Dubiose Schlüsseldienste haben in den vergangenen Jahren für jede Menge Frust und Ärger gesorgt. Wer seinen Schlüssel verlegt oder verloren hat, braucht aber meist einen Schlüsseldienst, um wieder in die Wohnung zu gelangen. Aber wer dann bei der Schnellsuche den Erstbesten nahm, fiel oft auf einen echten Geldschneider herein. Verbraucherzentrale und Polizei versuchen nun, gemeinsam etwas gegen die Abzocke zu tun.

Drei Ziele hat sich ihre gemeinsame Initiative gesetzt, die sich am Freitag, 14. September, vorstellte: Verbraucher stärken, Rechte durchsetzen und seriöse Wirtschaft fördern.

Gegründet wurde die „Initiative gegen Abzocke“ am Freitag in Dresden. Mit dabei sind nicht nur die Polizei und das Landeskriminalamt Sachsen, sondern auch die Rechtsanwaltskammer und die Verbraucherzentrale Sachsen. Schirmherr der Initiative ist der Sächsische Justizminister Sebastian Gemkow.

Egal ob verlockende Gratisangebote, enorme Schnäppchenpreise, teure Partneragenturen, dubiose Polsterreinigungen oder zwielichtige Handwerker: Abzocker tummeln sich in vielen Branchen und nehmen Kunden mit fragwürdigen Geschäftspraktiken hunderte oder tausende Euro ab. „Ich begrüße das Engagement der Initiative gegen Abzocke als wichtigen Beitrag zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger und werde dieses Vorhaben unterstützen“, erklärt der Sächsische Justizminister Sebastian Gemkow.

Knapp 700 Beschwerden zu Abzocker-Schlüsseldiensten

Eine Branche nimmt die Initiative gleich zu Beginn unter die Lupe: Dubiose Schlüsseldienste. Dass sie ein massives Problem sind, zeigen die Beratungszahlen der Verbraucherzentrale Sachsen. Seit 2016 haben Sachsens Verbraucherschützer knapp 700 Betroffene rechtlich beraten, die mit unseriösen Schlüsseldiensten zu kämpfen haben. „Wir kennen viele Fälle, in denen es nicht um Peanuts, sondern um Wucherpreise geht. Wenn 1.000 oder sogar 2.000 Euro für eine Türöffnung gezahlt werden, frage ich mich, wie derart dreiste Betrüger noch ruhig schlafen können“, so Andreas Eichhorst, Vorstand der Verbraucherzentrale Sachsen.

Positive Urteile sind oft nicht vollstreckbar

Neben Präventionsmaßnahmen, einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit zum Thema und acht Klageverfahren, die die Verbraucherzentrale Sachsen gegen unseriöse Schlüsseldienstanbieter führte, nimmt die Zahl der Beschwerden weiterhin zu. Das gezahlte Geld wiederzubekommen ist eine Mammutaufgabe. Obwohl die Klageverfahren erfolgreich waren, ist es oft unmöglich, die Urteile zu vollstrecken. „Oft scheitert es, weil der Anbieter angibt, vermögenslos zu sein oder unauffindbar wegzieht“, so Andreas Eichhorst. „Aufgeben ist aber nicht unsere Stärke. Unsere Berufung ist es, Verbraucherrechte durchzusetzen und ihre Interessen zu vertreten. Deswegen haben wir die Initiative mit starken Partnern gegründet. Und wir werden weitere gewinnen, um noch schlagkräftiger zu werden und Abzockern das Handwerk zu legen.“

Abzocker-Liste der Verbraucherzentrale Sachsen

Ein Anfang ist die Abzocker-Liste, die von der Verbraucherzentrale Sachsen erstellt wurde und in deren Verantwortungsbereich liegt: Sie umfasst jene Anbieter, die man lieber großräumig umschiffen sollte. Ein Anbieter kommt dann auf die Liste, wenn der Verbraucherzentrale Sachsen mindestens 10 dokumentierte Fälle vorliegen, bei denen zumindest knapp doppelt so viel wie ortsüblich abgerechnet wurde oder wenigstens ein erwirktes Gerichtsurteil infolge eines sittenwidrigen wucherähnlichen Rechtsgeschäfts vorliegt. Die Abzocker-Liste ist online unter der Website der Verbraucherzentrale Sachsen unter www.verbraucherzentrale-sachsen.de/initiative-gegen-abzocke verfügbar.

Betroffene sollten unbedingt Strafanzeige stellen

Auch die Menge an Anzeigen bei der Polizei ist für eine effektive Strafverfolgung entscheidend. „Haben Sie keine Scheu, derartige Fälle zur Anzeige zu bringen“, erklärt Staatsminister Gemkow. „Nur so können Betrugsdelikte und zugrunde liegende Strukturen ans Tageslicht gebracht und die Täter zur Verantwortung gezogen werden.“ Das Vorgehen der Schlüsseldienste kann in vielerlei Hinsicht strafrechtlich relevant sein. Es kommen Delikte wie Wucher, Betrug oder Steuerhinterziehung in Betracht.

Thema hält Einzug in die polizeiliche Beratungspraxis

„Umso wichtiger ist es, dass die Betroffenen den Sachverhalt bei der Anzeigenstellung so ausführlich wie möglich darstellen“, erklärt Dirk Möller, Leiter des Sachgebietes Polizeiliche Beratung und Opferschutz beim Landeskriminalamt Sachsen. Die sächsische Polizei registrierte im Jahr 2017 knapp 350 Fälle im Sachzusammenhang. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Betroffenen oft die überhöhten Kosten unseriöser Schlüsseldienste hinnehmen und sich nicht bewusst sind, Opfer einer Straftat geworden zu sein.

„Wir werden im Rahmen der polizeilichen Prävention und unseren Aktionen zum Thema Einbruchschutz über die Vorgehensweisen der Schlüsseldienste aufklären, die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung verbessern und damit das Dunkelfeld erhellen“, so Möller.

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