Leipzig wird von großen Immobiliengesellschaften entwickelt. Und zwar in großem Maßstab, so, wie es die GC Gruppe am Dienstag, 14. Februar mit einer kleinen Meldung anschaulich machte. Die Leipziger kennen den Immobilienentwickler aktuell vor allem von großen Projekten an der Prager Straße, im Grafischen Viertel und demnächst auch am Ostplatz. Aber haben Sie schon einmal von den Kunst- und Gewerbehöfen gehört?

„Seit zehn Jahren revitalisiert die CG Gruppe ein rund 180.000 Quadratmeter umfassendes Areal in Leipzig mit historischen Kunst- und Gewerbehöfen“, hatte der Immobilienentwickler am Dienstag, 14. Februar, gemeldet. „Die Umwandlung der ehemaligen Industriebrachen in einen modernen Gewerbestandort mit einer ausgewogenen Nutzungsvielfalt wird projektweise durchgeführt. Von der Bestandsmietfläche mit 110.000 Quadratmeter wurden bereits 80.000 Quadratmeter aufwendig saniert. Darüber hinaus wurden etwa 10.000 Quadratmeter Neubaufläche geschaffen. Das Gesamtinvestitionsvolumen seit Projektbeginn liegt bei etwa 90 Millionen Euro.“

Das ist eine Menge Holz. Aber wo passiert das? Die Bleichert-Werke in Gohlis, wo die CG Gruppe ebenfall aktiv ist, sind es auch nicht.

Man landet in einem ganz anderen Areal der Stadt, einem, das lange Jahre eher als Dornröschenreich galt. Auch deshalb, weil die Stadt selbst sich hier im ehemaligen Plagwitzer Industrierevier nur einige wenige Geländestücke sicherte – sichtbar an der Weißenfelser Straße mit Garage und BIC. Schon gegenüber auf dem Jahrtausendfeld an der Karl-Heine-Straße konnte die Stadt ihre Chance nicht nutzen, sich im aufstrebenden Leipziger Westen die nötigen Flächen für wichtige Infrastrukturen zu sichern, obwohl fast der komplette alte Industriestandort im Lauf der Jahre zum Verkauf stand.

Natürlich kommt irgendwann der Tag, an dem sich Leipzigs Verwaltung den Vorwurf gefallen lassen muss, warum sie nie strategisch gedacht und gehandelt hat, als das noch möglich war. In westdeutschen Kommunen hätten sich die Oberbürgermeister gefreut, wenn sie jemals die Chance gehabt hätten, derart große Entwicklungsareale mitten im Stadtgebiet zu sichern – und das auch noch zu jahrelang günstigen Konditionen. Doch selbst als die Preise in Leipzig anzogen, galt im Leipziger Rathaus noch die Devise: Was verkauft werden kann, wird verkauft. Niemand bremste, niemand sprach ein Machtwort und warf den Handschuh für Leipzigs Zukunft in den Ring.

Saniertes Objekt im Quartier C der Kunst- und Gewerbehöfe in der Markranstädter Straße. Foto: CG-Gruppe
Saniertes Objekt im Quartier C der Kunst- und Gewerbehöfe in der Markranstädter Straße. Foto: CG-Gruppe

Die Chance ließen sich die höchst aufmerksamen Immobilienentwickler mit ihren reich gefüllten Börsen natürlich nicht entgehen. Sie lesen Tages- und Immobilienzeitungen genau, spüren jeden leichten Wind, der ihnen sagt, dass in den angebotenen Portfolios – etwa der einstigen Treuhand Liegenschaftsgesellschaft oder der Deutschen Bahn, die in Leipzig ebenfalls riesige Areale verkaufte – ein Entwicklungspotenzial steckt. Vielleicht nicht kurzfristig. Denn als das Leipziger Wachstum im Jahr 2000 erst zaghaft begann, war noch nicht absehbar, welche Dimensionen es einmal annehmen würde – und ob es nicht durch kluge Politik wieder gebremst würde.

