Antonin Dvoraks „Rusalka“ gehört zu den großen Klassikern der tschechischen Opernliteratur. In Leipzig steht das Werk seit Anfang Dezember auf dem Spielplan – und ist der Renner im Kartenvorverkauf. L-IZ.de hat eine Vorstellung besucht.

9. Dezember, erste Vorstellung nach der Premiere, vor dem Opernhaus drängen sich die Menschenmassen vorbei an den Buden des Weihnachtsmarkts. Vermutlich haben viele der Menschen, die hier ihr Geld für überteuerten Glühwein, Bratwurst und gebrannte Mandeln ausgeben, gerade weniger Dvorak oder Oper im Sinn. Viele andere offenbar schon.

In der Oper bahnen sich überwiegend ältere Semester den Weg zu ihren Plätzen. Eine Lehrerin wird ihren Schülern in der Pause erklären, wie schön es sei, dass auf der Bühne nicht gesprochen, sondern gesungen wird. Die Vorstellung ist restlos ausverkauft. Wie die Premiere davor und die beiden Vorstellungen danach. Nur für die letzte Aufführung in der Saison, im Juni, sind momentan noch Tickets erhältlich.

Dass sich ausgerechnet ein tschechischsprachiges Werk zum Renner der Saison entwickelt hat, überrascht selbst Kenner des Leipziger Opernbetriebs. Im Vorjahr waren Puccinis „Turandot“ und Wagners „Götterdämmerung“ stark nachgefragt. Wie „Rusalka“ große Klassiker, die in Leipzig in einem erfrischend modernen Gewand zu sehen sind.

Kathrin Goring, Peter Wedd und Olena Tokar. Foto: Kirsten Nijhof
Kathrin Goring, Peter Wedd und Olena Tokar. Foto: Kirsten Nijhof

Der niederländische Regisseur und Bühnenbildner Michiel Dijkema, ein Meister phantasievoller Bilder, der in Leipzig schon „Tosca“ und Gounods „Faust“ inszenierte, verlegt das Märchen um die Meerjungfrau, die ein Mensch sein möchte, um sich in einen Prinzen zu verlieben, in die Gegenwart. Und bleibt doch der Fabel treu. Die Titelfigur bleibt eine märchenhafte Nixe, der Prinz trägt Krone und die gemeine Hexe Jezibaba erscheint als Schreckgespenst aus dem Bilderbuch. Auf der Bühne kreiert Dijkema eine illustre Märchenwelt, die – wie so häufig in seinen Inszenierungen – durch provokante Zuspitzungen alptraumhafte Züge annimmt.

Im Fokus steht aber die Musik, von deren Fluss sich Dijkemas Bilderreigen leiten lässt. Christoph Gedschold liest am Pult des Gewandhausorchesters feinste Nuancen aus der Partitur heraus. Die Balance zwischen Orchester und Solisten passt. Wer des Tschechischen mächtig ist, kann jedes einzelne Wort aus dem Mund der Sängerinnen und Sänger verstehen.

Erwähnenswert ist, dass die Oper die Produktion mit Ausnahme des Prinzen und des Wassermanns aus den Reihen des Ensembles besetzt hat, das seine hervorragenden Qualitäten unter Beweis stellt. Mit der Rusalka erweitert die gewohnt exzellente Olena Tokar ihr breit gefächertes Repertoire um eine weitere Partie aus dem Kernrepertoire, mit der sie gewiss auch an anderen Häusern noch reüssieren wird. Karin Lovelius gefällt in der Jezibaba-Partie, Kathrin Göring überzeugt als Fürstin. Peter Wedd singt einen starken Prinzen, Vladimir Baykov einen mit reichlich Bassschwärze angereicherten Wassermann. Dem Publikum gefällt die rund dreistündige Aufführung. Die Mitwirkenden erhalten reichlich Applaus.

Angesichts des erlebten Andrangs also gute Gründe zu schauen, ob es für die Vorstellungen am 04. Mär. 2018 und am 01. Jun. 2018 (alle Vorstellungen mit Einführung 45 Min. vor Vorstellungsbeginn) noch Karten gibt. Hier bei der Oper Leipzig.

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