Monatsende ist auch immer Zeit für neue Arbeitslosenzahlen. Und das Juli-Ende bedeutet jedes Jahr auch einen kleinen Sprung in der Arbeitslosenzahl. Denn dann melden sich viele junge Leute nach Ende ihrer Ausbildung erst einmal beim Amt. Die meisten kommen dann im Lauf des Herbstes in einen neuen Job. Das steht sogar fest, denn für Juli meldet die Arbeitsagentur eine neue Höchstzahl freier Stellen.

Ob es besonders tolle Stellen sind, weiß man natürlich nicht. Aber 6.985 stehen für das Juli-Ende auf der Anzeige. Seit 2013 wächst die Zahl der als frei gemeldeten Stellen kontinuierlich. Bis dahin waren stets weniger als 3.000 freie Stellen gemeldet.

Was natürlich den leichten Anstieg der Arbeitslosenzahl zum Juli-Ende relativiert.

Der Anstieg im Vergleich zum Juni betrug bei den Unter-20-Jährigen 157 auf 575 und bei den Unter-25-Jährigen 407 auf 2.313, teilt die Arbeitsagentur Leipzig mit.

Was dann vor allem der Grund dafür war, dass die offizielle Arbeitslosenzahl wieder leicht stieg: Insgesamt waren Ende Juli in der Stadt Leipzig 23.386 Menschen, 617 mehr als im Juni, bei der Arbeitsagentur und dem Jobcenter arbeitslos gemeldet. Im Rechtskreis SGB III betrug der Anstieg 467 und im Rechtskreis SGB II 150. Im Vergleich zum Juli 2016 sank die Arbeitslosigkeit hingegen. Und zwar deutlich: Der Rückgang lag bei 2.823.

Und dass die Arbeitslosenzahl leicht anstieg, hat auch damit zu tun, dass die Arbeitsagentur zunehmend die Verantwortung für jene Menschen übernimmt, die als Flüchtlinge nach Leipzig kamen und nun so langsam die wichtigsten Sprach- und Qualifizierungskurse hinter sich haben. Um eine selbstständige Existenz aufzubauen, brauchen sie jetzt natürlich einen Broterwerb.

Die Frage ist nur: Hat Leipzig die für sie passenden Jobangebote?

4.469 Ausländer sind mittlerweile als arbeitslos registriert, 180 mehr als im Juni.

Dass der Beschäftigungsaufbau in Leipzig weitergeht, zeigt die jüngste Zahl für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Leipzig. Die liegt immer mit Verzögerung vor. Jetzt gab es die Zahl für Dezember 2016. Und da gab es 261.153 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Leipzig, 7.690 oder 3,0 Prozent mehr gegenüber Vorjahresquartal.

Und mittlerweile ist das Angebot der freien Stellen recht breit: 1.788 Stellen werden in Rohstoffgewinnung und Fertigung (also im großen Bereich Industrie) angeboten, 1.369 Stellen im Bereich Verkehr, Logistik, Sicherheit (neben Kraftfahrern und Logistikern also zunehmend Leute im Wachschutz), und so langsam wächst auch der gemeldete Bedarf im Bereich Gesundheit, Soziales, Erziehung (also von der Pflegekraft bis zur Erzieherin), wo 911 Stellen als frei gemeldet wurden.

Nach wie vor setzen aber die meisten Unternehmen auf die Zwischenschaltung einer Zeitarbeitsfirma bei der Bewerbersuche: 3.301 Jobs werden über so eine Firma angeboten.

Lehrstellensituation im Juli. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Lehrstellensituation im Juli. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Dass nun im Sommer die Zahl der arbeitslos Gemeldeten stieg, besorgt den Chef der Leipziger Arbeitsagentur nicht wirklich.

„Diese Entwicklung bei den jungen Leuten beobachten wir jedes Jahr im Juli und August. Die Ursache dafür ist, dass ein Teil der frischgebackenen Ausbildungsabsolventen nicht in ein Arbeitsverhältnis durch den Ausbildungsbetrieb übernommen wird. Das aber ist eine gute Gelegenheit für andere Unternehmen, diese jungen Fachkräfte schnell einzustellen. Zu diesem vorübergehenden Anstieg der Arbeitslosigkeit tragen noch die Schulabgänger, die auf den Ausbildung- oder Studienbeginn warten und sich für die Übergangszeit arbeitslos melden, bei. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Saisoneffekt bis September wieder ausgeglichen hat. Der Arbeitsmarkt in Leipzig bleibt weiterhin auf einem positiven Wachstumspfad“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, Steffen Leonhardi.

Beruhigen wird ihn auch die Entwicklung im Jobcenter. Denn wenn es dort keinen weiteren Nachschub an Menschen gibt, die man nicht in Arbeit vermitteln kann, schmilzt der Berg derjenigen, die jahrelang in Bedarfsgemeinschaften gezählt wurden, langsam ab.

Auf – na ja – natürliche Weise. Zum Beispiel so: Bei den Lebensälteren, in der Altersgruppe ab 50 Jahren, fiel die Arbeitslosigkeit um 160 auf 6.406 Personen (Vorjahr: 7.284). Drei Viertel von Ihnen verschwanden Richtung „Ruhestand“.

Aber gerade weil der Arbeitsmarkt derzeit so hohe Nachfrage generiert, rutschen deutlich weniger Menschen in „Hartz IV“. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften wird also weiter abschmelzen

Die aktuellen Zahlen: Im Rechtskreis SGB II waren 16.340 Menschen im Jobcenter Leipzig arbeitslos registriert. Das waren 150 mehr als im Juni 2017. In Leipzig gab es im Juli 38.853 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 131 weniger als im Vormonat und 1.643 weniger als im Juli des Vorjahres.

Und während die jungen Leute sich erst einmal zur Vermittlung anmelden, flattern der Arbeitsagentur immer mehr Stellenangebote ins Haus: Beim Zugang an offenen Arbeitsstellen verzeichnete die Arbeitsagentur Leipzig im Juli einen weiteren Anstieg gegenüber dem Vormonat. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 2.330 freie Stellen, das waren 186 mehr als im davor liegenden Monat und 163 mehr als vor einem Jahr, zur Besetzung gemeldet. Man merkt schon, wie der Bedarf wächst – gerade da, wo man Fachpersonal braucht.

Mit einer „signifikanten Reduzierung der Arbeitslosigkeit“ kann Leonhardi im Herbst also durchaus rechnen. Nur mit einem nicht: Dass er die wachsenden Engpässe bei gesuchtem Fachpersonal gelöst bekommt. Das Thema wird noch heiß.

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Es gibt 2 Kommentare

Es stimmt schon in “deren Birne”. Es gibt allerdings keinen Fachkräftemangel.
Auszubildende werden nicht übernommen. Mitarbeiter unzureichend, wenn nicht rechtswidrig bezahlt. Tarifverträge sind die Ausnahme, denn die Regel.

Der vermeintliche Fachkräftemangel soll schlicht Druck erzeugen, um mittels hinzutretender Arbeitsplatzsuchender den Druck weiter hoch zu halten. Mehr nicht.

Warum bilden Firmen Lehrlinge aus und übernehmen diese nicht? Das ist abartig und nicht nachzuvollziehen! Dann wird auf hohem Niveau über Fachkräftemangel gejammert. Manchmal könnte man denken, bei denen stimmts nicht mehr in der Birne!

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