Aber kluge Politik war in Sachsen nicht zu spüren. Kein Konzept zur Eindämmung des immer stärkeren Auseinanderdriftens von Land und Großstadt. Im Ergebnis bieten sich jetzt auch und gerade im Leipziger Westen erstaunliche Entwicklungsmöglichkeiten, stellt die CG Gruppe fest.

Die Kunst- und Gewerbehöfe liegen in Plagwitz. Sie umfassen vier im Grunde riesige Areale – zum Beispiel an der Karl-Heine-Straße, wo derzeit die Diskussion im das Westwerk brodelt. Aber das ist eine andere Geschichte, auch wenn sie dazugehört. Denn dadurch, dass die Stadt sich nicht nur hier im Osten derart auffällig zurückgehalten hat (und jetzt lauthals über fehlende Flächen für soziale Infrastrukturen jammert), hat sie sich selbst der Gestaltungsräume benommen.

Es sind also die Privaten, die jetzt zeigen, was man aus solchen Transformationsgebieten macht.

Und in Plagwitz bedeutet das aus Sicht der CG Gruppe: „Das Projekt ist ein Mix aus unterschiedlichsten Mietern und Nutzungsbereichen, wie Gastronomie, Kunst und Kultur, Handel und Dienstleistung, Sport und Freizeit, Bildung oder Handwerk. Entsprechend finden sich auf dem entwickelten Areal sowohl Einzelhändler als auch mittelständische Unternehmen, Büros-, Klein- und Großgewerbe, Büroeinrichtungen oder Fitness- und Unterhaltungsbetriebe.“

Und das Konzept geht nach zehn Jahren Arbeit auch auf.

Die gestiegene Attraktivität des Komplexes zeige sich nicht zuletzt an den bereits erfolgreich getätigten Ansiedlungen, betont das Immobilienunternehmen: „So hat sich im Quartier A vor einiger Zeit die Sage HR Solutions AG niedergelassen und entwickelt hier Software für das Personalmanagement. Quartier C wird dominiert vom toom-Baumarkt, bietet allerdings noch Potential für weitere Gewerbeansiedlungen. Weitere Mieter sind unter anderem die REWE Group, die Penny Markt GmbH, JUMP House Leipzig GmbH oder die Energy2market GmbH. Dabei vereint das Projekt Mieter aus unterschiedlichsten Mietpreisbereichen von günstigen Atelierflächen für Studenten bis hochwerten Büroflächen für Unternehmen.“

Quartier C ist das Gewerbegebiet zwischen Gießerstraße, Limburger Straße, Wachsmuthstraße und Markranstädter Straße

Das ganze Areal besteht aus vier Quartieren (A, B, C und D). Wobei A das Gebiet südlich der Karl-Heine-Straße ist, B das Gebiet zwischen Markranstädter und Naumburger Straße und D das Areal direkt an der Zschocherschen Straße.

Aktuell konzentriert sich die CG Gruppe auf die Verdichtung und Neubaumaßnahmen im Quartier A an der Karl-Heine-Straße zwischen Gießerstraße und S-Bahnhof Plagwitz. Hier wird derzeit ein Projektvolumen von etwa 70 Millionen Euro eingesetzt. Hierbei sollen unter anderem moderne hochwertige Büroflächen sowie ein Parkhaus mit rund 580 Stellplätzen geschaffen werden, teilt das Unternehmen mit. Zusätzlich soll die Sanierung und Revitalisierung weiterer Bestandsobjekte im Quartier A und B bis zum dritten Quartal 2019 erfolgen. Hierfür wird ein Projektvolumen von etwa 10 Millionen Euro veranschlagt.

Die Geschäftstätigkeit der CG Gruppe konzentriert sich auf ausgesuchte Lagen in Berlin, Leipzig und Dresden sowie Frankfurt/Main, Köln, Düsseldorf und Hamburg. In den nächsten fünf Jahren plant das Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von ca. 4,7 Milliarden Euro.

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Es gibt 2 Kommentare

Ich bin etwas verwirrt, wenn im Artikel im gleichen Atemzug vom Leipziger Osten und Plagwitz gesprochen wird!?

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