackten auf 8,6 Millionen Euro. Nur langsam arbeiteten sich die LVB wieder hoch Richtung 20 Millionen, mussten aber auch erleben, dass mit der 2009 neu gewählten Regierung ein schwieriges bis zähes Verhandeln begann über Fördergelder. Große, lange geplante Projekte wie das Technische Zentrum Heiterblick gerieten ins Stocken, das Straßenbahnerneuerungsprogramm ebenso.

Investitionen der LVB 2005 bis 2016. Grafik: LVB
Investitionen der LVB 2005 bis 2016. Grafik: LVB

Das hat sich mit dem Wechsel im Amt des Verkehrsministers deutlich geändert. ÖPNV ist beim SPD-Minister Martin Dulig nicht mehr das Aschenputtel in der Verkehrspolitik. Am 3. Februar sagte er: „Es ist unser ehrgeiziges Ziel, alle von den Verkehrsunternehmen und Kommunen eingereichten Projekte, die die Fördervoraussetzungen erfüllen, positiv zu bescheiden. Hierfür planen wir allein für das Jahr 2016 Fördermittel in Höhe von 131,5 Millionen Euro einzusetzen.“

Das wird von den Verkehrsunternehmen im ganzen Land mit Erleichterung aufgenommen. Natürlich bei den LVB auch.

„Wir werden bei allen geplanten Maßnahmen vom Freistaat unterstützt“, sagt Juhrs. Er rechnet mit bis zu 75 Prozent Unterstützung bei allen förderfähigen Kosten.

Das Sächsische Ministerium für Wirtschaft und Arbeit (SMWA) hatte auch einige Leipziger Projekte aufgelistet, die in diesem Jahr Schwerpunktunterstützung bekommen:

So auch das, was von LVB-Geschäftsführung und Fahrgästen sehnlichst erwartet wird, die „Fortführung Stadtbahnerneuerungsprogramm der LVB (Beschaffung von insgesamt 41 Niederflurstadtbahnwagen; z. Z. Förderung des ersten und zweiten Lieferloses (14 Fahrzeuge) mit 8,2 Millionen Euro Jahresscheibe 2016“.

Und die „Fortführung des Um- und Ausbau des Straßenbahnbetriebshofes Dölitz (seit 2013)“. Das Bauprojekt soll im Sommer 2016 fertig sein und endlich in Betrieb genommen werden.

Und das, was am Donnerstag, 25. Februar, schon einmal als geballte Baustellen-Ladung der Presse vorgestellt wurde: der „Ausbau Gleisanlagen der Straßenbahn und dazugehöriger barrierefreier Ausbau von Haltestellen der LVB (z. B. Bornaische Straße, Könneritzstraße, Ersatzneubau Antonienstraße (Anteil Straßenbahn), Georg-Schumann-Straße, Dresdner Straße, Delitzscher Straße)“.

Eigentlich muss man hier drei Pünktchen machen, denn Ronald Juhrs will ja wirklich „metern“ und so viele Gleisabschnitte, auf denen die Straßenbahnen schon im Schneckentempo schleichen, weil der Gleiszustand schon anfängt desolat zu werden, erneuern wie möglich, wie neben den laufenden Großbauprojekten (Könneritzstraße, Georg-Schumann-Straße) zu schaffen sind für 26 Millionen Euro.

In der Statistik wird deutlich, wie die LVB nach dem mit 7,8 Millionen Euro sehr kargen Investitionsjahr 2011 bemüht waren, die jährliche Investitionssumme auf über 20 Millionen Euro zu steigern. Das wurde teilweise im Gesamtnetz noch nicht spürbar, weil davon einige wichtige und sehr teure Bauprojekte umgesetzt wurden – man denke nur an das Bauprojekt „KarLi“, ein Teilprojekt in der Wurzner Straße, den ebenfalls nicht billigen Bau rund um die Bornaische Brücke oder das begonnene Bauprojekt Könneritzstraße, auf das einige Schleußiger schon seit Jahrzehnten mit Hoffnung gewartet hatten. Da in diesen Projekten stets der komplette Straßenumbau (samt Leitungen im Untergrund, neuen Fahrbahnen und neuen, barrierefreien Haltestellen) stattfand, haben sie auch erhebliche Mittel gebunden. Und das auf nur wenigen Metern.

In Paunsdorf wird ab April „gemetert“

„Im Jahr 2016 haben wir endlich mal ein bisschen Freiraum, ein ganzes Bündel von Einzelbaumaßnahmen zusammenzufassen“, sagt Dirk Sikora, der für die Infrastruktur zuständige Bereichsleiter der LVB. „Und es wird uns gelingen, im ganzen Netz einen Sprung nach vorn zu machen.“

11,8 Kilometer Langsamfahrstrecke existierten Ende 2015 im LVB-Schienennetz. Das sei – verglichen mit anderen großen ÖPNV-Unternehmen in Deutschland – kein ungewöhnlich hoher Wert, so Sikora. Gemessen an der gesamten Schienenlänge im Leipziger Netz sind es 3,5 Prozent. Sikora: „Das ist Bundesdurchschnitt.“

Trotzdem sorgen Langsamfahrstellen im Netz für unkalkulierbare Verspätungen, auf der Linie 7 mittlerweile in einem Ausmaß, dass sogar noch ein zusätzlicher Wagen auf die Strecke gebracht werden musste, um überhaupt noch die Taktdichte zu gewährleisten.

„Deswegen ist das 1.200 Meter lange Gleisstück entlang der Heiterblickallee in Paunsdorf für uns in diesem Jahr ganz zentral“, sagt Juhrs.

Ein Blick in den Baukalender der LVB: Vom 16. April bis zum 15. Mai wollen die LVB den kompletten Gleisabschnitt über 1.200 m erneuern und dabei auch die Gleisschleife Paunsdorf-Nord instand setzen. Was, wenn das Stück fertig ist, hier eine der größten Bremsen auf den Linien 7 und 8 auf ein paar Jahre beseitigt.

Und was machen die LVB, wenn sie am Jahresende nur noch 6 Kilometer Langsamfahrstrecke im Netz haben? – „Dann werden wir alles dafür tun, diesen Stand zu halten“, sagt Sikora.

Die wichtigsten Baustellen der LVB 2016 stellen wir heute an dieser Stelle einfach mal vor. Über eine haben wir ja schon berichtet: Den Umbau der Georg-Schumann-Straße am S-Bahnhof in Möckern. Den Link dazu finden Sie unterm Text.

Gleich geht’s weiter an dieser Stelle.

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