Da hat Leipzig wohl die Sache ein wenig zu einfach genommen und nicht unbedingt mit einkalkuliert, was für ein logistischer Aufwand dahinter steckt, wenn man die kompletten LVB-Wartehäuschen samt Werbeflächen im Stadtgebiet einfach mal neu ausschreiben und womöglich einem neuen Betreiber anvertrauen oder gar selbst bespielen will. Jetzt empfiehlt eine Verwaltungsvorlage, dem alten Betreiber einen Vertrag bis 2019 zu geben.

Denn vorher würde Leipzig die Aufgabe nicht stemmen können. Das wurde spätestens in der Ratsversammlung im Februar klar, als nicht nur die möglichen Kosten für die Stadt thematisiert wurden, sondern auch die mögliche Lücke debattiert, die entsteht, wenn der bisherige Betreiber JCDecaux seine Möblierung einfach – wie angekündigt – zum Jahreswechsel abbaut, ohne dass die Stadt überhaupt schon den nötigen Aufbau einer eigenen Struktur umsetzen kann.

In der Ratsversammlung im April wurde dann schon mal angekündigt, dass eigentlich eine Vertragsverlängerung für den jetzigen Betreiber das Sinnvollste wäre. Und zwar für drei Jahre, die Leipzig dann selbst nutzen müsste, um zu klären, was die Stadt denn nun eigentlich selber will.

Bei den anderen Losen der Konzessionsausschreibung hat man die Probleme nicht. Bei Stadtuhren, Großwerbeflächen und Litfaßsäulen ist man mittlerweile recht klar darüber, wer hier zukünftig Werbung vermarkten darf.

Aber in allen Fällen hängt nicht diese gewaltige Umbaulogistik mit dran. Und immerhin wurde es Anfang der 1990er Jahre auch als ein geglückter Deal beschrieben, als man mit JCDecaux einen Anbieter fand, der binnen kurzer Zeit nicht nur Werbesäulen und Litfaßsäulen in den Stadtraum stellen konnte, sondern die LVB auch gleich mit 500 Haltestellenhäuschen im einheitlichen Design versorgen konnte.

Davon möchte die Stadt zwar gern Abstand nehmen. Aber im Hauruck-Verfahren wird das nicht gehen. Also soll OBM Burkhard Jung jetzt ganz offiziell beauftragt werden, bis zum 30. Juni den Vertrag mit JCDecaux „zu den gleichen Rechten und Pflichten für beide Seiten zu verlängern“, und zwar bis zum 30. Juni 2019.

Das wäre der notwendige Zeitpuffer, den die Stadt braucht, um ein paar Klärungen zu bewerkstelligen.

So hat man nun gelernt, dass Leipzig (oder möglicherweise ein neuer Konzessionär) selbst ein komplettes logistisches Vorbereitungsjahr ab Zuschlagserteilung brauchen, um den schnellen Umbau der Haltestellenlandschaft zu bewerkstelligen. Dazu kommen weitere zwölf Monate  Verfahrensdauer für eine EU-Ausschreibung, dem wiederum sechs Monate vorausgehen müssen, in denen Verwaltung und Stadtrat das gewollte Werbekonzept überprüfen und alle Randbedingungen bezüglich der Stadtmöblierung klären. Weitere drei Monate braucht der Stadtrat selbst bis zur möglichen Beschlussfassung.

Und diesmal möchte das Planungsdezernat nicht allein in der Schusslinie stehen, wenn es doch wieder zu unterschiedlichen Ansichten kommt. Deswegen soll jetzt ein neu zu bildendes Gremium des Stadtrates den Hut aufhaben, wenn es um die Frage geht, was letztlich in der europaweiten Ausschreibung stehen soll. Die bisherige „Leitungsgruppe Werbekonzession“ soll nicht weiter tätig sein.

„Das begleitende Gremium aus Stadträtinnen und Stadträten, welches im Rahmen des inzwischen beendeten Vergabeverfahrens die Verwaltung beraten und Empfehlungen für das weitere Vorgehen gegeben hatte (‚Leitungsgruppe Werbekonzession‘), sollte im Rahmen der Beschlussfassung zur Neuausschreibung neu definiert werden. Es wird daher vorgeschlagen, dass über die Entwicklung des neuen Ausschreibungskonzeptes bzw. Werbekonzeptes für die Leistungen aus dem bisherigen Los 1 bis zur Beschlussfassung vor der Sommer-Sitzungspause im Jahr 2017 regelmäßig im zuständigen Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau berichtet wird.“

Die Gruppe hätte dann ein Jahr Zeit, um ihr Wunschpaket zu schnüren. Vielleicht bekommt Leipzig dann sogar richtig hübsche Häuschen. Am 18. Mai müsste die Vorlage jetzt im Stadtrat zum Beschluss vorliegen.

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