Beim Stichwort Regionalbuch hat man sofort die Assoziation prächtig gestalteter Bildbände mit regionaler Küche, herzallerliebsten Landschaften und einem getexteten Loblied auf die Kuscheligkeit der Heimat. Aber so ist der Wettbewerb des Börsenvereins diesmal gar nicht gedacht. Auch wenn die schöne Gestaltung des Buches im Mittelpunkt steht. Aber das ganze Heimat-Tüdelü macht eigentlich blind dafür, wie Menschen tatsächlich leben.

Von Hamburg über Gera bis nach Stuttgart – die nominierten Titel für Deutschlands schönstes Regionalbuch 2020 stehen fest. Eine fünfköpfige Jury hat aus über 100 Einreichungen fünf Bücher mit regionalem Bezug ausgewählt, die durch ihre Gestaltung, Bindung, Typographie und Gesamtkonzeption besonders hervorstechen und Verkäuflichkeit im Buchhandel vor Ort versprechen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Stiftung Buchkunst vergeben die Auszeichnung zum Auftakt der bundesweiten Regionalbuchtage.

Die nominierten Titel sind:

– Sebastian Knoll-Jung, Katrin Keßler, Asli Özdemir „pflegen helfen“ (Württembergische Schwesternschaft vom Roten Kreuz e. V.)
– Christoph Liepach, Ben Kaden „Gera ostmodern“ (sphere publishers)
– Christina Schmid, Sabine Fessler „Treppauf – Treppab. Stuttgarter Stufennotizen“ (Prima.Publikationen)
– Barbara Theriault „Die Bodenständigen. Erkundungen aus der nüchternen Mitte der Gesellschaft“ (edition überland)
– Jörn Tietgen „Nokixel. Das Hamburg-Lexikon für Kinder“ (Junius Verlag)

Der Jury für Deutschlands schönstes Regionalbuch gehören an: Annalena Weber (Gestalterin des Siegertitels 2019), Manfred Rothenberger (Verleger, starfruit publications), Lisa Neher (Buchhandlung Jakob, Nürnberg), Katharina Erlenwein (Kulturjounalistin), Sarah Eschbach (Herstellerin im ars vivendi Verlag, Cadolzburg).

Natürlich würden wir sofort für den auch in der L-IZ besprochenen Titel „Die Bodenständigen“ von Barbara Theriault plädieren, ein Buch, das auf feuilletonistische Weise sichtbar macht, wie man die Menschen einer Region erkunden und beschreiben kann – ohne all die üblichen Stereotypen, mit denen die Tourist-Info die Gegend anpreist. Das hat ja die Soziologin Barbara Theriault in diesem Fall in Thüringen getan.

Auch in Kooperation mit einer Thüringer Zeitung, die damit ein Genre noch einmal aufgegriffen hat, das aus den heutigen Zeitungen fast komplett verschwunden ist. Und die damit gleichzeitig gezeigt hat, was eine nicht vorbelastete Besucherin alles sehen und zeigen kann, was auch betriebsblinde Journalisten meist nicht mehr wahrnehmen.

Das Feuilleton lebt vom Stutzen, vom Flanieren und Sich-Überraschenlassen.

Und damit eignet es sich auch ideal zu jeder Regionalerkundung. Und überhaupt zum Geschichtenerzählen.

Bei einer öffentlichen Jurysitzung am 14. September im Nürnberger Raum diskutiert die Jury die Titel und verleiht anschließend die Auszeichnung für Deutschlands schönstes Regionalbuch 2020. Die Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst, Katharina Hesse, moderiert die Veranstaltung.

Die Auszeichnung ist der Auftakt der bundesweiten Regionalbuchtage, die unter dem Motto „Heimat erlesen“ vom 15. bis zum 30. September 2020 sowohl digital als auch vor Ort stattfinden. Unter dem Dach von JETZT EIN BUCH!, der bundesweiten Initiative der deutschen Buchbranche, und in Zusammenarbeit mit der IG Regionalia im Börsenverein rücken Buchhandlungen und Verlage regionale Titel und Autor/-innen in die öffentliche Aufmerksamkeit.

Alle Veranstaltungen rund um die Regionalbuchtage, ob physisch oder digital, erscheinen im Veranstaltungskalender des Kooperationspartners des Börsenvereins, dem bundesweiten Projekt „Tag der Regionen“. Verlage und Buchhandlungen können ihre Veranstaltungen jetzt auf der Website eintragen.

Die Bodenständigen: Der Blick der staunenden Soziologin auf die Mitte unserer Gesellschaft

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