Der Verlag Droemer Knaur hatte gegen den Titel "Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" am 27. März 2014 eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der mit diesem Titel versehene satirische Kurzgeschichtenband aus dem Hause Voland & Quist darf daher nach Abverkauf der ersten Auflage nicht weiter vertrieben werden. Voland & Quist wird gegen die Entscheidung des LG Düsseldorf Berufung einlegen und startet ab kommender Woche zur Finanzierung der mit der Berufung verbundenen Kosten einen Spendenaufruf durch eine Crowdfunding-Kampagne im Internet.

In seinem Buch mit dem Titel, der Gegenstand des Rechtsstreits ist, nimmt Voland & Quist-Autor Julius Fischer satirisch die Rundumvermarktung von Bestsellern auch am Beispiel der “Wanderhuren”-Reihe aufs Korn. Im ersten Kapitel seines Buches schlägt Autor Fischer fiktive Buchtitel vor, die sich – ganz unabhängig vom literarischen Niveau des Inhalts – gut vermarkten ließen. Darunter der von Fischer ers(p)onnene Titel “Die schönsten Wanderwege der Wanderhure”, die seinem Kurzgeschichtenband den Titel gibt.

Voland & Quist hält den Titel aufgrund der grundgesetzlich garantierten Satirefreiheit nach wie vor für zulässig, teilt der junge Independent-Verlag aus Sachsen mit. Anders das Landgericht Düsseldorf, das im Urteil vom 27. März 2014 der Argumentation von Droemer Knaur folgte und vor dem Hintergrund der besonderen Bekanntheit der – zum Teil verfilmten – Wanderhuren-Reihe die Eigentumsinteressen des Beststeller-Verlags für wichtiger als die Kunstfreiheit hält.
Dem Landgericht Düsseldorf erschien es “nicht fernliegend, dass der Verkehr, der sich nicht mit dem Inhalt des Werks beschäftigt hat, den Titel wörtlich nimmt und tatsächlich davon ausgeht, er diene der Kennzeichnung eines Werks, welches sich auf der Grundlage der bei Droemer verlegten Romane mit der Beschreibung von Wanderwegen befasse, zumal die Titelfigur als ?Wanderhure’ umherzieht.” Das Gericht befand weiter, “die Freiheit der Kunst [habe] hinter das durch das Eigentumsgrundrecht und einfachgesetzlich durch §§5,15 MarkenG geschützte Recht der Antragstellerin an ihren Werktiteln [zurückzutreten]”.

Die Kosten des Rechtsstreits mit Droemer Knaur belaufen sich bereits jetzt auf über 10.000 Euro – eine Menge Geld für einen Verlag wie Voland & Quist. Auch wegen der breiten Unterstützung im Internet nach dem Verbotsurteil des LG Düsseldorf hat sich der junge Verlag trotzdem entschieden, in die Berufung zu gehen. Die zusätzlichen Kosten für die zweite Instanz (ca. 12.500 Euro) will der Verlag durch eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext finanzieren, zahlreiche Kollegen aus der Buchbranche, befreundete Autoren und Leser haben bereits ihre Unterstützung zugesagt. Weitere Infos zur Spendenkampagne gibt es dann ab Montag, 14. April, unter www.startnext.de/wanderhurenstreit.

“Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es die Möglichkeit geben muss, kommerziellen Erfolg auch in Buchtiteln zu parodieren”, erklären die beiden Verlagsleiter Leif Greinus und Sebastian Wolter. “Unser Buchtitel ist durch die grundgesetzlich garantierte Kunstfreiheit gedeckt. Außerdem haben den Titel ?Die Wanderhure’ jedenfalls nicht die Autoren Iny Lorentz erfunden. Schon im Jahr 1759 erschien in Italien ein Buch mit dem Titel ?La Puttana Errante’. Auf Deutsch heißt das ?Die Wanderhure’. – Nachdem uns das bisherige Verfahren bereits 13.000 Euro gekostet hat, brauchen wir Unterstützung bei der Finanzierung der Berufung. Für einen kleinen Verlag sind solche Summen nicht einfach zu stemmen. Deshalb setzen wir auf Crowdfunding und die Hilfe unserer Community.”

“Die erstinstanzliche Entscheidung halte ich für falsch, da sie es sich zu leicht macht und den Umfang der vom Grundgesetz garantierten Satirefreiheit verkennt”, stellt Voland & Quist-Anwalt Raphael Thomas fest. “Die Begründung des Urteils ist eine Zumutung, da sie die sich stellenden Fragen nur oberflächlich anreißt und auf zentrale Fragen keine fundierten Antworten gibt. Das Landgericht Düsseldorf verlangt für dieses Urteil über 3.078,00 Euro Gerichtskosten. Für diesen Betrag hätte ich mir wenigstens eine vernünftige Begründung eines für die gesamte Verlagsbranche nicht unbedeutenden Urteils gewünscht. Ich hoffe, dass wir – sollten wir auch in der Berufung keinen Erfolg mit unserer Rechtsposition erringen – wenigstens eine brauchbare Begründung für das gerichtlich angeordnete Satireverbot erhalten. Wenn das Gericht schon keinen Spaß versteht, dann möge es bitte wenigstens das nächste Urteil mit der gebotenen Ernsthaftigkeit verfassen. Schließlich zahlt Voland & Quist allein dafür weitere 4.104,00 Euro Gerichtskosten an das OLG Düsseldorf.”

Zum Verlag
www.voland-quist.de

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar