Der Karlsgraben war das bedeutendste Bauprojekt des Frühmittelalters zur Querung der Europäischen Hauptwasserscheide zwischen Rhein und Donau. Der Kanal, im Jahr 793 errichtet auf Initiative Karls des Großen, bildet bis in die Neuzeit den einzigen Versuch, das Einzugsgebiet des Rheins mit dem der Donau auf schiffbarem Weg zu verbinden. Bisher lagen aber keine gesicherten Erkenntnisse zu seiner Funktionsweise vor. Ein echtes Rätsel für die Forscher.

Geographen der Universität Leipzig haben den Karlsgraben nun zusammen mit Kollegen aus Jena, München und Osnabrück mithilfe archäologisch-historischer und geoarchäologischer Methoden untersucht. Sie können nun nachweisen, dass die Konstruktion mindestens 2.300 Meter lang und als Scheitelkanal konzipiert war. Mit einer Wassertiefe von 60 bis 80 Zentimetern und einer Breite von fünf bis sechs Metern war das Bauwerk ausreichend dimensioniert für die Passage damaliger Frachtschiffe und tonnenschwerer Güter.

Und als Frachtwasserstraße war der Kanal wohl auch gedacht. Erst wenige Jahre zuvor hatte Karl der Große die starken Bayernherzöge in die Knie gezwungen und Bayern seinem Riesenreich komplett einverleibt. Und damit hatte er auch die wichtige Wasserscheide in seiner Regie und konnte das Grabenprojekt anweisen. Die Reste des Grabens findet man heute beim Ort Graben, einem Ortsteil von Treuchtlingen.

Ihre Ergebnisse haben die Forscher jetzt in der hochrangigen Online-Fachzeitschrift “Plos One” veröffentlicht. Die interessierte Öffentlichkeit kann sich davon derzeit in München ein Bild machen: Bis zum 10. Oktober ist dort die Ausstellung “Großbaustelle 793. Das Kanalprojekt Karls des Großen zwischen Rhein und Donau” zu sehen. Sie befindet sich im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, das gemeinsam mit den Universitäten Leipzig, Jena und Osnabrück sowie dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien in Jena an den Forschungsarbeiten beteiligt ist.

“Unsere Voruntersuchungen hatten in den vergangenen Jahren bereits gezeigt, dass viele der bislang publizierten Hypothesen neu zu bewerten sind”, sagt Christoph Zielhofer, Professor für Physische Geographie an der Universität Leipzig. “Unser Ziel war es nun, das wasserbauliche Konzept des Karlsgrabens zu rekonstruieren. Dazu haben wir den Kanal, dessen Sohle heute metertief unter der Erde liegt, mit 60 Rammkernbohrungen sondiert.” Der Verlauf und die rekonstruierte Grabensohle des karolingerzeitlichen Kanals berücksichtigen deutlich die hydrogeologischen Ausgangsbedingungen. Die Kanalbaumeister der Zeit Karls des Großen haben also die natürlichen Potenziale der Wasserzuführung geschickt genutzt.Tonige Verfüllungen der Grabensohle und die zahlreichen Vorkommen von Faulschlämmen beweisen laut der Leipziger Geographin Eva Leitholdt, dass der Kanal über mehrere Jahrhunderte in weiten Bereichen tatsächlich mit Wasser gefüllt war.

“Die Niveaus und Datierungen der rekonstruierten Grabensohle belegen die frühmittelalterliche Anlage abgestufter Staubecken”, sagt Professor Zielhofer. “Wir haben es definitiv mit einem ausgeklügelten hydrologischen Konzept zu tun. Unter anderem können wir nun nachweisen, dass die wasserbaulichen Pioniere des Frühmittelalters die Wasserscheide künstlich verlagert haben, um die Scheitelhöhe des Kanals mit ausreichend Wasser versorgen zu können.”

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die frühmittelalterliche Tiefe der nun in weiten Bereichen bekannten Kanalsohle für ein funktionierendes Bauwerk zur Überquerung der natürlichen Wasserscheide ausreichte. Bei einer Frage müssen die Forscher aber weiterhin passen: Ob jemals Schiffe auf dem Kanal fuhren, bleibt unklar. Auch ist der eigentliche Anschluss des Kanals an die Altmühl und damit an den frühmittelalterlich schiffbaren Donauraum bisher noch nicht gefunden worden.

Quelle: Uni Leipzig

www.uni-leipzig.de/geographie

Zum Forschungsprojekt: www.uni-leipzig.de/geographie/phygeo/forschung/forschung-fossa-carolina/

Ausstellung “Großbaustelle 793” im Bayerischen Amt für Denkmalpflege: www.blfd.bayern.de/presse_publikationen/00177/index.php

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