Der Sommer 2021 läuft entspannt – zumindest was die Infektionslage in Deutschland betrifft. Doch bleibt es auch so oder droht im Herbst die vierte Welle? In Sachsen jedenfalls schwindet der Ansturm auf freie Impftermine, obwohl die Pandemie noch nicht besiegt ist. Schon ab Juli soll daher eine Immunisierung gegen COVID-19 auch ohne Termin möglich sein. In Leipzig wurden indes neue Stolpersteine verlegt, die an verfolgte NS-Opfer erinnern. Außerdem: 12 Wochen vor der richtungsweisenden Bundestagswahl 2021 sieht sich die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, Vorwürfen ausgesetzt, sie habe bei ihrem jüngsten Sachbuch abgeschrieben. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 29. Juni 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Die Pandemie ist noch nicht vorüber – auch in Deutschland

Das Erfreuliche vorab: Die COVID-19-Inzidenz in Leipzig und Sachsen bewegt sich weiter auf niedrigem Niveau. Im gesamten Freistaat ist sie mit Stand Dienstagmittag gerade einmal bei 3, in Leipzig bei 4, seit gestern wurden 31 Neuinfektionen registriert. Schon seit einiger Zeit ist auf die Straßen und Plätze weitgehend jenes Leben zurückgekehrt, wie wir es aus den Zeiten vor der im Frühjahr 2020 ausgebrochenen Pandemie kannten – auch wenn noch niemand abschätzen kann, wie es mittel- und langfristig weitergeht: Wird alles überhaupt wieder wie vorher, oder bleibt es auf Dauer ganz anders?

Fakt ist leider auch – und das ist der unerfreuliche Teil – dass sich die Zahl ungenutzter Impftermine gegen das Virus in Sachsen und anderswo in Deutschland häuft. Der große Ansturm auf die freien Kapazitäten hat mit Fortschritt der Immunisierungskampagne offenbar an Fahrt verloren.

Das könnte sich noch als fatal erweisen, weil nur eine ausreichend große Zahl komplett geimpfter Menschen die Chance bietet, dass es zu einer Herdenimmunität kommt – oder künftige Ausbrüche von COVID-19 wenigstens lokal so weit begrenzt bleiben, dass nicht mehr das ganze Land in einen neuen Lockdown muss. Im Freistaat Sachsen haben bisher erst knapp 35 % zwei Spritzen verabreicht bekommen – zu wenig für dieses ambitionierte Ziel.

Ab Freitag geht’s auch ohne Termin

Sachsen, leider übrigens auch bundesweites Schlusslicht bei der Impfquote, fährt daher nun eine neue Strategie: Von Freitag an dürfen Menschen auch ohne vereinbarten Termin ins Impfzentrum gehen (ausgenommen der Standort Grimma, der Ende Juli schließt und keine Termine mehr frei hat). Jeweils ab 14 Uhr soll eine Immunisierung möglich sein, vorerst mit AstraZeneca, ab kommender Woche sollen spontane Besucher dann auch Biontech und Moderna verabreicht bekommen. Zur Vermeidung langer Wartezeiten wird die Vereinbarung eines Termins dennoch weiter empfohlen.

Neue Stolpersteine wurden in Leipzig eingebaut

Juden, Sinti und Roma, politische Abweichler, Andersdenkende, Homosexuelle, Behinderte – die Liste von Menschen, die unter dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland zwischen 1933 und 1945 verfolgt, ausgegrenzt, drangsaliert, eingesperrt und ermordet wurden, ist lang. Schon 2005 hatte der Leipziger Stadtrat einen Beschluss zur Erinnerung an Opfer der NS-Gewaltherrschaft verabschiedet.

Mit den „Stolpersteinen“ wird auf das Schicksal von Menschen aufmerksam gemacht, die einst mitten unter uns wohnten – und dann abgeholt und verschleppt wurden, weil sie den Machthabern nicht in die ideologische Gesinnung passten. Viele kamen nie wieder.

Im Rahmen der Jüdischen Woche wurden am Dienstag insgesamt 13 neue Stolpersteine verlegt. Das „Archiv Bürgerbewegung Leipzig“ als Koordinatorin der verschiedenen Arbeitsgruppen bietet hier Detailinformationen.

Video: LZ

Plagiatsvorwürfe: Wird Annalena Baerbock demontiert?

Jung, charismatisch und voller Ideen – Annalena Baerbock scheint vielen Wählerinnen und Wählern in Deutschland als Symbol eines Neuanfangs, den dieses Land nach 16 Jahren unter Angela Merkel und mit einem Berg an Herausforderungen nötig hat. Doch nun droht der grünen Kanzlerkandidatin neues Unheil. Ein „Plagiatsjäger“ aus Österreich wirft der 40-Jährigen eine Verletzung von Urheberrechten vor.

Konkreter Streitgegenstand ist keine Doktorarbeit, sondern Baerbocks jüngstes Werk „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ vom Juni dieses Jahres. Auf 240 Seiten vermischt die grüne Spitzenpolitikerin hier persönliche Einblicke mit ihrer politischen Programmatik.

Zwar gelten für ein solches Sachbuch nicht die strengen Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens wie etwa für eine Dissertation, räumt Medienwissenschaftler Stefan Weber auf seinem Blog ein, zudem werden in Baerbocks neuestem Werk keine Quellen angegeben. Beides würde jedoch keine Legitimation für „schwerwiegende Textplagiate“ rechtfertigen.

Weber moniert ungefähr ein Dutzend Passagen im Buch, in denen Baerbock etwa auf den Klimawandel oder die EU-Osterweiterung eingeht und die von Dritten übernommen worden sein sollen.

Grüne schießen scharf zurück: „Versuch von Rufmord“

Die Grünen haben die Vorwürfe inzwischen scharf zurückgewiesen. Wahlkampf-Sprecher Andreas Kappler sprach von einem „Versuch von Rufmord“ und verwies dazu auf die Einschätzung des eingeschalteten Medienrechts-Anwalts Christian Schertz. Dieser könne „nicht im Ansatz“ eine Urheberrechtsverletzung erkennen, da nur politische Ansichten und allgemein bekannte Fakten im Fokus des Plagiatssuchers stünden.

Ebenso, wie Nachrichten nicht urheberrechtsschutzfähig seien, gelte dies auch für historische Tatsachen und allgemein bekannte Erkenntnisse zu Ökologie und Umwelt, diese seien Public Domain. „Es ist offenbar der Versuch einer Kampagne zum Nachteil von Frau Baerbock“, wird der Medienrechtler zitiert.

Nachdem sich Baerbock jüngst gegen Vorwürfe zur Wehr setzen musste, ihren Lebenslauf frisiert zu haben, steht nun ein anderer Verdacht im Raum. Sicher muss dieser sorgfältig geprüft werden. Es dürfte aber auch feststehen, dass konservative Kreise sich schon jetzt die Hände reiben und die Chance zur Demontage des grünen Erneuerungsversprechens gekommen sehen. Ob Baerbock politisch Schaden nehmen wird? Die Bundestagswahl ist in 12 Wochen – und passieren kann noch viel.

Worüber die LZ heute berichtet hat: Volker Beiser, der auf der „Bürgerbewegung Leipzig“ gern seine Zukunftsvisionen ans Volk – oder einen kleinen Teil davon – mitteilt, ist wieder einmal sauer und hatte diesmal auch eine klare Drohung an die Gegner im Gepäck.

In Leipzig und Sachsen startet die Förderung für Lastenfahrräder, während unser Redakteur Ralf Julke sich mit dem nächsten Leipziger Schulbauprojekt, dem Ratsholzdeich im südlichen Auwald, dem einstigen Rittergut Großzschocher und den verfitzten Wendungen einer ostdeutschen Biographie befasst.

Was heute sonst noch wichtig war: In Thüringen hat ein Mafia-Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufgenommen – ein Novum. Dabei geht es im Kern um den Verdacht von Kontakten der italienischen ‘Ndrangheta zu Politik, Verwaltung und Justiz. Bekannt ist, dass Angehörige des Organisierten Verbrechens nach 1989/90 auch Ostdeutschland als attraktives Betätigungsfeld für sich entdeckt hatten.

Nach dem tödlichen Messerangriff eines jungen Somaliers vom vergangenen Freitag in Würzburg verdichten sich die Hinweise auf ein islamistisches Tatmotiv. Zudem ist eine Diskussion um den Umgang mit traumatisierten Geflüchteten entbrannt, die neue Gewaltexzesse verhindern könnte.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar