Umweltzone in Leipzig? Da war doch mal was. Die besonders hitzig und hysterisch geführten Diskussionen liegen mittlerweile zwar schon fast ein Jahrzehnt zurück, doch ganz beruhigt hat sich die Aufregung seit der Einführung der Umweltplakette am 1. März 2011 noch nicht. Aktuell sorgt dank eines Satiremagazins der Fall eines Elektroautofahrers bundesweit für Belustigung.

Die Zeiten, in denen die Leipziger Umweltzone für Schlagzeilen sorgte, sind eigentlich schon längst vorbei. Vor allem in den beiden Jahren vor der Einführung am 1. März 2011 lieferten sich Parteien und Interessenverbände hitzige Diskussionen. Die einen sahen darin eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen die Schadstoffbelastung der Luft, die anderen bezweifelten eine solche Wirkung und bewerteten die Pläne eher als Belastung für die Wirtschaft.

Sechs Jahre nach Einführung der Umweltzone, die etwa 62 Prozent des Stadtgebietes umfasst, betrachtet die Verwaltung ihre Aktion zwar als Erfolg, doch weiterhin sind Grenzwertüberschreitungen an der Tagesordnung – der Dieselgate tat sein Übriges, weiterhin drohen Bußgeldzahlungen ab 2018. Genug Wichtiges also eigentlich, was man debattieren und ändern müsste.

Doch offenbar stürzen sich zumindest einzelne Mitarbeiter lieber in peinliche Situationen und Erklärungsnotstand.

Am Mittwochabend sendete das NDR-Satiremagazin „extra 3“ einen knapp dreiminütigen Beitrag über den Elektroautofahrer Hagen Kunze, der seinen Pkw während eines Besuches in der Oper in der Innenstadt parkte. Nach der Veranstaltung entdeckte Kunze einen Strafzettel an seinem Auto. Nach Ansicht der städtischen Ordnungshüter fehlte bei ihm die Grüne Plakette, die dazu berechtigt, in die Umweltzone zu fahren. Kunze dazu: „Ich fand das verwunderlich, weil mein Auto emissionsfrei ist. Das hat null Schadstoffausstoß.“

Quelle: Youtube-Kanal “extra 3”

Doch das Ordnungsamt kannte zunächst keine Gnade. In einem Schreiben heißt es: „Sie nahmen trotz eines Verkehrsverbots zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen mit einem Kraftfahrzeug am Verkehr teil.“ Dass dem Auto ein Auspuff fehlt und es zudem an eine Ladestation angeschlossen war, half nicht weiter. „Wer diese Umweltplakette nicht besitzt, muss damit rechnen, dass sich dann ein Knöllchen am Fahrzeug befinden kann“, erklärte eine Mitarbeiterin der Behörde.

Mit seinem Einspruch gegen den Bescheid konnte Kunze aber immerhin einen Teilerfolg erreichen. Statt der im Regelfall fälligen 80 Euro muss er nun nur noch 25 Euro zahlen. „Auch Elektrofahrzeuge benötigen die grüne Umweltplakette!“ heißt es dennoch mahnend in dem neuen Schreiben.

Die Geschichte ist damit allerdings noch nicht beendet. Am Freitagvormittag verschickten die Leipziger Julis, ein der FDP nahestehender Jugendverband, eine Pressemitteilung. „Während Schulhäuser ungebaut und Sozialanträge unbearbeitet bleiben, beschäftigt sich die Stadt mit Umweltplaketten für Elektroautos“, klagt darin der Kreisvorsitzende Rudi Ascherl. „Es ist zwar mit lästigen Ämterbesuchen verbunden, aber fast alle Pkw bekommen die grüne Plakette. Die Umweltzone schadet nur Nutzfahrzeugbesitzern. Überregionale Unternehmen verlegen Dreckschleudern in Orte ohne Umweltzone. Aber die Kleinunternehmer, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen, werden in die Insolvenz getrieben.“

Eigentlich schon wieder ein Fall für “extra 3”: Einfach mal durchzuzählen, wie viele private Oldtimer, Diesel und Benziner im “Irrsinn des Tages” von Solofahrern ohne Lieferauftrag mit Plakette durch Leipzig in Zentrumsnähe gekarrt werden. Und so nicht nur den Lieferverkehr behindern, sondern auch die Luft zudieseln.

Die Zeiten, in denen die Leipziger Umweltzone für Schlagzeilen sorgte, sind also noch lange nicht vorbei. Sie beginnen gerade wieder.

Was parkende Autos noch so anstellen können, lesen Sie in der aktuellen LZ, Ausgabe Mai 2017

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