Das Sammeln scheint in der Natur des Menschen zu liegen. Ein Phänomen das durchaus Gesellschafts- und Generationen übergreifend ist. Beispiel dafür ist der Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel Bach. Zeitlebens war der zweite Spross des berühmten Thomaskantors ein leidenschaftlicher Sammler von Musikerporträts. 52 Werke aus dieser Sammlung sind von heute bis zum 11. Dezember in einer Kabinettausstellung im Bach-Museum zu bewundern.

Das erste öffentliche Zeugnis über die umfangreiche Sammlung Bachs stammt von dem englichen Musikhistoriker Charles Burney, der Bach 1772 in Hamburg besuchte: “Den Augenblick, da ich ins Haus trat, führte er mich die Treppe hinauf in ein schönes, großes Musikzimmer, welches mit mehr als hundertfünfzig Bildnissen von großen Tonkünstlern, teils gemalt, teils in Kupfer gestochen, ausgeziert war. Ich fand darunter viele Engländer und unter anderen auch ein paar Originalgemälde von seinem Vater und Großvater.”

Bis zu Bachs Tod im Jahre 1778 wuchs die Sammlung, über die in Norddeutschland in den 1780er Jahren immer wieder berichtet wurde, auf nahezu 400 Porträts an. Sie hatte eine hohe Ausstrahlung auf Bachs Zeitgenossen und Bewunderer und löste eine wahre “Sammelleidenschaft” unter ihnen aus. Der vielleicht hingebungsvollste Sammler unter diesen Nachahmern war Ernst Ludwig Gerber, dessen Porträtsammlung zur Grundlage seines musikbiographischen “Lexicon der Tonkünstler” (1790-1792) wurde. Doch woher diese Sammelwut? Eine Antwort darauf versucht Prof. Annette Richards zu geben.

Sie ist Musikwissenschaftlerin an der Cornell Universität in Ithaca, New York und hält sich als Kuratorin der Sammlung zu einem Wissenschaftsjahr in Deutschland auf: “Das Sammeln von Bildern beziehungsweise von Porträts war zur damaligen Zeit eine Angelegenheit, die hohes gesellschaftliches Ansehen versprach. Nur wohlhabende Menschen von gesellschaftlichem Rang konnten sich so etwas leisten. Ich kann mir gut vorstellen, wie Carl-Philipp-Emanuel Bach in seinem Musikzimmer saß und und sich beim Betrachtender Gemälde, Kupferstiche und anderen Kunstwerke inspirieren ließ.”Nicht alle Kunstwerke waren in guten Zustand bevor sie den Weg in die Ausstellung fanden. Prof. Annette Richards: “Manche hatten Wasserflecken, andere waren total zerknittert oder wiesen teilweise Risse auf, waren verblasst. Die Restauratoren haben wirklich erstaunliche Arbeit geleistet, so dass wir jetzt 52 Bilder der Sammlung von Carl-Philipp-Emanuel Bach in all ihrer Schönheit betrachten können.”

Bei der Sammlung fällt auf, dass sie eine große Bandbreite aufweist, was die Dargestellten betrifft. Vertreten waren Porträts von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten sowie von Kollegen seines Vaters, von Dichtern und Philosophen der Gegenwart und Vergangenheit, von Musiktheoretikern, Wissenschaftlern, mythischen Figuren, Königen und Kaisern.

Die Bildnis-Sammlung gewährt damit einen einzigartigen Blick in Bachs Kenntnis der zeitgenössischen und historischen Musik und ist zugleich Ausdruck des langen kulturellen Erbes der Musikerfamilie Carl-Philipp-Emanuel Bach. Der Bach-Sohn investierte viele Kosten und Mühen in den Aufbau der Sammlung und nach dabei die Hilfe von Freunden, Kollegen und Geschäftspartnern in Anspruch. Prof. Richards:

“Carl-Philipp-Emanuel Bachs Sammlung an Bildnissen liefert wertvolle Informationen über Bachs weit gefassten Freundes- und Bekanntenkreis. Sie verdeutlicht überdies, welch wichtige Rolle die Kunst, ihre Reproduktion und die Sammeltätigkeit für die pflege seiner sozialen, intellektuellen und Künstlerischen Netzwerke und für die Musikkultur seiner Zeit spielte.”

Bach-Archiv Leipzig mit dem Bachmuseum Online
www.bach-leipzig.de

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