Am 23. Oktober veröffentlichte MDR-Werbung seine "Ost-West-Marken-Studie 2014". Und schätzt das Ganze selber so ein: "Kurz vor dem 25. Jahrestag des Mauerfalls zeigen sich die unterschiedlichen Wertewelten in Ost und West immer noch stabil. Das wird gerade bei den Einkaufskriterien, im Einkaufsverhalten oder in Bezug auf Anforderungen an gute Werbung deutlich. Dies macht eine differenzierte Marktbearbeitung nach wie vor notwendig. Es bleibt dabei: Werbung, die im Westen wirkt, muss nicht auch automatisch im Osten ankommen."

Auch nach Online-Werbung hatte man gefragt. Darüber haben wir schon berichtet. Werbung ist ein weites Feld, auch weil ganze Armadas von PR-Agenturen unterwegs sind, um den ahnungslosen Passanten Namen und Flair eines Produkts ins Gehirn zu hämmern. Die große Botschaft: Kaufen, kaufen!

Irgendwie gibt es auch so eine Art Markenvertrauen, aber damit meinte MDR-Werbung nicht wirklich das wirkliche Vertrauen der Befragten in Ost und West in ein Produkt oder eine Firma. Eher doch so eine Art Bekanntheitsgrad der 2014 erstmals abgefragten Marken.

“Die Nennungen verteilen sich sehr breit. Es gibt also nicht DIE Marke, der die Deutschen in Ost und West vertrauen”, erklärt Sören Schiller, Geschäftsführer des Instituts für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung GmbH (IMK) in Erfurt. Und schildert so ungefähr die angefragte Palette. “Viele der 60 insgesamt abgefragten Ostmarken besitzen eine ausgeprägte Stärke im gesamten Osten. Hierzu zählen etwa Bautzner, Nudossi, Filinchen, Halloren und Fit.” Ein großer Teil der Marken sei nur in einem Bundesland stark und gegebenenfalls noch in angrenzenden Regionen. Dazu zählen unter anderem: Osterland, Viba, Schloß Wackerbarth, Born, Herzgut, Greußener, Heichelheimer und die abgefragten Mineralwässer.

MDR-Verkaufschef Reinhard Hild ergänzt: “Im Osten stehen mit Rotkäppchen, Bautzner und Spee drei heimische Marken ganz oben. Als gesamtdeutsche Marken mit großem Vertrauensbonus dürfen sich Dr. Oetker und Iglo feiern lassen.” Am meisten Vertrauen setzen die Deutschen in Ost und West in Käse- und Milchprodukte (jeweils 15 Prozent). Im Osten folgen dann Süßwaren (8 Prozent) und alkoholfreie Produkte (7 Prozent). Im Westen stehen Tiefkühl-Produkte (10 Prozent) noch vor den Süßwaren (7 Prozent).

Auch nach so einer Art Lieblingsessen der Deutschen hatte man gefragt: Auf dem sonntäglichen Mittagstisch landen in Ost und West am liebsten Kartoffeln, Geflügel und Kohlgemüse. Unterschiede beim Lieblingsessen werden vor allem auf regionaler Ebene deutlich. Neben dem Weißwurst-Äquator gibt es auch einen Knödel-Äquator: Denn Knödel und Klöße werden besonders gern in Bayern und Thüringen gegessen. Baden-Württemberger greifen eher zu Spätzle. In Mitteldeutschland ist Kohlgemüse deutlich weiter verbreitet, im Westen und Süden dagegen Fruchtgemüse (Tomate, Paprika, Kürbis).

Aber man hat auch versucht, das Einkaufsverhalten zu verifizieren, das sich in Ost wie West doch noch ein bisschen unterscheidet. Und die Ursache ist gar nicht erstaunlicherweise das liebe Geld. Während die Ostdeutschen deutlich häufiger Wocheneinkäufe in der Preislage bis 50 Euro (30 % gegenüber 24 % West) bzw. 51 bis 100 Euro (44 % gegenüber 40 % West) machen, machen Westdeutsche häufiger Familieneinkäufe für über 100, 150 bzw. 200 Euro als Ostdeutsche. Was durch die Preise im Supermarkt nicht begründet ist – die sind in der gesamten Bundesrepublik relativ gleich. Im Westen der Republik bleibt sichtlich mehr Geld zum Einkauf im Portemonnaie, was dann auch die Zahl der genutzten Einkaufsmärkte steigen lässt – “Im Osten ‘One-Stop-Shopping’ verbreiteter”, wertet IMK. Und verschiebt damit die Aussage schon. Ganz so, als wären die Käufer alle mit dem Auto unterwegs und würden eben nur mal kurz zum Shoppen anhalten, auch wenn in vielen (ostdeutschen) Haushalten mehr als ein Großeinkauf pro Woche nicht drin ist.

Was dann auch eine Erhebung zu “Einkauf zu besonderen Anlässen” in ein anders Licht stellt. Dass gerade Ostdeutsche zu besonderen Anlässen viele Produkte extra kaufen, werten die IMK-Erheber als Besonderheit, ohne den kleinen Befund besonders zu beachten, der da aus westdeutscher Sicht wichtig ist: “Ich kaufe immer dieselbe Qualität”, heißt der. Was die gefundene Aussage “Im Osten wird zu besonderen Anlässen häufiger höherwertig gekauft als im Westen” völlig in Frage stellt. Denn tatsächlich scheinen die Produkte, die die Ostdeutschen aus besonderen Anlässen extra Kaufen, im Wesen zum normalen Einkaufsstandard zu gehören. Die Ostdeutschen kaufen also nicht höherwertiger ein, sondern seltener höherwertig als die Westdeutschen. Was dann wohl auch erklärt, dass öfter Blumen- und Rotkohl auf dem Einkaufszettel steht als Tomate, Paprika und Kürbis.

Der Rest ist dann ein Spiel mit Markennamen und Namen von Einkaufsketten. Wobei selbst diese Aussage nur mit Vorsicht zu genießen ist: “Kaufland und die Discounter Lidl und Netto im Osten mit größter Relevanz, im Westen Aldi auf Top 1, zudem hier klassische Supermärkte stärker.” Denn in der Regel kann man sich den Einkaufsmarkt in der Nähe nicht aussuchen (es sei denn, man fährt ein gutes Stück, um einen Markt einer anderen Kette aufzusuchen).

Tatsächlich erzählt die starke Präsenz von Kaufland und Lidl nur davon, wie stark die Schwarz-Gruppe sich den ostdeutschen Markt schon angeeignet hat. Und auch Netto und Edeka (auf Rang 5 in der ostdeutsche Liste) gehören zu eine Gruppe – der Edeka-Gruppe.

Aber wer sich für das ganze Zahlenspiel interessiert, findet es hier:
www.mdr-werbung.de/ostperten/studien

Und hier:
www.mdr-werbung.de/fileadmin/Ablage/ostperten/studien/downloads/WOM-2014_WEB-VERSION_141020.pdf

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