Den Mittwochmorgen, 21. Dezember, nutzten die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) auch dazu, um sechs ihrer neuen Gelenkbusse vorzustellen – sechs von insgesamt 14, die die LVB bei der Solaris Bus & Coach bestellt haben, wo sie nun auch ihre neuen Straßenbahnen ordern. Die Busse seien von Fachjournalisten schon mal zum „Bus of the year 2017“ gekürt worden, hieß es am Mittwochmorgen auch noch. Aber das stimmt nicht ganz.

Es sind 18 Meter lange Solaris Gelenkbusse Urbino 18, 100 Prozent Niederflur. Ausgerüstet mit 240 KWH starken DAF Motoren. Die LVB kehren damit wieder zu reinen dieselbetriebenen Bussen zurück, nachdem sie eine Zeit lang auf Hybridtechnik gesetzt haben. Aber Hybridbusse sind in der Anschaffung deutlich teurer, fahren bei den aktuellen Spritpreisen aber die zusätzlichen Anschaffungskosten gegenüber Normalbussen nicht wieder ein.

Da liegt es näher, auf modernere Motoren zu setzen, die dann auch gleich die Euro-Abgas-Norm 6 erfüllen. Die Busse werden also deutlich sauberer als fast alles, was sonst noch so an Dieselfahrzeugen in Leipzig herumfährt. Die Euro-Norm gilt übrigens seit dem 1. Januar 2015 für Neufahrzeuge.

Dabei haben die Fahrzeugbauer auch gleich mal geschaut, wie man Bus und Straßenbahn auch optisch aufeinander abstimmen kann: So sind die Zielanzeigen an der Stirnseite in weißer Schrift analog der neuen Solaris-Straßenbahnen gestaltet, selbst die Sitzbezugsmuster sind wie in den neuen Straßenbahnen. Und noch wichtiger: Im Fahrgastraum wurde mehr Platz für Kinderwagen und Rollstühle geschaffen. Den Platz für beide direkt an Tür 2 kennt man schon von den alten Solaris-Bussen.

Jetzt kommt auch noch ein zusätzlicher Platz gegenüber Tür 3 für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder hinzu. Womit natürlich Rücksicht genommen wird darauf, dass in Leipzig mehr Eltern mit Kinderwagen, aber auch mehr mobilitätseingeschränkte Personen unterwegs sind.

Insgesamt gibt es vier Türen für den schnellen Fahrgastwechsel.

Und das Verblüffende: Man verzichtet auf Technik, die zusätzliche Energie verbrauchen würde. Weniger ist manchmal mehr. So gibt es keine Vollklimatisierung, dafür 11 Klappfenster, 4 Dachluken und 4 zusätzliche Lüfter im Dach, was Kraftstoff spart. Bildschirme sind gleich mit eingebaut, Wechselsprechanlagen mit dem Fahrer auch. Und – man muss ja heute an allerlei seltsame Fahrgäste denken – eine Videoüberwachung mit zusätzlicher Aufzeichnung am Fahrerplatz bei Überfallrufauslösung.

Und wo die LVB diese Busse einsetzen wollen, steht auch schon fest: vor allem auf den stark frequentierten Linien 60 und 70, wo man auch große Türkapazitäten für schnellen Ein- und Ausstieg braucht. Und an jeder Tür gibt es deshalb auch einen Entwerter.

Insgesamt gibt es 35 feste Sitzplätze und vier zum Ausklappen. Und wenn alle den Bauch einziehen und nicht zu viele Kinderwagen im Bus sind, passen auch noch 107 Fahrgäste rein, die die Fahrt im Stehen absolvieren. Oder 107 Fachjournalisten. Aber man kann wetten, die haben eher auf solche Finessen wie die Einzelradaufhängung vorn geachtet, die dort statt einer Starrachse eingebaut ist. Und aufs Fahrverhalten mit Anfahren, Einfädeln, Abbremsen. All die Dinge, die Busfahren entweder angenehm machen oder höchst gewöhnungsbedürftig.

Die neue Solaris-Straßenbahn und sechs neue Urbino 18-Busse im Technischen Zentrum Heiterblick. Foto: LVB
Die neue Solaris-Straßenbahn und sechs neue Urbino 18-Busse im Technischen Zentrum Heiterblick. Foto: LVB

Tatsächlich haben sie Dinge wie Beschleunigung, Vibration, Bremsweg und Geräuschpegel bewertet, sind als Fahrgast mitgefahren und auch ans Steuer gegangen. Aber sie haben nicht den Solaris Gelenkbus Urbino 18 zum „Bus of the year 2017“ gekürt, sondern den Urbino 12Electric. Ebenfalls aus dem Hause Solaris. Die großen Bushersteller – und Solaris gehört nun längst dazu – hatten sich entschlossen, vier elektrische Busse und einen gasbetriebenen ins Rennen um den Titel zu schicken. Was ein deutliches Zeichen setzte – nicht nur für umweltfreundlichen Busverkehr, sondern auch dafür, wie weit man mit der Entwicklung anderer Antriebssysteme schon ist. Und wie weit vor allem Solaris bei dem Thema schon ist.

Auch den Urbino hat man dabei immer weiter entschlackt, leichter und robuster gemacht und vor allem tragfähig für unterschiedlichste Antriebssysteme. „Der neue Solaris Urbino ist nicht nur für die Nutzung großer und kleiner Euro-6-Motoren bestens vorbereitet, auch Gas-, Hybrid- und Elektroantriebe wurden selbstverständlich berücksichtigt“, meldet das Unternehmen dazu. Und setzt noch einen obendrauf: „Er wird darüber hinaus unter dem Namen Trollino als Oberleitungsbus erhältlich sein.

Da die LVB mit Solaris eh in Geschäftsbeziehung sind, wissen sie also auch, wo sie ihre elektrischen Busse kaufen können, wenn das System stadtreif ist und der große Umstieg beginnen kann. Denn der wird in Leipzig direkt erfolgen von den schadstoffarmen Dieselbussen zu einer elektrischen Flotte. Das entsprechende Testprojekt läuft ja gerade auf Linie 89.

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