Es gibt genug zu tun im sächsischen ÖPNV-Netz. Zukunftsfähig ist es noch lange nicht. Im Gegenteil. Noch immer wird gespart, als sei ÖPNV nur ein leidiges Behelfskonstrukt für Leute, die sich kein Auto leisten können. Oder die gar behindert sind. Aber für die ist ÖPNV oft genug auch nicht gemacht, wie die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag jetzt bestätigt bekam.

Denn 103 Bahnhöfe und Haltepunkte der DB Station&Service AG in Sachsen sind nicht barrierefrei. So geht es aus der Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf eine aktuelle Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier (Grüne) hervor.

„Bei insgesamt 397 bundeseigenen Bahnhöfen und Haltepunkten im Freistaat sind somit 26 Prozent nicht stufenfrei zugänglich“, kritisiert die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag. „Zum Vergleich: In Berlin und Schleswig-Holstein sind nur noch sechs Prozent aller bundeseigenen Bahnhöfe und Haltepunkte nicht stufenfrei zu erreichen. Sachsen liegt damit bundesweit im unteren Mittelfeld.“

Mit 74 Prozent „Stufenfreiheit“ rangiert Sachsen zwischen Bremen und Thüringen in einem eher traurigen Mittelfeld. Und „Stufenfreiheit“ heißt noch nicht, dass auch alle Schritte bis zum Einsteigen in den Zug wirklich barrierefrei sind, stellte jüngst erst die „Allianz pro Schiene“ fest. Alexander Dobrindt, der Bundesverkehrsminister, hatte dafür 50 Millionen Euro extra bereitstellen wollen, damit weitere Stationen barrierefrei umgebaut werden können. Zu wenig, sagte die „Allianz pro Schiene“. 150 Millionen werden eigentlich gebraucht.

Logisch, dass Sachsen dann auch wieder nicht alle fehlenden Stationen für das Programm angemeldet hat.

„45 Bahnhöfe hat die Staatsregierung dem Bund für den barrierefreien Ausbau vorgeschlagen. Leider sollen nur zwei Bahnhöfe tatsächlich umgebaut werden“, benennt Meier die Zahlen, die von einem Fördersystem erzählen, das augenscheinlich nicht berechenbar ist. „Für den Umbau der Bahnhöfe Großröhrsdorf (Lkr. Bautzen) und Neugersdorf (Lkr. Görlitz) wurden rund 1,6 Millionen Euro bewilligt. Das entspricht gerade einmal einem Prozent der insgesamt im Zukunftsinvestitionsprogramm eingestellten Finanzmittel.“

Seit diesem Jahr gibt es dieses vom Bund initiierte und in Zusammenarbeit mit den Ländern und Eisenbahninfrastrukturunternehmen umzusetzende „Modernisierungsprogramm für Bahnstationen im ländlichen Raum (Zukunftsinvestitionsprogramm – ZIP)“, das von 2016 bis 2020 Investitionen in den barrierefreien Ausbau kleinerer Bahnhöfe im ländlichen Raum fördern soll. Der Bund stellt dafür in den ersten zwei Jahren der Laufzeit 80 Millionen Euro zur Verfügung, weitere 80 Millionen zahlen die Länder selbst. Deutschlandweit soll aus diesem Programm der Umbau von 108 Bahnhöfen mit weniger als 1.000 Reisenden pro Tag erfolgen. Im Entwurf für den sächsischen Doppelhaushalt sind die Mittel für Großröhrsdorf und Neugersdorf eingestellt.

„Die Herstellung der Barrierefreiheit von Bahnhöfen ist zwar grundsätzlich Aufgabe des Betreibers DB Station & Service AG, jedoch obliegt die Finanzierung nicht allein dem Bund, sondern auch den Ländern und Kommunen. Der Freistaat sollte hier Eigeninitiative zeigen und den barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe und Haltepunkte in Sachsen auch durch eigene Finanzmittel fördern“, fordert die Abgeordnete. „Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung für die soziale Teilhabe aller Menschen. Gerade mobilitätseingeschränkte Personen im ländlichen Raum sind daher auf barrierefreie Zugangsmöglichkeiten zum ÖPNV angewiesen. Als Grüne werden wir in den laufenden Haushaltsverhandlungen Änderungsanträge einbringen, die eine deutliche Stärkung des ÖPNV ermöglichen. Mit eigenen Landesmitteln kann sich der Freistaat auch selbst für den barrierefreien Ausbau von deutlich mehr Bahnhöfen und Haltepunkten einsetzen.“

Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier (Grüne) „Barrierefreier Ausbau von Bahnhöfen und Bahnhaltepunkten im Freistaat Sachsen“ (Drs 6/6001).

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