Ob es die 27.252 Fans auf Facebook am Ende interessieren wird, wem sie da nachlaufen, werden die kommenden Tage zeigen. Seit dem heutigen 9. Januar 2019 jedenfalls ist klar, dass ab und zu auch der Verfassungsschutz Sachsen öfter mal reinschauen und sich deutlich mehr als bislang für Wortmeldungen und Parolen auf der Seite und in der Realität von „Pro Chemnitz“ interessieren wird. Seit Ende 2018 ist für die Schlapphüte klar, das die Bewegung, welche seit dem 26. August 2018 zu mehreren Demonstrationen in der Erzgebirgsstadt aufrief, als rechtsextremistische Gruppierung zu beobachten ist.

Und bereits beobachtet wird. Denn schon bis Ende des vergangenen Jahres hat das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen eine Vorprüfung der um den Chemnitzer Stadtrat Martin Kohlmann gebildeten Gruppierung laufen gehabt, welche am heutigen Tag in erste Einschätzungen mündete. „Angehörige von „Pro Chemnitz“ haben seit dem Tötungsdelikt in Chemnitz Ende August erkennbar rechtsextremistische Inhalte verbreitet. Hierbei rechtfertigten sie rechtsextremistische Propaganda- und Gewaltdelikte und versuchen seitdem, diese als legitim darzustellen“, teilt der Inlandsdienst mit.Weiter heißt es: „Die Hauptprotagonisten von „Pro Chemnitz“ sind selbst tief in der rechtsextremistischen Szene verwurzelt und teilweise dort schon langjährig aktiv. Sie unterstützten dort unter anderem langjährige Holocaustleugner. Außerdem beteiligten sie sich an der Organisation einer der bundesweit bedeutsamsten rechtsextremistischen Kampfsportveranstaltungen im Jahre 2018.“

Bürgerstreife geplant

Und „Pro Chemnitz“ ist bereits mit Vorhaben ins Jahr 2019 gestartet, welche sicher auch der Polizei nicht gefallen dürften. So heißt es seit dem 2. Januar 2019 auf der eigenen Facebookseite unter anderem: „Wir haben oft von der Notwendigkeit gesprochen, selbst etwas für die Sicherheit in unseren Städten zu tun. Das wird nun konkret mit den ersten Schulungen für die Bürgerstreife. Weitere Infos folgen.“

Ob es so weit kommt, dass hier erneut rechtsextreme Kräfte, wie einst bereits die NPD es versuchte, im öffentlichen Raum polizeiähnliche Aufgaben übernehmen, werden die Behörden sicher im Auge behalten.

Denn weiterhin begründet der Verfassungsschutz sein Beobachtungsvorhaben der etwa 15 Personen starken Kerngruppe mit Anhaltspunkten „für ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen (…), die wesentliche Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (zu) bekämpfen. Hierzu zählen insbesondere die Garantie der Menschenwürde, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, der Gleichheitsgrundsatz, die Gewaltenteilung und das Gewaltmonopol des Staates als unabdingbare Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben der Menschen.“

Dabei „rechtfertigten sie rechtsextremistische Propaganda- und Gewaltdelikte und versuchen seitdem, diese als legitim darzustellen.“ Den Schlusspunkt setzt dabei seitens des Landesamtes ein Satz, der aufhorchen lässt. Denn „unter dem Deckmantel der Kritik an der Asylpolitik“ sei es das Bestreben der Gruppe, „rechtsextremistisches Gedankengut in weite Teile der Gesellschaft zu tragen.“

Zumindest indirekt könnte dieses Vorgehen auch auf die Aktivitäten der AfD abstrahlen. Nicht ganz zufällig war es am 1. September 2018 zu einem gemeinsamen Schweigemarsch mit „Pro Chemnitz“ und Vertretern von PEGIDA gekommen. Ein Tag, an dem die gesamte rechte Straßenbewegung Sachsens sich unter anderem hinter dem Thüringer AfD-Vormann Björn Höcke einfand und durch Chemnitz laufen wollte. Ende 2018 wurde bekannt, dass nun auch Sachsens Behörden Unterlagen für eine Gesamtprüfung der Verfassungsfeindlichkeit der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz beigetragen haben.

Von „Pro Chemnitz“ ist noch keine Wortmeldung zum Vorgang bekannt geworden. Hier bereitet man sich nach eigener Auskunft auch auf die Kommunalwahl am 26. Mai 2019 vor. Ein Wahlkampf nun unter Beobachtung der Behörden.

Zur Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen

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