Der Widerstand gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) zu den Fahrpreiserhöhungen in Leipzig wächst. Nach den Linken positioniert sich jetzt auch die SPD-Fraktion deutlich. Denn irgendwann nach drei Jahren Ausweichen und Aussitzen beim Thema ÖPNV-Finanzierung reißt auch den geduldigen Sozialdemokraten der Geduldsfaden.

Die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat sieht die bekanntgegebenen Fahrpreiserhöhungen durch den MDV in Leipzig sehr kritisch, teilt die Fraktion mit und fordert erneut, im Zuge der Neuaufstellung des Nahverkehrsplans Ende dieses Jahres zu diskutieren, wie mittelfristig die Finanzierung des ÖPNV gestaltet werden kann, um auch die Fahrpreise zu stabilisieren.

Alternative Finanzierungsformen, wie z. B. ein Bürgerticket, sind aus Sicht der SPD-Fraktion sowie des SPD-Stadtverbandes kein geeignetes Mittel, die Finanzprobleme des ÖPNV langfristig zu lösen. Das hatte die Faktion auch schon deutlich bekundet.

Wenn die Stadt einen gut ausgebauten Umweltverbund haben möchte bis zum Jahr 2025, dann muss sie ihn auch finanzieren. Dann kann sie ihn nicht durch drastische Fahrpreiserhöhungen immer unerschwinglicher machen.

„Die jährlichen Fahrpreiserhöhungen in Leipzig, die immer deutlich über der allgemeinen Teuerungsrate liegen, sind mittlerweile ein enormes Ärgernis und verringern zudem die Attraktivität des ÖPNV“, stellt dazu SPD-Stadtrat Heiko Oßwald fest. „Gerade für die vielen Leipziger mit schmalem Geldbeutel muss der ÖPNV in Leipzig auch in finanzieller Hinsicht wieder interessant werden. Es muss auch die Frage geklärt werden, weshalb die Preise in den beiden Großstädten um durchschnittlich 3,5 Prozent steigen sollen, wogegen es in den Landkreisen und Mittelzentren nur 2 Prozent sind. Ähnlich unterschiedlich verlief das auch bei der letzten Preissteigerung im vergangenen Jahr, auch hier waren die Großstädte Leipzig und Halle stärker betroffen als die anderen Mitglieder des Verkehrsverbundes.“

Und das, obwohl die Großstädte sogar steigende Fahrgastzahlen verzeichnen.

Das Fazit für die SPD-Fraktion: Im Zuge der Anpassung des Nahverkehrsplans Ende 2017 muss daher dringend auch die Finanzierung der Leipziger Verkehrsbetriebe auf den Prüfstand.

„Dabei wird es nicht nur darum gehen müssen, wie die Investitionskraft der LVB  gestärkt werden kann. Hier hatte der Stadtrat erst kürzlich eine Anhebung der Investitionszuschüsse beschlossen. Es muss auch über Maßnahmen diskutiert werden, wie Fahrpreiserhöhungen in der Zukunft deutlich abgefedert werden können. Solange sich die Ticketpreise in Leipzig, im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten, am oberen Ende bewegen, sind weitere Fahrpreiserhöhungen nicht mehr vermittelbar“, sagt Heiko Oßwald weiter.

Neben der Stadt Leipzig als Hauptfinanzierer seien aber auch alle anderen Beteiligten gefordert, Anstrengungen zu unternehmen, um die Finanzierung des ÖPNV sicherzustellen. „Sowohl der MDV selbst als auch die Leipziger Stadtholding können wir nicht aus der Pflicht nehmen, über weitere Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen einen entsprechenden Beitrag zu leisten“, meint der SPD-Stadtrat.

Denn augenscheinlich gibt es im MDV erhebliche Reibungsverluste gerade an den Nahtstellen der einzelnen Kommunen und Verkehrsträger. Zuletzt erlebt bei der Diskussion um die Linie 9 nach Markkleeberg-West. Jede Kommune denkt ihren ÖPNV nur für sich – das Erschließen sinnvoller Synergien mit den Nachbarkommunen unterbleibt.

Und SPD-Stadtverbandsvorsitzender Hassan Soilihi Mzé setzt noch eins drauf, was die bisher vorgeschlagenen Finanzierungsalternativen aus dem Hause MDV betrifft. Sie seien schlicht kein geeignetes Mittel, das Problem zu lösen.

„Um es deutlich zu sagen: Ein sogenanntes Bürgerticket, das alle gleich belastet, unabhängig davon, ob sie den ÖPNV nutzen oder nicht, ist hochgradig ungerecht. Die Verkehrsbetriebe wären zudem derzeit auch überhaupt nicht in der Lage, den mit einem solchen Ticket verbundenen Fahrgastzuwachs servicegerecht abzufangen“, sagt der SPD-Vorsitzende. Und stellt damit den Hauptverantwortlichen für diesen Holzweg der Leipziger ÖPNV-Finanzierung ein klares schlechtes Zeugnis aus. „Kritisch ist in der aktuellen Debatte generell zu bewerten, dass bis auf den unbrauchbaren Vorschlag der Grundsteueranhebung – der auch nur alle Mieter und Eigentümer in Leipzig pauschal belastet – die alternativen Finanzierungsformen die bisher ins Spiel gebracht wurden, rechtlich überhaupt nicht umsetzbar sind. Diesbezügliche Phantomdebatten helfen keinen Zentimeter.“

Aber genau diese Phantomdebatten haben dazu geführt, dass in der Leipziger Verkehrsdiskussion wieder drei wertvolle Jahre vertrödelt wurden. Und das wirkt sich auch auf die – ebenfalls ausgebremste – Diskussion um den Nahverkehrsplan aus. Drei Jahre, die freilich eifrig genutzt wurden, um die Fahrpreise weiter anzuheben, weil der komplette Stadtrat im Wartemodus steckte. Eigentlich muss die Fahrpreisanhebung jetzt auch noch im Leipziger Stadtrat bestätigt werden. Aber die Linksfraktion hat schon angekündigt, dass sie mindestens deutliche Modifikationen erwartet.

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