Das Wort "fantastisch" fiel des Öfteren am Premierenabend am Samstag. Dabei ist das Stück "Lend me a tenor - Otello darf nicht platzen" lediglich eine Überspitzung des ganz realen Opern- und Theatergeschäfts, muss daher gar nicht so fantastisch daherkommen. Es bietet viel mehr feine Selbstironie in jeder Szene und sorgt in einer guten Inszenierung wie der von Volker Vogel für intelligente Unterhaltung.

Schon die ersten Szenen bringen mit dem Chor viel Dynamik auf die Bühne, für die den Akteuren durch das Bühnenbild stets viel Platz zur Verfügung steht. Gleichzeitig bietet es dem Zuschauer augenschmeichelnde Hintergründe und klare Orientierung, wo die Handlung gerade stattfindet. In einer Schlüsselszene im zweiten Akt zeigt sich dann, wie durchdacht die Hotelsuite des Opernstars Tito Merelli in den Werkstätten der Oper Leipzig gebaut wurde.

Nachdem Merelli viel zu spät eingetroffen war und nun durch eine versehentliche Übermedikamentierung ausfiel, jagen sich gleich drei als Otello kostümierte Darsteller durch die Kulissen und haben dazu genau die Türen zur Verfügung um ein Höchstmaß an Verwirrung unter den anderen Charakteren zu stiften. Auch Diana Divane – der Name ist Programm – fällt auf einen falschen Merelli herein. Angela Mehling spielt die Rolle und erntete begeisterten Szenenapplaus für eine Darbietung von neun sehr unterschiedlichen Arienausschnitten, mit denen Diana Tito Merelli beeindrucken will. Dass sie trotz einer sportlichen tänzerischen Darbietung mit wahrlich divenhafter Gestik ihre Stimme stets kontrolliert, ist einer der großen Momente des Stücks.
Zurecht wurde für solche Einfälle auch Choreograph Giorgio Madia von seinem Ensemble unter einem Begeisterungssturm nach vorne applaudiert. Denn die Aktionen sitzen, passen im Revue-Stil der 50er Jahre zur Swing-Musik unter der Leitung von Ehrendirigent Roland Seiffarth, zumal mit Balletteinlagen der Hotelpagen und Zimmermädchen für jede Menge Abwechslung gesorgt ist.

Schade nur, dass die Akustik in der Musikalischen Komödie einen Teil des Schalls schluckt, die Streicher haben es so schwer, sich während der vielen Swing- und Big-Band-Stücke gegen die Bläserfraktion zu behaupten. Dafür dürfen sie in einigen Szenen zart säuselnd die ironisch-kitschige Untermalung liefern. Ebenso wie der Gesamteindruck stimmt auch die Leistung des Orchesters, im richtigen Moment fallen knallende Türen und Schlussakkorde zusammen. So muss es sein, so wird es geprobt worden sein.
In fast jedem Moment ist zu merken, dass die Darsteller genau so viel Freude haben wie die Zuschauer. Andreas Rainer bringt es auf den Punkt: “Mit solch fantastischen Kollegen macht es einen Riesenspaß auf der Bühne, zumal Haupt- und Generalprobe zeigten, dass auch die schnellen Umzüge klappen. Dafür einen Dank an Kostüm- und Maskenbildner, das gibt einfach eine tolle Sicherheit”. Verdient haben sie das Lob, die heimlichen Helden hinter der Bühne, die zu einer gelungenen Produktion einfach dazu gehören. Zumal der Darsteller des Max, der sich vom “Mädchen für alles” und Mauerblümchen zum selbstbewussten Sänger wandelt, noch eines zu vergeben hatte: “In einem solchen Otello-Kostüm wohnt eine grandezza, die es leicht macht zu spielen.” Angela Mehling erklärte einige der Herausforderungen: “Ich trage in der Schlüsselszene ein Wahnsinnskleid, es sitzt toll, aber es erlaubt keine Aktion. Also müssen schnelle Umzüge sein. Obwohl ich das kenne, hatte ich wohl noch keinen, der innerhalb von 40 Sekunden über die Bühne gehen musste. Damit wir dahin kamen, waren einige Änderungen an der Garderobe nötig.”

Findige Zuschauer werden eine kleine dramaturgische Ungereimtheit bemerken, denn für das dritte Otello-Kostüm liefert das Stück keine ganz schlüssige Erklärung. Doch wer trotz einer rundum begeisterten und begeisternden Leistung, sich davon einen herrlichen Abend zwischen Operette und Musical beeinträchtigen lässt, dem ist nicht zu helfen.

Termine und Informationen auf: www.oper-leipzig.de

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