Wegen eines Beitrags zu den Praktiken der Immobilienfirma „United Capital RE GmbH“ steht die ehrenamtlich produzierte Leipziger Hochschulzeitung „luhze“ vor Gericht. Vor Prozessbeginn gab es einen Wechsel in der Geschäftsführung des Unternehmens. Der Fall sorgt mittlerweile für viel Aufmerksamkeit. Am Freitag, 21. Januar, treffen sich die beiden Parteien vor der Pressekammer des Landgerichtes Leipzig. Mehrere Passagen sollen aus dem Text entfernt werden.

„United Capital RE GmbH kauft in unserem Haus Wohnungen auf, bringt scheinbar die alten Mieter/-innen dazu, auszuziehen, und vermietet dann zimmerweise für 18 Euro warm pro Quadratmeter. Aus Drei- werden Vierzimmerwohnungen gemacht.”, lautete es Ende letzten Jahres auf dem Instagram-Account von Mieter/-innen der Harnackstraße 10 in Leipzig.Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in Leipzig ist hoch. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen Mieter/-innen, Eigentümer/-innen oder Immobilienspekulant/-innen. Dass Mieter/-innen sich organisieren, an die Öffentlichkeit treten und daraus ein Politikum wird, ist nichts Neues.

Anfragen im Stadtrat

Inzwischen gab es aus dem Leipziger Stadtrat eine Anfrage an die Stadtverwaltung unter dem Titel „Engagement und Praxis der United Capital RE GmbH in Leipzig“. Aus der Antwort der Stadtverwaltung geht zumindest hervor, dass die Verwaltung in zwei Fällen Verstöße gegen erhaltungs- oder baurechtliche Vorschriften prüft.

Neben der Leipziger Zeitung (LZ) und dem Stadtmagazin „kreuzer“ berichtete auch die ehrenamtlich und teilweise spendenfinanzierte Hochschulzeitung „luhze“ über den Fall. Doch statt Weihnachtsfrieden bekam die Zeitung eine auf den 23. Dezember datierte Abmahnung. Man sähe das Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt, ließ United Capital mitteilen.

„United Capital bestreitet die Aussagen der von uns zitierten Mieter/-innen. […] Aber statt die Vorwürfe durch Aufklärung zu beseitigen, legt man uns die zitierten Aussagen als eigene in den Mund”, lautet es in einer Pressemitteilung von „luhze“. Ob United Capital nun meint, die Hochschulzeitung hätte Aussagen von Mieter/innen frei erfunden oder Mieter/innen hätten sich Sachverhalte ausgedacht und die Hochschulzeitung sie ungeprüft veröffentlicht, ist bislang ungewiss.

Fest steht, insgesamt fünf Passagen mahnt das Immobilienunternehmen über eine Berliner Rechtsanwaltskanzlei ab und setzt die Strafe im Wiederholungsfall der aus ihrer Sicht mindestens teilweisen Falschbehauptungen bei 250.000 Euro an. Dabei geht es nahezu ausschließlich um Passagen im Beitrag der Hochschulzeitung, in welchen Mieter des Hauses indirekt oder direkt zitiert werden.

Der Hebel der Juristen: die sogenannte „Zueigenmachung“ der Aussagen durch die Zeitung. Eine Sichtweise, die „luhze“ bestreitet. Dabei geht es um eine Art Graubereich, welchen Juristen auch schon gegen die Leipziger Zeitung versuchten in Stellung zu bringen. Weist eine Zeitung nach Ansicht einer kritisierten Person oder eines Unternehmens nicht ausreichend darauf hin, dass es sich bei indirekten Zitaten um die Sichtweise eines Dritten handelt, könnte die Behauptung der Redaktion zugerechnet werden.

Nicht selten ist jedoch genau dieser Vorwurf ein Versuch, Kritik zum Schweigen zu bringen und so die Presse in der freien Berichterstattung zu maßregeln.

Beitrag verbreitet sich

„United Capital fordert von uns, die betroffenen Passagen aus dem Artikel zu nehmen und deren Verbreitung zu stoppen”, heißt es weiter. Das Ansinnen ging bislang nach hinten los. Inzwischen hat der Beitrag weite Verbreitung gefunden. Und die öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich nun noch stärker auf die „United Capital RE GmbH“.

United Capital sucht … Ein alter Insta-Beitrag, Screen: instagram.com/unitedcapital_re

Vor allem spezielle Kaufinteressen von United Capital unter dem Slogan „Wir kaufen Wohnimmobilien!“ scheinen dabei interessant. So suchte die Firma in der Vergangenheit gern auch mal „Problemobjekte mit schwierigen Mietern, Renovierungsbedarf oder ähnliches“, wie ein Instagram-Beitrag bis heute zeigt.

Laut aktuellem Impressum des Unternehmens fungiert Kevin Rader als Geschäftsführer und Sven Schwarzat als Prokurist. Laut dem Wirtschaftinformationsdienst „North Data“ rückte Kevin Rader jedoch in den Hintergrund und Sven Schwarzat führt seit 4. Januar die Geschäfte. Ob der Wechsel etwas mit dem aktuellen Fall zu tun hat und ob der  Geschäftsführer es tatsächlich zur öffentlichen Verhandlung kommen lässt – das bleibt offen.

Eine dazugehörige Presseanfrage für die LZ wurde bislang nicht beantwortet.

Dafür gibt es bereits eine weitere Anfrage aus dem Stadtrat an die Verwaltung. Der Titel ist dieses Mal etwas deutlicher: „Mieter/-innenfeindliches Geschäftsgebahren der United Capital RE“. Stoff für unterhaltsame Geschichten bieten die Protagonist/-innen samt einer großen Zahl an weiteren Kapitalgesellschaften allemal. So mancher fühlt sich bereits an Barbra Streisand erinnert.

Für die Verhandlung am 21. Januar wird vom „Solidaritätsnetzwerk Leipzig“ inzwischen zu einer Kundgebung, um 10 Uhr auf dem Simsonplatz, aufgerufen.

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