Kann man sich eigentlich daran gewöhnen, dass Zustände eingefahren sind und sich in Diskussionen um „Rundfunkbeitrag rauf oder runter“ erschöpfen, ohne dass über die eigentlichen Möglichkeiten oder Ansprüche an einen öffentlichen Sender überhaupt noch diskutiert wird? Auch Falk Neubert, medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, sieht nicht wirklich die Notwendigkeit, beim MDR etwas anders zu machen. Seine Antworten auf unsere Fragen.

Warum veröffentlicht der MDR keinen jährlichen Bericht, in dem jeder Bürger nachlesen kann, welche Kosten welche Programmteile verursacht haben?

Ein solcher Bericht wird jährlich veröffentlicht.

www.mdr.de

Warum wird kein Beteiligungsbericht veröffentlicht, der transparent darstellt, welche anderen Tochter- oder auch privaten Unternehmen wie viel von den Budgets des MDR bekommen haben? Und zwar nicht nur für den Landtag.

Ein solcher Bericht  wird veröffentlicht.

www.mdr.de

Warum haben Nutzer des Rundfunks nicht selbstverständlich ihren Platz im Rundfunkrat?

Es ist realistisch davon auszugehen, dass alle 43 Mitglieder des MDR-Rundfunkrates, wie auch die Mitglieder aller anderen Rundfunkräte, auch Nutzerinnen bzw. Nutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind.

Warum ist der Rundfunkrat noch immer großenteils mit Politikern besetzt?

Der Begriff „Politiker“ ist nicht eindeutig. Sind damit Parlamentarier und Regierungsvertreter gemeint, sind diese nur eine Minderheit in den Rundfunkräten. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ihr Anteil in Rundfunkräten höchstens ein Drittel betragen darf.

www.bundesverfassungsgericht.de

Versteht man unter (Medien-)Politikern jedoch diejenigen, die sich intensiv mit Medienpolitik beschäftigen, sind logischerweise alle Rundfunkratsmitglieder qua Amt (Medien-) Politiker(innen).

Warum gibt es keine Sendeangebote, in denen der ÖRR mit seinen Zuschauern selbst ins Gespräch kommt über Angebot, Relevanz und Anspruch?

Solche Angebote gibt es.

Als Beispiel nennt Falk Neubert „Markt und Medien“ im Deutschlandfunk.

Und „Zapp“ im NDR.

Was verhindert, dass Sender wie der MDR moderne, engagierte und unabhängige Formate entwickelt?

Nichts.

Kann es sein, dass das auf Quote getrimmte Senderangebot nichts anderes hervorbringen kann als Mittelmaß von mittelmäßigen Leuten?

Das sie NICHTS anderes hervorbringen ist unwahrscheinlich. Aber die Wahrscheinlichkeit zum Mittelmaß steigt zweifellos bei Sendungen, die vor allem an der Quote orientiert sind. Es ist einer der Strukturvorteile des öffentlich-rechtlichen gegenüber dem Privatrundfunk, dass eben nicht alle Programme an der Quote ausgerichtet werden.

Warum gibt es im MDR keine wirklich mutigen neue Sendeformate und auch keine wirklich wahrnehmbaren neuen Talente? Warum werden die  politischen und investigativen Angebote nicht ausgebaut und immer nur auf Sparflamme gefahren? Oder glauben die Verantwortlichen nicht, dass so etwas im Dreiland vonnöten wäre?

Das kann ich so nicht bestätigen, aber das bleibt wohl immer eine sehr subjektive Einschätzung.

Als Beispiel nennt Falk Neubert ein MDR-Papier.

Und den „Statusbericht 2014 zur Umsetzung des Entwicklungsplans des MDR 2014 bis 2017“.

Warum steigen die Pensionslasten dieses Senders so rasant? Kann man die Arbeit nicht mit ganz normalen Angestellten abwickeln? Brauchen wir dieses Heer von Sender-Beamten?

Im Vergleich zu anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hat der MDR relativ geringe Pensionslasten.

Wer macht die Arbeit des Senders eigentlich so teuer? Die Zuschauer sind es ja ganz gewiss nicht.

Der Begriff „teuer“ ist relativ. Gemessen am Angebot ist der MDR sehr preiswert. Das heißt nicht, dass nicht qualitative Verbesserungen am Angebot möglich wären.

Was nutzt ein gesichertes Rundfunkangebot, wenn es gesellschaftlich überhaupt nicht relevant ist? Oder genügt Ihnen das Angebot unseres Heimatsenders?

Ich finde beim MDR relevante und weniger relevante Programme. Mal ärgere ich mich, mal freue ich mich über Programme. „Genügen“ müssen die Programme mir hingegen nicht unbedingt, da ich bei Bedarf auch alle anderen Hörfunk- und Fernsehprogramme rezipieren kann.

Würden Sie einen Rundfunkbeitrag verteidigen, der auf die Einkommenssituation der erfassten Haushalte keine Rücksicht nimmt?

Ich verteidige das bestehende System nicht, weil eine Haushaltsabgabe naturgemäß mit vielen Ungerechtigkeiten verbunden ist. Ich plädiere nach wie vor für eine einkommensabhängige Personenabgabe. Extrem einkommensschwache Haushalte können aber auch im bestehenden System vom Rundfunkbeitrag befreit werden.

Gibt es von den Linken einen realistischen Vorschlag, diesen Beitrag in einen sozial gerechten Beitrag zu verwandeln und die Steuereintreiberrolle der  Rundfunkgebührenzentrale zu beenden?

Hier verweist Falk Neubert auf ein Interview, das er zum Thema 2013 mit der L-IZ führte.

Oder sehen Sie das nicht als Problem? Und wenn nicht: Warum nicht?

Siehe oben.

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Es gibt 2 Kommentare

Prinzipiell ist nichts gegen das solidarische Einsammeln von Geld von allen für eine Grundversorgung einzuwenden, nur
– es muss auf die Leistungsfähigkeit eines jedes Zahlers Rücksicht genommen werden
– es muss auch nur eine Grundversorgung geben, und nicht eine ausufernde Senderlandschaft
– es muss – da solidarisch gesammelt – auch sparsam und nach dem eigentlichen Zweck eingesetzt werden.

Leider treffen alle 3 Punkte offensichtlich nicht zu, und mögliche Entscheidungsträger sehen keine Notwendigkeit gegenzusteuern. Das ist ein Skandal schlechthin. Es ist eine Selbstbedienungs- und Machtmentalität am Wirken.

Die Fragen im Interview finde ich nicht sehr klug gestellt, da muss man sich über die Antworten auch nicht wundern.

Diese Antworten sind für mich nicht akzeptabel. Die von F. Neubert repräsentierte Partei kann ich nicht wählen.
Das Modell, eine Gebühr zu erheben, aber wir eine Steuer einzutreiben, wird eben nur dir Akzeptanz einer Steuer erhalten. Dieses System entstammt den Zeiten eines starken Staates. Ist dieser Staat noch stark? Wie wird F.Neubert wohl reden, wenn der Rundfunkrat von Populisten dominiert wird?
Ich finde, wer bestellt, sollte auch dafür bezahlen.

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