Es gibt mehrere Stellen im am Donnerstag, 23. Oktober, vorgestellten Koalitionsvertrag von CDU und SPD, in denen sichtbar wird, dass der SPD dann doch ein paar Prozente fehlten im Wahlergebnis, um der CDU wirklich Paroli bieten zu können. Das wurde auch beim Thema Hochschulen sichtbar, wo sich die SPD unübersehbar an einer verbohrten CDU-Haltung die Zähne ausbiss. Selbst Kompromisse sehen anders aus.

In den Festlegungen für den Bereich “Hochschule und Wissenschaft” heißt es im Koalitionsvertrag unter anderem, dass die künftige Koalition auf “den geplanten Stellenabbau von 754 Stellen ab 2017” verzichten werde, wenn sich die Hochschulen und der Freistaat bis Ende 2016 auf eine “Hochschulentwicklungsplanung 2025” verständigen können.

Hierzu erklärte Prof. Dr. Beate Schücking, Rektorin der Universität Leipzig und Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, in einer ersten Reaktion am Donnerstag: “Ich freue mich, dass die künftige Koalition die Bedeutung der Hochschulen für das Land deutlich hervorgehoben hat. Nun ist absehbar, dass der schmerzliche Stellenabbau, den wir aktuell zu bewältigen haben, ab 2017 zu einem Ende kommt. Ein für die Hochschulen sehr bedrohliches Szenario gehört damit wohl der Vergangenheit an. Das ist ein gutes Signal, ebenso wie die erklärte Bereitschaft, eine langfristige Zuschussvereinbarung mit den Hochschulen abzuschließen. Natürlich bleibt abzuwarten, wie die Sätze der Koalitionsvereinbarung mit Leben gefüllt und wie die Vereinbarungen über die Hochschulentwicklung am Ende aussehen werden. Wir werden auf jeden Fall gerne in einen konstruktiven Dialog mit der Regierung zur künftigen Struktur der Hochschullandschaft treten.”

Die Skepsis ist wohl mehr als berechtigt. Denn nicht nur soll der Stellenabbau bis 2016 weitergehen, obwohl schon die verkündeten Stellenstreichungen der letzten drei Jahren gerade an der Universität Leipzig tief in die Substanz eingriffen, auch die Nötigung zu neuen Zielvereinbarungen verheißt nichts Gutes. Auch die Grünen hatten das in einer ersten Stellungnahme festgestellt – von einer nachhaltigen Hochschulfinanzierung findet sich im Koalitionsvertrag kein Wort.

Auch der Student_innenRat (StuRa) der Universität Leipzig prangert an, dass sich nicht zu einer Rücknahme des gesamten Stellenabbaus durchgerungen wurde.

“Es ist schön, dass die Zuschüsse für die Studierendenwerke erhöht werden sollen. Leider steht in den Sternen, auf welches Niveau dies geschieht. Aus diesem Grund fordern wir die Verdopplung des Zuschusses an die Studierendenwerke auf mindestens 11,8 Millionen Euro jährlich. Nur mit dieser Summe kann verhindert werden, dass in den kommenden Jahren die Semesterbeiträge angehoben werden”, erklärt Kai Zaschel, Referent für Hochschulpolitik des StuRa der Universität Leipzig.

Kai Zaschel führt fort: “Die zentrale Forderung, nach der Rücknahme der Stellenkürzungen wurde nicht komplett erfüllt. Es ist schön, dass der Kürzungswahn ab 2017 in Sicht ist, aber bis dahin wird weiterhin gekürzt. Einige Institute an der Universität Leipzig, sowie die dazu gehörigen Studiengänge, sind nach wie vor von Schließungen bedroht. Diese Beschneidung ist und bleibt für uns inakzeptabel!”

Bei etwa 113.000 Studierenden in Sachsen und steigender Nachfrage, bedauert der StuRa, dass die zukünftige Landesregierung die Studierendenzahl langfristig auf 95.000 senken will. Bereits die Schätzungen über den Rückgang der Studierendenzahlen aus den letzten Jahren trafen nicht zu.

“Außerdem ist nicht zu erkennen, dass sich die Koalitionspartei klar gegen Studiengebühren positionieren. ‘Wir stehen weiterhin für ein gebührenfreies Studium ein’, bedeutet nicht, dass die Möglichkeit von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer zurückgenommen wird. Es ist gut, dass der Zugang zu Bildung weiterhin kostenfrei bleiben soll. Nur damit ist der Verbleib im Studium nicht eingeschlossen. Deshalb fordern wir weiterhin die Rücknahme der Langzeitstudiengebühren”, fordert Kai Zaschel.

www.stura.uni-leipzig.de
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