"Für eine gelebte homosexuelle Partnerschaft im Pfarrhaus und auch für die Segnung homosexueller Paare" sprechen sich Geistliche der Region in einem Offenen Brief aus. Und zwar "sehr bald" dort, "wo die Gemeinden dem nicht entgegenstehen". Zu den Unterzeichnern zählen Leipzigs Superintendent Martin Henker und Thomaspfarrer Christian Wolff.

Deutschland hat einen schwulen Außenminister. Auch an der Spitze der beiden größten deutschen Städte amtiert bzw. amtierte bis zum Vorjahr ein Homosexueller. Die politischen Leistungen eines Guido Westerwelle, Klaus Wowereit oder Ole von Beust mag jeder nach seiner Fasson bewerten. Gleichwohl ist es gut so, dass ihnen ihr Amt nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung verwehrt wurde.

In anderen Berufsgruppen sieht es anders aus. Die Fußballwelt kennt keine schwulen Profis, jedenfalls keine aktiven. Daran hat auch Tatort-Folge 794 “Mord in der ersten Liga” nichts geändert.

Ähnlich schwer haben es noch immer homosexuelle Pfarrerinnen und Pfarrer. Viele evangelische Gemeindeglieder erwarten auch heute eine Vorzeige-Pfarrersfamilie, wie sie Martin Luther und Katharina von Bora in der Retrospektive dargestellt haben sollen. Für das Funktionieren einer Gemeinde scheint diese Vielen unverzichtbar.Auch das Dienstrecht setzt im Kern ein Leben entsprechend der heterosexuellen Norm voraus. Zugleich haben homosexuelle Pfarrerinnen und Pfarrer, wie homosexuelle Christinnen und Christen überhaupt mit Vorurteilen zu kämpfen, die sich aus gängigen Bibelinterpretationen ergeben.

Das geht einer Gruppe von Pfarrerinnen und Pfarrern mächtig gegen den Strich. “Wir nehmen zum einen eine offenkundige Not homosexueller Männer und Frauen wahr, denen als Christen vorgeworfen wird, Gottes Wahrheit vorsätzlich zu ignorieren bzw. zu leugnen”, schreiben sie in einem Offenen Brief, den sie am ersten Adventswochenende erarbeiteten.Dagegen hilft nur eine Argumentation vom Grundsätzlichen her. “Homosexuelle Menschen haben ihre Orientierung nicht selbst gewählt, sondern sind von Gott als schwul oder lesbisch geschaffen worden. Wie andere Menschen auch sehnen sie sich nach Liebe, Treue und Verlässlichkeit”, stellen die Theologen fest. Denn wenn nach christlicher Überzeugung jeder Mensch ein Geschöpf Gottes und diesem zudem ein Ebenbild ist, dann sind es konsequenterweise Homosexuelle auch. Und dann ist ihre Gleichstellung zwingend.

Die Unterzeichner um die beiden Superintendenten der Region, Matthias Weismann für das Leipziger Land und Martin Henker für die Messemetropole, bringen diese Position in die aktuelle Diskussion der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens ein. Der Brief wird auch von Thomaspfarrer Christian Wolff unterstützt.

“Da wir davon ausgehen, dass kurzfristig keine überall in der Landeskirche akzeptierte Regelung gefunden werden wird, regen wir an, sehr bald Möglichkeiten sowohl für eine gelebte homosexuelle Partnerschaft im Pfarrhaus und als auch für die Segnung homosexueller Paare dort zu eröffnen, wo die Gemeinden dem nicht entgegenstehen”, schreiben die Geistlichen. Deshalb solle die sächsische Landeskirche gemäß dem in der Ökumene entwickelten Prinzip der “Versöhnten Verschiedenheit” vorerst mit unterschiedlichen Regelungen leben können.

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Als Wunsch formulieren die Unterzeichner zudem, “dass homosexuellen Pfarrerinnen und Pfarrer die Möglichkeit offen steht, eine eingetragene Partnerschaft einzugehen, ohne dienstrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen und dass sie mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin selbstverständlich im Pfarrhaus leben können und sich mit ihrer Sexualität nicht verstecken müssen”. Hierbei solle man sich in Sachsen an entsprechenden Regelungen in anderen evangelischen Kirchen orientieren.

“Wir wünschen uns, dass unsere Kirche homosexuelle Paare in eingetragener Lebensgemeinschaft ausdrücklich einlädt, für ihr gemeinsames Leben den Segen Gottes zu erbitten und dass eine entsprechende liturgische Ordnung erarbeitet und eingeführt wird”, ergeht als weiterer Arbeitsauftrag.

www.kirche-im-leipziger-land.de/kirchenbezirk/downloads/

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