Auch Verbände wie der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) schauen sich jedes Jahr die Ergebnisse der Leipziger Bürgerumfragen genau an. Denn hier wird ja deutlich, ob die großen Pläne der Stadt, das Mobilitätsverhalten der Leipziger umweltfreundlicher zu machen, aufgehen oder einfach verpuffen. Und zumindest für das Fahrrad sieht der ADFC eine wachsende Rolle. Immer öfter wird das Rad zum selbstverständlichen Fortbewegungsmittel.

Mittlerweile verfügen 70 Prozent der Leipziger Haushalte über mindestens ein Fahrrad. Das Fahrrad ist damit das in Leipzig am häufigsten vorhandene Verkehrsmittel, positioniert sich der ADFC zum Bericht zur „Bürgerumfrage 2016“. Das bestätige den seit Jahren anhaltenden Trend zur nachhaltigen Mobilität.

„Politik und Verwaltung müssen zur Kenntnis nehmen, dass in Zukunft der Fahrradverkehr eine immer wichtigere Rolle bei der Nahmobilität spielen wird und die Leipziger sich bereits darauf einstellen“, stellt Dr. Christoph Waack, Vorsitzender des ADFC Leipzig, fest.

Das Fahrrad kehrt in eine alte Rolle zurück, die es schon einmal hatte, bevor das Automobil seinen Siegeszug antrat und damit die einst für Fahrräder, Pferde- und Rollwagen gebauten Straßen in Beschlag nahm und das Rad an den Rand drängte.

Bereits 34 Prozent der Leipziger nutzen das Fahrrad (wieder) täglich oder mehrmals in der Woche. Bei den 18-34-jährigen Leipzigern liegt dieser Wert inzwischen bei 45 Prozent, bei den Leipzigern über 65 Jahren ist er auf 23 Prozent gestiegen. Es wird also wieder zum alltäglichen Mobilitätsmittel, steht griffbereit meist gleich vorm Haus – was leider auch die Diebe anlockt.

Verkehrsmittelnutzung der Leipziger. Grafik: Stadt Leipzig, Bericht zur Bürgerumfrage
Verkehrsmittelnutzung der Leipziger. Grafik: Stadt Leipzig, Bericht zur Bürgerumfrage 2016

„Der hohe und weiter steigende Zuspruch gerade bei den jungen Leipzigern zum Fahrrad erfolgt dabei ganz ohne jeden Zwang, der von einigen Kommunalpolitikern immer wieder heraufbeschworen wird, aber jeder Grundlage entbehrt“, wundert sich Dr. Christoph Waack über die Wahrnehmung des Mobilitätsverhaltens der Leipziger Bevölkerung, die eben diese Kommunalpolitiker vorgeben zu vertreten.

Bei der täglichen Nutzung wird von den Leipzigern immer mehr das Fahrrad zum Verkehrsmittel der ersten Wahl: Bereits 21 Prozent der Leipziger nutzen das Rad auf dem Weg zur Arbeit und sogar 28 Prozent auf dem Weg zur Ausbildung. Die Werte haben in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Erfreulich ist, dass das Fahrrad mittlerweile auch beim Einkaufen häufiger genutzt wird, wenngleich 13 Prozent noch deutlich steigerbar ist.

Aber auch das Bild ändert sich ja zusehends.

„Um hier noch mehr Anteile vom Autoverkehr auf den umweltfreundlichen Fahrradverkehr zu verlagern, bieten sich Lastenräder als gute Alternative an, die man an immer mehr Stellen in der Stadt ausleihen kann“, betont Dr. Christoph Waack. Auch der ADFC Leipzig bietet an inzwischen zwei Standorten kostenlose Lastenräder an, die unter lara.adfc-leipzig.de gebucht werden können. In der Freizeit wird das Fahrrad von immerhin 34 Prozent der Leipziger als Hauptverkehrsmittel genutzt.

Aber was dann die Rad-Infrastrukturen betrifft, sieht der ADFC noch deutlichen Investitionsbedarf.

Schaut man sich die Bewertung der Infrastruktur an, so habe die Unzufriedenheit in den letzten Jahren zwar leicht abgenommen. Allerdings seien noch immer 65 Prozent der täglichen Radfahrer der Meinung, dass immer noch zu wenig oder viel zu wenig für den Radverkehr in Leipzig getan wird. Insgesamt bewerten die Leipziger die Aktivität der Stadtverwaltung und Politik für den Radverkehr als zu gering ein, obwohl ein Viertel der selten bzw. Nichtnutzer sich von der Verwaltung weniger Aktivitäten Pro-Rad wünschen würden.

„Die Leipziger Bevölkerung steigt mit zunehmender Tendenz auf ihre Fahrräder und bringt damit jeden Tag aufs Neue zum Ausdruck: Wir wollen Leipzig als Fahrradstadt. Jetzt! Nicht in fünf oder zehn Jahren, sondern hier und heute“, schlussfolgert Dr. Christoph Waack aus den Ergebnissen der Bürgerumfrage 2016. „Darauf muss die Stadtpolitik reagieren und die jahrelang vernachlässigten Kapazitäten bei Planung und Bau der dringend notwendigen Radverkehrsinfrastruktur bereitstellen. Nur mit einem starken Radverkehrsanteil im Umweltverbund kann Leipzig seine aktuellen und zukünftigen Verkehrsprobleme lösen.“

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