Schon einmal war man beim Berufsförderungswerk Leipzig (BFW Leipzig) richtig sauer: Das war im März, als die eigentlich nur für Anlieger gedachte Straße im Gelände an der Georg-Schumann-Straße zur Abkürzungs-Rennpiste für ganze Kolonnen von Autofahrern wurde. Nun gibt es neuen Ärger an der Baustelle, diesmal mit Radfahrern. Oder sollte es besser heißen: für Radfahrer?

Denn die Querungen für Radfahrer zwischen der Eisenbahnbrücke und der Huygensstraße waren schon vor Beginn der Umbauarbeiten fragwürdig bis nicht existent. Das hat sich natürlich mit Einrichtung der Baustelle der LVB, die hier eine neue barrierefreie Haltestelle baut, nicht geändert. Im Gegenteil. Leipzigs Verkehrsplaner bewiesen einmal mehr, dass sie Radfahrer einfach ignorieren, wenn es drauf ankommt. Eine Ausweichstrecke für Radfahrer gibt es  im Baustellenbereich nicht. Nur für Fußgänger hat man einen Ersatzweg eröffnet.

Doch damit gibt es jetzt Ärger, wie das BFW mitteilt: „Mit Beginn der Sanierung/des Ausbaus der Georg-Schumann-Straße wurde durch die Stadt Leipzig, mit Zustimmung des BFW Leipzig, ein Interimsfußweg auf dem Gelände der Bildungseinrichtung parallel zur Georg-Schumann-Straße geschaffen und ausgeschildert. Dieser Fußweg war für die Versicherten der Deutschen Rentenversicherung und die Kunden der Agentur für Arbeit vorgesehen.“

Nur: Für Radfahrer war der Weg nicht gedacht. Oder man hat einfach nicht an sie gedacht.

„Das damit verbundene und ausgeschilderte Radfahrverbot in diesem Bereich wurde jedoch permanent missachtet. Der vorrangig für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen vorgesehene Weg wird in erheblichem Umfang und teils mit sehr hoher Geschwindigkeit befahren“, stellt das BFW nun fest. Aus seiner Sicht verständlich, denn wenn hier schnell und in großer Zahl gefahren wird, gefährdet es die Besucher der Bildungseinrichtung. „Die Rehabilitanden, die ihre Qualifizierungen aufgrund von Krankheiten oder Unfällen und daraus resultierenden gesundheitlichen Einschränkungen durchlaufen, sind mehrfach täglich dieser gefährlichen Situation ausgesetzt. Es ist nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass es bislang noch zu keinen Unfällen gekommen ist.“

Radfahrer absteigen: Der Fußweg ist nur für Fußgänger gedacht. Foto: Ralf Julke
Radfahrer absteigen: Der Fußweg ist nur für Fußgänger gedacht. Foto: Ralf Julke

Und dann das: „Freundliche Hinweise, verbunden mit der Bitte, das Radfahrverbot zu beachten, werden ignoriert. Mitarbeiter des BFW Leipzig werden durch die Radfahrer beschimpft.“

Aber warum schimpfen die Radfahrer? Kann es sein, dass sie zunehmend frustriert sind, dass ihre Bedürfnisse gerade bei dieser Großbaustelle derart konsequent ignoriert werden? Die Baustelle ist über 800 Meter lang, eine Parallelroute für Radfahrer gibt es nicht, es sei denn, sie weichen komplett auf die Kirschbergstraße aus, über die schon der Ausweichverkehr der Kfz rollt.

Das BfW sieht die Stadt in der Pflicht, für Abhilfe zu sorgen: „Aus diesem Grund hat das BFW Leipzig über seinen Anwalt die Stadt gebeten, für Abhilfe zu sorgen. Außer dem Hinweis des Amtsleiters des Verkehrs- und Tiefbauamtes der Stadt Leipzig, Herrn Michael Jana, dass seines Erachtens eine weitergehende Beschilderung nicht erforderlich und auch nicht zielführend sei, bezeichnet er das verkehrswidrige Fehlverhalten als ein gesellschaftliches Problem, das nicht nur bei dieser Baumaßnahme anzutreffen sei. Weiter führte Herr Jana aus, dass das Amt zeitnah die Polizeidirektion Leipzig anschreiben und um Durchsetzung und Einhaltung der verkehrsrechtlichen Anordnung mittels Kontrollen bitten werde.“

Da passt also einiges nicht zusammen. Und nach einer Entspannung des Konflikts sieht der Weg, den das BFW gewählt hat, auch nicht aus: „Das BFW Leipzig hat von der Stadt Leipzig bislang keine Unterstützung bekommen. Daher wurde am 27. April der Interimsfußweg durch einen Bauzaun gesperrt. Der Stadt Leipzig wurde dieser Schritt angekündigt. Eine geänderte Beschilderung am Beginn des Geländes des BFW Leipzig weist die Passanten auf die neue Wegeführung hin.“

Selten wurde so sinnfällig, dass Radfahrer in den Verkehrsplanungen der Stadt einfach nicht existieren. Und wenn sie dann doch auftauchen, stören sie die Provisorien, die man sich am Schreibtisch ausgedacht hat.

In eigener Sache

Jetzt bis 13. Mai (23:59 Uhr) für 49,50 Euro im Jahr die L-IZ.de & die LEIPZIGER ZEITUNG zusammen abonnieren, Prämien, wie zB. T-Shirts von den „Hooligans Gegen Satzbau“, Schwarwels neues Karikaturenbuch & den Film „Leipzig von oben“ oder den Krimi „Trauma“ aus dem fhl Verlag abstauben. Einige Argumente, um Unterstützer von lokalem Journalismus zu werden, gibt es hier.

Überzeugt? Dann hier lang zu einem Abo …

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Ich kann nach wie vor nicht verstehen, weshalb Radfahrer als eine Art Aliens angesehen werden, irgendwie nicht von dieser Welt. Dabei ist es ganz einfach. Fahrräder sind Fahrzeuge und als solche gehören sie auf die Straße, also genau dahin, wo die anderen Fahrzeuge auch fahren. Da für diese immer eine Umleitung geschaffen wird, ist diese auch für Radfahrer benutzbar. Es ist eine Lebenslüge, die sich leider auch in die Köpfe vieler Radfahrer eingenistet hat, dass die Straßen nur (oder auch nur primär) für den motorisierten Verkehr da seien! NEIN! Radfahrer, erobert euch die Straßen zurück! Radwege sind nur zu benutzen, wo das explizit vorgeschrieben ist!

Schreiben Sie einen Kommentar