Die Fraktion Die Linke im Stadtrat Leipzig stellte am14. September in der Ratsversammlung einen Antrag zur Abstimmung, der den Mitarbeiter/-innen der Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH in eine tarifliche Bezahlung ermöglichen soll. Was schon verblüfft – aber die Gesellschaft, die sich um die touristische Vermarktung der Stadt kümmert, hat tatsächlich noch keinen Tarifvertrag.

Die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH vermarktet im Auftrag der Stadt den gesamten Tourismusbereich der Stadt Leipzig. Mit einem Bruttoumsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro (2019) und einem Beschäftigungseffekt von rund 42.000 Arbeitsplätzen ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt. Fast 30 % aller Übernachtungen im Freistaat Sachsen fielen 2019 auf die Stadt und Region Leipzig.

Laut Beteiligungsbericht 2020 arbeiten bei der LTM GmbH 51 Beschäftigte oder umgerechnet 43,8 Vollzeitstellen. Diese Mitarbeiter/-innen sind zum Teil seit vielen Jahren in der Firma beschäftigt. Sie sind Spezialist/-innen in ihren Arbeitsfeldern und leisten eine engagierte und erfolgreiche Arbeit.

Dazu erklärt Marianne Küng-Vildebrand, Sprecherin für Wirtschaft und Beschäftigung in der Linksfraktion: „Gute Arbeit braucht gute Bezahlung, es ist dringend nötig, den 51 Beschäftigten der LTM GmbH, die ihnen entgehenden Lohnzahlungen von jährlich 275.000 Euro zukommen zu lassen. Es ist in der Verantwortung der Stadt Leipzig, diesbezüglich Ordnung zu schaffen. Die Stadt Leipzig ist zusammen mit dem Land Sachsen der größte Geldgeber der LTM GmbH. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, einzugreifen und zu handeln, die steigenden Energiekosten gehen auch an den Mitarbeiter:innen nicht vorbei!“

Tarifvertrag kann nicht einfach verordnet werden

Am 14. September brachte sie den Antrag der Linksfraktion auch in der Ratsversammlung ein, obgleich die Fraktion mit ihrem Antrag ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen war.

Denn der Stadtrat kann dem LTM nicht einfach einen Tarifvertrag auferlegen, auch wenn OBM Burkhard Jung Vorsitzender des Trägervereins der LTM ist.

Also lehnte das Amt für Wirtschaftsförderung, das die Stellungnahme für die Verwaltung schrieb, den ersten Antragspunkt der Linksfraktion grundsätzlich ab. Der lautete: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Leipzig Tourist Service e. V. (LTS) darauf hinzuwirken, die Leipzig Tourismus und Marketing Gesellschaft mbH (LTM) zeitnah zum Abschluss eines an einen allgemeingültigen Tarifvertrag angelehnten Tarifvertrags mit ihren Beschäftigten oder zur Übernahme eines den Aufgabenbereichen der LTM entsprechenden allgemeingültigen Tarifvertrags zu bewegen.“

Es könnte für die Stadt ein bisschen teurer werden

Das sah Marianne Küng-Vildebrand auch ein und zog diesen Antragspunkt zurück, übernahm aber die beiden anderen Punkte in der Formulierung der Verwaltung. Was freilich nur die Übernahme eines Punktes war.

Denn den zweiten Abstimmungspunkt hatte die Verwaltung aus dem Linke-Antrag übernommen: „Der Oberbürgermeister wird ferner beauftragt, im Leipzig Tourist Service e. V. eine Prüfung ins Werk zu setzen, welcher Tarifvertrag aufgrund der Aufgabenbereiche der LTM und der Qualifikationen der Beschäftigten für die LTM Anwendung findet und welche zusätzlichen Kosten bei Übernahme eines solchen Tarifvertrags durch die LTM zu berücksichtigen wären.“

Da steckt eben noch nicht die Einführung eines Tarifvertrages drin, sondern erst einmal nur die Prüfung. Denn wenn ein Tarifvertrag für die 51 Beschäftigten bedeutet, dass sich der finanzielle Aufwand des LTM deutlich erhöht und nicht gedeckt ist, wird wohl eine Vorlage für den Stadtrat fällig, die fehlende Summe bereitzustellen.

Auch die Sorge um eine gute Bezahlung in so einer Marketinggesellschaft hat Folgen. Nicht alles kann sie aus Eigenmitteln finanzieren.

Aber die Stadt hat mit ihrer Stellungnahme die Prüfung zugesagt. Und im dritten Abstimmungspunkt versprach sie auch, schon zeitnah zu berichten: „Der Oberbürgermeister berichtet der Ratsversammlung im 4. Quartal 2022 über den Entwicklungsstand des Vergütungsmodells in der Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH.“

Machtlos ist die Stadt nicht – auch bei Tarifen

Das Amt für Wirtschaftsförderung betonte an dieser Stelle auch noch einmal: „Ein direktes Weisungsrecht gegenüber der LTM GmbH besteht für die Stadt Leipzig nicht. Die Stadt prüft jedoch, ob die Vergabe von Zuwendungen der Tourismusförderung mit der Auflage verbunden werden kann, sich dem Vergütungsniveau des TVöD anzunähern. Alternativ wäre eine freiwillige Selbstverpflichtung der LTM GmbH gegenüber der Stadt denkbar. Voraussetzung hierfür wäre nach Auskunft des LTM ein entsprechender Vorstandsbeschluss des Gesellschafters LTS e. V.“

Der LTS ist der Trägerverein, der über die Aufgabenerfüllung der LTM wacht. Dort müsste beschlossen werden, ob es Tarifverträge gibt oder die Gehälter bei der LTM anderweitig angehoben werden.

Da die Stadt aber der Hauptgeldgeber für die LTM ist, hat sie tatsächlich über ihre Zuwendungen eine nicht unbeträchtliche Steuerungsmöglichkeit. Da ist schon erstaunlich, dass das bislang nie genutzt wurde. Gerade, weil in Leipzig und all seinen Kommunalbetrieben und städtischen Beteiligungen seit Jahren über Tarifbezahlung diskutiert wird.

Das Anliegen der Linksfraktion jedenfalls traf am 14. September auf große Zustimmung. Die Mehrheit der anwesenden Ratsmitglieder stimmte für die beiden verbliebenen Antragspunkte, nur neun stimmten dagegen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar