Womit fängt man da an? Mit dem Dankeschön-Termin oder mit der Marketing-Aktion? - Eigentlich gehört beides zusammen. Denn am Anfang stand eine der beeindruckendsten Marketing-Aktionen, die es zur Leipziger Buchmesse je gab: Das Partnerland Schweiz kreuzte - neben diversen anderen pfiffigen Ideen - zur Buchmesse 2014 mit roten Lesebänken auf.

Unter dem Titel “Auftritt Schweiz” hat die Schweiz als Themenland auf der diesjährigen Buchmesse Eindruck gemacht. Zentraler Bestandteil der Aktionen war die Inszenierung von “Roten Lesebänken”, die ihren Platz vor Buchhandlungen und auf dem Messegelände fanden. Zehn der 40 Bänke wurden der Stadt Leipzig vom Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband als Dankeschön übereignet und stehen für eine “literarische Freundschaft”.

Fünf davon haben nun im Lesegarten des Clara-Zetkin-Parks dauerhaft ihren Platz gefunden. Der Lesegarten befindet sich südlich des “Schachhäuschens”. Darüber hinaus wird im Häuschen des Schachzentrums eine Mini-Bibliothek mit Schweizer Literatur zur Verfügung stehen. Für alle, die ohne Buch am Ort auftauchen sollten.

Vielen älteren Leipzigern ist der Ort noch als Staudengarten bekannt. 2010 hob dann die Stadt die Idee aus der Taufe, daraus einen Lesegarten zu machen. Daraus ist zwar seitdem nicht viel geworden. Aber die wichtigste Ideengeberin war ja schon da: Die Skulptur mitten im Grün, die hier sitzt und liest. Entstanden in den 1950er Jahren, als der Park zum Kulturpark umgestaltet wurde. Geschaffen wurde sie von der Leipziger Bildhauerin Hanna Studnitzka. Und einen Namen hat sie auch: “Lesende Arbeiterin”.Ganz vertieft ist sie in ihr Buch nicht. Vielleicht hat sie eine Stelle ins Grübeln gebracht. Oder ins Träumen. Bücher richten sowas an. Man sieht Leserinnen und Leser nicht nur beim Lesen. Manche haben das Buch in der Hand und sind trotzdem ganz weit weg. Denn Bücher öffnen Welten. Wenn man nicht gestört wird. Deswegen sucht man ja ruhige Orte wie diesen zwischen Schachzentrum und Glashaus. Wo jetzt fünf rote Bänke stehen. Mit einem kleinen Musikständchen und ein paar literarischen Worten wurden sie am Freitag, 13. Juni, eingeweiht.

Marianne Sax, Präsidentin des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands, war gekommen und zeigte natürlich, dass Schweizer auch ihren eigenen Humor haben. Denn “eine Schweizer Bank animiert zu Kalauern”. Damit kann man leben. Erst recht, wenn das Rot im Lesegarten auch zu ganz anderen Bildern anregt. Erst recht, wenn Leser auf den Bänken sitzen. Marianne Sax: “Das ist dann das Bild des Triumphes der menschlichen Natur über den Löwenzahn”. Löwenzahn gibt’s im Staudengarten zwar keinen. Aber Eichhörnchen. Die neugierig schauen, warum hier auf einmal so ein Getümmel ist.Dani Landolf, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbandes, war gekommen, und Thomas Böhm, Kurator des “Auftritt Schweiz”, der nicht nur die 40 roten Lesebänke nach Leipzig brachte, sondern zur Buchmesse auch 80 Autoren in 150 Lesungen. Die Schweizer wollten zeigen, was für eine Literaturmacht sie sind. Sie haben es gezeigt. Eindrucksvoll. Und Verbündete haben sie in Leipzig auch: Schweizer Literaturbotschafterinnen. Auch sie waren da.

Die Bänke sind natürlich keine reinen Marketinggags. Dafür sind sie zu robust. “Hölzern, hart, solide – und ideal nicht nur für Dürrenmatt-Lektüre: Die Rote Bank, schweizerisches Pendant zur deutschen Autorenplattform das Blaue Sofa, wird ab Anfang März als Wegmarke durch die Stadt leuchten, Parks und Plätze zieren, zum Verweilen einladen, zum Lesen, zu Begegnungen. Moritz Schmid hat sie für den ‘Auftritt Schweiz’ entworfen”, hieß es dazu im März auf der Website von “Auftritt Schweiz”. Der 1976 geborene Moritz Schmidt ist Produktdesigner. Man sieht es den Bänken an. Es sind keine einfach im Baumarkt besorgten Gartenbänke, die man in Rot getaucht hat. Gebaut hat sie die Firma Röthlisberger.

Stabil, wetterfest und vor allem ergonomisch durchdacht. Man hält es lange drauf aus zu sitzen, was bei öffentlichen Bänken nicht immer zu erwarten ist.

Der Clara-Park, Leipzigs großes grünes Herz, zeigte zum kleinen Stelldichein auch schon mal, was er so drauf hat, wenn es zu still wird. Dann fährt der Kühllaster vor am Glashaus und lässt seine Kühlanlage brummen. Die Stadtgärtner brettern mit ihren Autos durch den Park. Und ein DHL-Flieger brummt über die Baumwipfel. Es ist vielleicht gar nicht so dumm, wirklich spannende Lektüre mitzunehmen in den Lesegarten. Muss kein Schweizer Autor sein, meint Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse. Kann aber. Manchmal hat man ja so eine Lust auf drei Häppchen Dürrenmatt, Hesse oder Keller. Den “Grünen Heinrich” schafft man hier. Bequem.

Auftritt Schweiz: www.auftritt-schweiz.ch/de

Moritz Schmid: www.moritzschmid.com

Röthlisberger Kollektion: www.roethlisberger.ch/kollektion/news/aktuell/

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