Das Verkehrsverhalten der Sachsen ändert sich ja nicht erst seit 2016. Gerade in Großstädten wie Leipzig belegen alle Erhebungen zum „Modal Split“, dass sich die Nutzung von Fahrrädern als Verkehrsmittel in den letzten Jahren regelrecht verdoppelt hat. Aber die Infrastrukturen für Radfahrer wuchsen nicht mit. Was auch der ADFC Sachsen wieder kritisierte, als die Meldung über mehr Tote bei Fahrradunfällen in Sachsen publik wurde.

„Wer die Zahl der verunglückten Radfahrer und Radfahrerinnen senken will, muss deutlich mehr für eine sichere Infrastruktur tun. Davon ist in Sachsen leider nicht viel zu sehen“, erklärt Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, dazu. Für sie kamen die steigenden Unfallzahlen mit Radfahrern in der polizeilichen Unfallstatistik nicht überraschend. Sie hat schon eine ganze Serie von Anfragen ans Verkehrsministerium gestellt, um zu erfahren, wie Sachsen mit der Radwegeförderung umgeht.

Das Erschreckende für sie: Die meisten Gelder werden gar nicht abgerufen.

„In Sachsen verfällt immer mehr Geld für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur. 2016 hat der Freistaat selbst zwei Drittel der verfügbaren Fördermittel nicht genutzt. Der Landtag hatte entschieden, dass im Jahr 2016 für 4 Millionen Euro Radwege an Staatsstraßen gebaut werden sollten. Davon wurden jedoch nur 1,45 Millionen Euro ausgegeben“, stellt sie fest. Innerorts aber sieht das Versäumnis noch ärger aus: „Noch drastischer ist die Situation beim Bau kommunaler Radwege. Von 8 Millionen bereitgestellten Euro wurden 2016 nur 1,622 Millionen Euro durch die sächsischen Kommunen verbaut. Knapp 80 Prozent dieser Gelder wurden nicht genutzt.“

Und nicht immer werden es die fehlenden Eigenmittel der Kommunen sein, die sie am Abrufen der Fördergelder hindern. Ein wesentlicher Grund für das Missverhältnis ist augenscheinlich das Fehlen von Personal im Landesamt für Straßenbau und Verkehr, das sich um die Radwegemittel in Sachsen kümmern müsste.

„Fördermittel bringen dem Radverkehr nichts, wenn sie am Ende nicht ausgegeben werden“, wiederholt Meier eine Forderung, die sie schon mehrmals vorgebracht hat. Denn nach wie vor ist Radverkehr das fünfte Rad am Wagen, wenn es um Investitionsentscheidungen im sächsischen Verkehr geht. Oft fehlt es auch an den notwendigen Planungen in den Kommunen, wo man genauso zaudert und zögert, sich von der alten, autozentrierten Verkehrspolitik zu verabschieden.

„Woran es im Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV), aber auch in vielen Kommunen offensichtlich fehlt, sind ausreichende Planungskapazitäten und Fachkräfte, die sich ausschließlich mit Radverkehr beschäftigen“, zieht Meier ihre Bilanz der keineswegs radfahrerfreundlichen Zustände. „Wir brauchen endlich ein eigenes Fachreferat für Radverkehr im Wirtschaftsministerium, das die Kommunen intensiv bei der Radverkehrsförderung berät. Zudem müssen die Vollzeitstellen für den Radverkehr im LASuV auf 12 verdoppelt werden.“

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