Leipzigs Stadträte haben den von der Stadt vorgelegten Bericht zum ÖPNV durchaus genau gelesen. Daniel von der Heide, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat, hat sich jetzt den von der Verwaltung vorgelegten Gesamtbericht zur ÖPNV-Finanzierung auf unsere Frage hin angeschaut. Und das Ergebnis ist: 2014 hat sich die Stadt auf Kosten der Fahrgäste schon 10 Millionen Euro erspart.

Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke fordern in der Ratsversammlung am Mittwoch, 24. August, erneut eine finanzielle Stärkung der LVB. Sie haben die Erhöhung des über die LVV gewährten Zuschusses von 45 Millionen, wie er seit 2012 gilt, auf 48 Millionen Euro beantragt.

Nur stand in ihrem Antrag noch nicht, wie groß die Finanzierungslücke tatsächlich schon ist, die die Stadt mit der radikalen Kürzung des Zuschusses von 54 auf 45 Millionen Euro gerissen hat.

Um das herauszubekommen, hat Daniel von der Heide sich doch mal die Zahlen im Gesamtbericht angeschaut. Die Zahlen stehen ganz unten in der unten verlinkten Anlage.

Und siehe da: Der nun von der Stadtspitze veröffentlichte „Bericht zur Umsetzung des Konzepts zur Finanzierung des ÖPNV und Betrauung der LVB incl. Gesamtbericht nach VO (EG) 1370/2007 für 2014“, den der Stadtrat im September zur Kenntnis nehmen soll, bestätigt die Forderung auf Erhöhung des Zuschusses.

„Der Bericht zeigt sehr deutlich auf, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe für das Abrechnungsjahr 2014 einen Anspruch auf Ausgleichsbetrag für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen in Höhe von 66,2 Millionen Euro haben. Über den Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag (45 Millionen Euro pro Jahr) sowie weitere Verkehrsverträge und Ausgleichszahlungen für den Schülerverkehr haben die LVB jedoch nur etwa 56,1 Millionen Euro erhalten“, stellt Daniel von der Heide nach Auswertung der Zahlen fest.

Das Delta von etwa 10 Millionen Euro allein im Jahr 2014 wurde demnach durch wirtschaftliche Effekte innerhalb der LVB erzielt. Dazu zählen die Linieneinnahmen, die unterschiedlichen Tarife der Beschäftigten und auch zeitlich gestreckte Investitionen in Netz, Fuhrpark und Liegenschaften.

Zehn Millionen Euro, die eigentlich für die Betrauung mit dem Öffentlichen Nahverkehr durch die Stadt geleistet werden müssten, stellt von der Heide fest.  Dies bestätigt der Bericht – wie wir schon mehrfach zitiert haben – mit den Worten: „Es zeigt sich, dass die gemeinwirtschaftlichen Leistungen leicht gestiegen sind und von Seiten der LVB die Gewinne in den eigenwirtschaftlichen Bereichen zur Deckung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen herangezogen werden, da der errechnete Ausgleichsbetrag für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in Summe über den gewährten Ausgleichsbeträgen liegt.“

Und dieser Spruch steht seit 2012 in den Berichten zur LVB-Finanzierung. Die Akteure waren sich also sehr wohl bewusst, dass sie die Zuschusskürzung aus Fahrgasteinnahmen bezahlt haben.

Und da sich die Kosten inflationsbedingt logischerweise erhöhen, steht für das aktuelle Jahr 2016 noch ein viel höherer Differenzbetrag da. Für das aktuelle Jahr 2016 sagen zumindest die Planzahlen, die Daniel von der Heide gefunden hat, dass sich das Delta zwischen Anspruch und Wirklichkeit bereits bei knapp 17 Millionen Euro bewegt.

„Würde die Stadt ihrer Verpflichtung aus der Betrauung vollumfänglich nachkommen und für die bestellten Linien auch die entsprechenden Kosten an die LVB zahlen, könnten wir einerseits den jährlichen Kostensteigerungen bei den Tarifen endlich einen Riegel vorschieben und andererseits die dringend notwendigen Investitionen in das Netz und den Fuhrpark beschleunigen“, benennt von der Heide die Folgen dieser drastischen Sparpolitik zu Lasten der Fahrgäste. „Vor diesem Hintergrund ist es umso unverständlicher, warum unsere Forderung nach einer dauerhaften Erhöhung der finanziellen Unterstützung der LVB, sei es über den Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag oder auch über Investitionszuschüsse in den vergangenen Jahren durch den Oberbürgermeister immer wieder abgeblockt wurde. Gerade von SPD und CDU sollten morgen endlich auch Taten im Stadtrat, statt immer nur kritische Worte im Rahmen der jährlichen Tariferhöhungen folgen!“

In früheren Berichten zu diesen Finanzbeziehungen wurde durchaus noch betont, dass die Stadt auch nach EU-Recht berechtigt ist, die von ihr beauftragten Beförderungsleistungen im ÖPNV vollumfänglich zu ersetzen. Anträge aus dem Stadtrat, den Zuschuss endlich wieder zu erhöhen, wurden in der Regel mit dem Verweis auf das EU-Beihilferecht abgelehnt. Doch mittlerweile klafft zwischen den beauftragten Leistungen und dem Zuschuss so eine eklatante Lücke, dass als Erklärung eigentlich nur noch bleibt, dass hier jemand mit aller Macht einen Sparkurs durchziehen will, der den LVB alle Entwicklungsmöglichkeiten beschneidet und die Fahrgäste zunehmend verprellt.

Wenn die Rechnung von Daniel von der Heide zutrifft, dann müsste der Zuschuss im Jahr 2016 tatsächlich schon bei 61 Millionen Euro liegen. Da würden auch die beantragten 48 Millionen nicht reichen, das zunehmend aufklaffende Finanzierungsloch zu schließen.

Die Entwicklung der Kosten und Ausgleichszahlungen bei den LVB.

 

In eigener Sache – Eine L-IZ.de für alle: Wir suchen „Freikäufer“

Eine L-IZ.de für alle: Wir suchen „Freikäufer“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar