Am 1. Juni 2016 hat die Bundesregierung den Entwurf zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) beschlossen. Und es ist wie so oft eine Verschlimmbesserung der eh schon inkonsistenten Energiepolitik der Bundesregierung. Auch diesmal werden weitere Kosten für die Energiewende auf die Verbraucher abgewälzt, auch wenn es im ersten Schritt die kommunalen Versorgungsunternehmen trifft.

Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) stellte dazu am 16. Juni fest, „dass bereits von kommunalen Netzbetreibern investiertes Kapital massiv abgewertet werden würde. Bundesweit würde das bei den Verteilnetzbetreibern zu einem Verlust von 450 Millionen Euro führen – pro Jahr!“

Und auch Norbert Menke, der Sprecher der Geschäftsführung der Leipziger Stadtholding verliert jetzt so langsam die Geduld mit einer Politik, die immer wieder die kommunalen Unternehmen trifft. In diesem Fall als Netzbetreiber: Deutschlandweit verantworten sie ein Verteilnetz von 690.000 Kilometern.

„In diese Stromnetze speisen 97 Prozent der erneuerbaren Energien ein. Sie sind damit eine elementare Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende“, sagt Dr. Norbert Menke, Vorsitzender der VKU Landesgruppe Sachsen und Geschäftsführer der Leipziger Stadtholding. „Damit die Integration von Sonnen- und Windenergie gelingt, müssen die Verteilnetze kurz- bis mittelfristig mit erheblichen finanziellem Aufwand modernisiert, ausgebaut und digitalisiert werden.“

Der am 1. Juni 2016 beschlossene Entwurf der Anreizregulierungsverordnung soll nun regeln, dass in den nächsten Jahren die notwendigen milliardenschweren Investitionen in die Verteilnetze ausgelöst werden können. Aber irgendwie haben wieder lauter Bürokraten mitgeschrieben an dem Papierwerk, das wirtschaftlich nicht funktionieren kann. Vielleicht waren es auch ausgebildete Betriebswirtschaftler, die im Studium nur die Stichworte „Kostensenkung“ und „Effizienzsteigerung“ gelernt haben.

„Mit den vorliegenden Plänen passiert aber immer noch genau das Gegenteil“, stellt denn auch Menke fest. Mit der Ausgestaltung der Novelle würde der Gesetzgeber bereits getätigte Investitionen entwerten und durch kürzere Regulierungsperioden und härtere Effizienzvorgaben den Kostensenkungsdruck für Verteilnetzbetreiber weiter verschärfen. „Die neu hinzugekommenen Verschlechterungen der Regulierungsbedingungen wirken als Investitionsbremse und behindern die Umsetzung der Energiewende und die Digitalisierung der Netzinfrastruktur“, erläutert Menke.

Es ist die alte Strategie des „immer billiger“, mit der die Bundesregierung am Ende die Kosten der Energiewende auf Bürger und Kommunen abwälzt, den regionalen Netzbetreibern aber die Luft zum Atmen nimmt.

„Die Bundesregierung verkennt die Bedeutung der Verteilnetze für die Energiewende und die Tatsache, dass nur wirtschaftlich gesunde Netzgesellschaften deren Herausforderungen stemmen können“, betont Menke und zeigt sich überzeugt, dass so das politische Ziel, die dezentrale Energiewende, kaum erreichbar ist.

Nach Zahlen der Bundesnetzagentur würden die Pläne der Bundesregierung bundesweit bei den Verteilnetzbetreibern zu einem Verlust von 450 Millionen Euro pro Jahr führen. Verluste bei den kommunalen Stadtwerken aber bedeuten eben auch Verluste für die Bürger.

„Die Bundesregierung kann nicht ernsthaft wollen, kommunales Vermögen in solchen Größenordnungen zu entwerten“, sagt Menke. „Wir brauchen einen modernen Regulierungsrahmen. Dieser muss Anreize bieten, um schnell, effizient und wirtschaftlich vertretbar in die Modernisierung, den Neu- und Ausbau und in die Digitalisierung von Verteilnetzen zu investieren.  Bei dem beschlossenen Verordnungsentwurf müssen zentrale Elemente substanziell nachgebessert werden“, fordert der Vorsitzende der VKU Landesgruppe Sachsen. Nur dann wären die Netzbetreiber in der Lage, ihren Beitrag zur Optimierung der Netzinfrastrukturen zu leisten.

Noch deutlicher wurde Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des VKU. Für die anstehenden Beratungen im Bundesrat fordert der VKU die Bundesländer auf, den von der Bundesregierung vorgelegten Verordnungsentwurf zu ändern. „Der Vertrauens- und Bestandsschutz für getätigte Investitionen in die Energiewende muss gewährleistet bleiben“, betonte Reiche. „Zudem sind die verschärften Kostensenkungsvorgaben für Netzbetreiber nicht realistisch zu erreichen.“

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