Julius Späte ist ein Tausendsassa, er verlegt Bücher im Sternensammler-Verlag, er schreibt und liest selber, er singt zur Gitarre und er veranstaltet. Sein nächster Streich folgt nun am Freitag, den 13ten: eine hohe Runde Literatur, nur irgendwie ohne Titel und ohne Wiederbefahren tiefgeschürfter Spuren. Volly Tanner fragte schon mal vor.

Shalom Herr Späte. Schön, Sie mal kurz zum Gespräch zu treffen – auch damit ich selbst mal auf dem Laufenden bin. Am Freitag, den 13. April gibt es im Neuen Schauspiel Leipzig den Beginn von etwas ganz Großem, so tickt’s im Gebälk – “Lesung: Ohne Titel Nr. 13” was wird dies denn? Die X-te Lesebühne der Stadt, der nächste ausgenudelte Versuch Jungspundlyrik zu propagieren?

Ganz im Gegenteil. Es wird keine neue Lesebühne. Wir haben sogar auf einen Namen für die Veranstaltung verzichtet, denn das, was wir auf der Bühne gestalten, steht monstermäßig für sich allein. Wir müssen nichts schön reden, wir müssen nichts verstecken und wir müssen uns nicht propagieren. Wir battlen uns auch nicht auf der Bühne, wie bei einem Slam, sondern es gibt einfach die volle Bandbreite Literatur und Musik und Worttanzparty und Phrasenjonglierereien. Allein just for fun und zur Unterhaltung für das Publikum.

Also kein Slam & keine Lesebühne. Mir fällt ein Berg von der Pumpe. Wird es wenigstens unterhaltsam? Oder sind’s nur die schönen Frauen auf der Bühne, die das Haus füllen sollen. Ach ja – soll das Haus überhaupt voll werden? Oder ist dies egal?

Selbstverständlich soll die Hütte voll werden. Wir würden bestimmt auch so unseren Spaß haben, aber mit dem Publikum zusammen, wird es noch besser. Da wir alle ganz unterschiedliche Charaktere sind, reicht die Bandbreite der Texte auch von nachdenklich über melancholisch zu sarkastisch und lustig, aber unterhaltsam wird es auf alle Fälle. Also, wie ein Besuch auf der Kleinmesse. Wir bieten ein Potpourri aus Emotionen, eine Berg-und-Tal-Bahn und einen verbalen Schießstand. Und wenn Sie ordentlichen trinken, Herr Tanner, ist auch für die Kotzmühle gesorgt. (lacht). Schöne Frauen haben wir natürlich auch in petto, aber nur für welche, die Schönheit in Verbindung mit Köpfchen anziehend finden, denn die Mädels haben wirklich was auf dem Kasten.
Sie selber lyrikeln ja auch so vor sich hin, verlegend sammeln Sie Sterne im Sternensammler Verlag und die Gitarre wissen Sie auch zu zupfen. Das ganze Paket zum Schlüpferstürmen eigentlich. Klappt’s mit der holden Weiblichkeit? Glauben Sie, dass Freitag, der 13te der richtige Termin für den Durchbruch ist und wie halten Sie es mit der Konjunktur?

Zu der holden Weiblichkeit kann ich nur sagen, dass ich nicht so auf Schlüpfer stehe. Die möchte ich auch nicht stürmen. Schöne Dessous sind da schon was anderes. Und ich hoffe doch darauf, dass den Mädels auf der Bühne die Boxershorts zufliegen und uns Kerlen die Dessous. Und wir wollen am Freitag, den 13ten, auch hoffentlich nicht irgendwo durchbrechen. Das wäre für das NSL nicht so klasse und die gesamte Versicherungsbürokratie danach wieder. Also bleiben wir lieber auf dem Boden der Tatsachen und da ist Freitag, der 13te, genau das richtige Datum. Ein schöner Tritt in den Popo des Aberglaubens. Und eine Konjunktur? Eine Konjunktur haben wir doch nicht. Es ist alles toll in unserem wunderbaren Leipzig, wenn man den Worten vom OBM glauben kann, was ich ja bezweifeln würde. Eine Frau an der Spitze dieser Stadt wäre mal das Richtige, aber das ist eine andere Geschichte.

Heute frage ich Sie ja ganz schön wilde Sachen, Herr Späte, fällt mir gerade auf. Wollen Sie einfach mal zurück fragen? Tun Sie es doch einfach! Bahn frei! Kartoffelbrei.

Super! Da brennt mir glatt eine Frage die Nagelhaut weg. Warum interessieren Sie sich für mein Sexleben? Muss ich mir Sorgen machen, dass es mit Anfang 40 abflaut und man sich dann nur noch für das Sexleben anderer interessieren kann?
Ach, Herr Späte – da müssen Sie sich keine Sorgen machen. Bleiben Sie einfach am Ball und rund bleiben die Kurven. Nun aber weiter mit meinen Fragen, Ihr Pulver scheint ja noch nicht verschossen: Ich muss da am 13. April ja auch mit ran. Das ist schon in Ordnung, ich mag das NSL und wohne da ja auch gleich. Was ist aber meine Aufgabe da? Trinken? Witzigsein? Intelligent mit Papier wedeln?

Das ist ganz Ihnen überlassen, Herr Tanner. Als Godfather der Leipziger Underground-Poetry-Szene kramen wir Sie an dem Tag aus dem Fundus des NSL hervor, drücken Ihnen ein Mikro in die Hand und Sie können uns Geschichten von besseren Tagen erzählen. Außerdem erinnern Sie uns daran, warum wir die Veranstaltung machen: Der Spaß am Schreiben und dem Entertainment für die Gäste. Wir stecken keine Fahnen auf die halbe Strecke des Hochkulturberges und behaupten wir wären an der Spitze angelangt.

In der Villa in der Lessingsstraße 7 betreiben Sie mit Maria & Laura (beide auch am 13. April mit auf der Bühne) eine Schreibwerkstatt für junge Poetisten. Funztst? Macht’s Spaß? Wie ist die Beteiligung?

Es macht monstermäßig Spaß. Schon seit drei Jahren. Wir sind ja auch jetzt nicht mehr die Schreibwerkstatt, sondern die PoetryFactory. Im Villakeller. Wir machen auch kein Lehrer-Schüler-Ding draus. Egal wie alt die Teilnehmer sind, uns verbindet in erster Linie der Spaß am Schreiben und wir lernen immer voneinander. So langsam könnte aber eine neue Generation nachwachsen und noch mehr zu uns kommen. Dann wird es noch lustiger. Im Gegensatz zu anderen Rumkünsteleien verderben in der Literatur nicht viele Köche den Brei, denn jeder kocht ja seinen eigenen und dann können andere genüsslich davon kosten und noch eine Priese Salz empfehlen.

Und aus unserer PoetryFactory heraus sind Maria, Laura und ich auch gute Freunde geworden, sodass wir zusammen diese Veranstaltung organisiert haben. So wird es auf der Bühne auch vertrauter und kein gezwungener Versuch die Latte der literarischen Hochkultur zum Erigieren zu bringen.

Na, da freue ich mich aber auf den Freitagabend – und der soll ja auch “Eintritt frei” sein, was es noch schöner macht.

www.myspace.com/juliusspaete
http://tagebuch-der-sehnsucht.blogspot.com

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