Für Otto Werner Förster beginnt die Leipziger Buchmesse schon heute, am 8. März. Zwar nicht mit einem Hohelied auf die Frauen, aber eigentlich mit einem genauso wichtigen Buch. Eines, mit dem er wieder eine Lanze schlägt für einen der wichtigsten Leipziger Schriftsteller, der meist völlig zu Unrecht reduziert wird auf ein paar ausgelatschte Wanderstiefel: Johann Gottfried Seume. Heute stellt er sein neues Buch vor.

Und auch Prof. Dr. Peter Winterhoff-Spurk, in dessen J.G. Seume Verlag das Buch erscheint, weist in seiner Einladung zur Buchvorstellung auf diese landläufige Verknappung hin, die aus einem der kritischsten Leipziger Autoren im Gedächtnis der Zeit quasi einen ewigen Wanderer gemacht hat.

„Wer geht, sieht im Durchschnitt anthropologisch und kosmisch mehr, als wer fährt. Ich halte den Gang für das Ehrenvollste und Selbständigste in dem Manne und bin der Meinung, daß alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge“, zitiert Winterhoff-Spurk einen der bekanntesten Aussprüche Seumes. In dem aber auch schon alles steckt.

Vor kurzem – 2013 – wurde der 250. Geburtstag Seumes gefeiert. Und natürlich stand wieder der alte Topos im Mittelpunkt: der Wanderer nach Syrakus.

Kaum ein Wanderverein, der sich nicht auf Seume beruft, stöhnt Winterhoff-Spurk. Die eigentliche – zeitlose – Substanz von Seumes Schriften aber ist die scharfsichtige Kritik seiner Zeit und diverser ahumaner Zustande. Oder einmal so formuliert: Seume wanderte nicht wie ein Tourist durch die Landschaft, sondern mit kritischem Blick auf alles, was er sah, seine Texte sind genaue und unromantische Schilderungen einer gesellschaftlichen Wirklichkeit, deren doppelten Boden er nur zu gut kannte.

Und natürlich hatte der Kenner der Leipziger Literaturgeschichte Otto Werner Förster allen Anlass, diese falsche Sicht auf Seume – die ihn im Kanon der deutschen Literatur auch regelrecht entwertet – geradezurücken. Was nicht einfach ist, seit die deutschen kaiserlichen Professoren vor 150 Jahren den deutschen Klassiker-Kanon mit Goethe und Schiller besetzt haben. Die kluge, gesellschaftskritische Literatur in ihrem „Schatten“ wird seitdem fast immer ausgeblendet und nicht für voll genommen.

Förster selbst schreibt dazu: „Lese ich Seume, bin ich immer wieder erstaunt über seine treffende Sicht auf die Zeit. Und dass sich nach mehr als zwei Jahrhunderten so viel scheinbar nicht verändert hat: … Seume schreibt, was er denkt, mit einem Bildungshintergrund und –Horizont, der weit mehr ist als ‚Wissen‘: nämlich Durchschauen der Verhältnisse, Weltsicht, Verantwortung. Solche Sicht auf die Dinge schafft nicht nur Freunde. Aber angepasst an die gängige Meinung hat er sich nie. Ein ‚Selbst-denker‘ und wichtiger Autor, dem Aufklärungsjahrhundert verpflichtet und nur seinem Gewissen …“

Verraten darf man auch, dass der Germanist und Historiker Dr. Otto Werner Förster auch mal Vorsitzender der Johann-Gottfried-Seume Gesellschaft zu Leipzig war. Auch das verpflichtet.

Sein Buch „Johann Gottfried Seume. Sein Leben, erzählt von einem Freund“, ist jetzt im Verlag J.G. Seume erschienen. Und die Buchvorstellung mit Autor und Verleger gibt es am heutigen Donnerstag, 8. März, um 19:00 Uhr im Leipziger Museum für Druckkunst in der Nonnenstraße 38.

Weitere Lese-Termine:

  1. März um 19:30 Uhr in der Weingalerie Leipzig, Duffourstraße 28, 04107 Leipzig (http://weingalerie-leipzig.de)
  2. März um 16:00 Uhr auf dem Saarländischen Gemeinschaftsstand (Messehalle 5, Ebene 0, Stand E 201)
  3. März um 13:30 Uhr in der Buchhandlung Hugendubel, Petersstraße 12-14, 04109 Leipzig
  4. März ab 19:30 Uhr beim Saarländischen Abend im Theater der Jungen Welt, Lindenauer Markt 27, 04177 Leipzig

Leipzigs Dichter und rebellische Köpfe

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