Richtig Wellen machen die Kürzungen an den sächsischen Hochschulen erst, seit bekannt wurde, dass die Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig geschlossen wird. Dass die Stellen abgebaut werden müssen, ist jedoch schon seit dem Jahr 2010 bekannt, als die Landesregierung den Beschluss fasste. Thomas Lenk, Prorektor für Entwicklung und Transfer, spricht im Interview mit L-IZ.de darüber, wie er versucht zu retten, was zu retten ist.

In der vergangenen Woche wurden alle Dekane, die Fachbereichsleiter der Universität, ins Rektorat gebeten. Was wurde besprochen?

Wir haben noch keine Zahlen genannt aber den Dekanen klar gemacht, dass der Stellenabbau passiert. In Kürze wird jeder Dekan zu einem Einzelgespräch gebeten, auch das haben wir in der Runde angekündigt.

Wie planen Sie die Kürzungen derzeit?

Nach den bisherigen Planungen müssen wir davon ausgehen, dass wir bis 2020 mindestens 172 Stellen benennen müssen. Über die Abbau-Vorgaben haben wir ein dreiviertel Jahr gebrütet, müssen nun aber in den Einzelgesprächen schauen, wie die mittelfristige Planung durchzuführen ist. Ohne die Dekane und ihre Einsichten in die Fakultäten können wir das nicht machen.

Wie wird es denn um die Uni bestellt sein, wenn die Streichpläne, welche bis zum Jahr 2020 vorgesehen sind, umgesetzt werden?

Wenn es in dem Umfange kommt, wie wir befürchten müssen, dann reden wir sachsenweit von mehr als 700 Stellen, für uns wären das weit über 100. Und damit sind noch nicht jene gemeint, die wir brauchen, um Aufgaben zu erfüllen, die uns zusätzlich auferlegt wurden, wie zum Beispiel weitere Verbesserungen in der Qualitätssicherung und die neue Hochschulsteuerung. Um ein Gefühl dafür zu vermitteln, was das bedeutet: Selbst wenn wir dann eine Fakultät wie die Sportwissenschaft streichen würden: Reichen würde das nicht. Da müsste man rein rechnerisch noch die Theologie und die Wirtschaftswissenschaften hinzunehmen. Die Genannten dienen mir dabei lediglich als Beispiel, sie verfügen zusammen über nicht ganz 200 Haushaltsstellen.

Warum haben Sie als Beispiel die Theologie und die Sportwissenschaft gewählt und nicht die Medizin und die Physik?

Weil bei der Theologie klar ist, dass das überhaupt politisch nur zu machen wäre, wenn ein Kirchenstaatsvertrag gekündigt würde. Da kann ich keine Kürzungsgedanken hegen. Die Sportwissenschaft ist mit einem Zukunftskonzept aufgestellt, das entsprechend politisch gestärkt wurde. Ebenfalls kein ernsthaftes Kürzungskandidat. Es geht mir nur darum, das Ausmaß zu verdeutlichen.

Auch in anderen Bereichen ist es doch so: Eine ganze Reihe von Rahmenbedingungen sorgt dafür, dass der Spielraum de facto nicht da ist. In der Biologie haben wir beispielsweise einen Leuchtturm mit dem Deutschen Zentrum für Biodiversitätsforschung. Bei den Juristen sind wir auch die einzigen, die in Sachsen zum Staatsexamen ausbilden. Ich könnte mit vielen weiteren Beispielen fortfahren. Wir hoffen, dass wir als Volluniversität weiter existieren können. Alles andere wäre katastrophal.

Heißt das, wenn die Kürzungen kommen, wird Leipzig keine Volluniversität mehr haben?

Was immer man unter Volluniversität versteht.

Im nächsten Jahr steht zudem eine Evaluierung des Stellenabbaus an. Was hat es damit auf sich?

Das ist die große Frage, um die hinter den Kulissen viel gerätselt wird. Noch stehen nicht einmal die Kriterien dieser Evaluation fest. Solange der Landtagsbeschluss Bestand hat, dürfte es bei der Evaluation am Ende wohl nur um die konkrete Verteilung der abzubauenden Stellen auf die einzelnen Hochschulen gehen.

Was wünschen Sie dem Institut für Theaterwissenschaft an der Uni Leipzig?

Ich wünsche dem Institut für Theaterwissenschaft und allen anderen auch, dass die Abbauvorgaben der Landesregierung zurückgenommen werden.

Präsentation von Prorektor Lenk zur Entwicklungsplanung der sächsischen Hochschulen:
www.uni-leipzig.de/pdf/pm_2014-022-Paradigmenwechsel.pdf

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar