Ach, was werden wohl meine beruflichen oder persönlichen Wünsche sein, wie werden wohl meine Erwartungen an die Zukunft aussehen? Ehrlich: Ich hatte mir – vor der Anfrage der Redaktion – kaum Gedanken darüber gemacht. Ich hatte vor kurzem eine Lesung im Kokopelli, einem alternativen Café in der Merseburger Straße, besucht. Es ging um Ferne und Reisen und die Literatur des „social beat“. Auf dieser Veranstaltung hatte Michael Schwesinger seine Sichtweise vermittelt. Er skizzierte den Charakter eines Reisenden als einen Menschen, der ständig auf der Suche ist.

Im Gegensatz zu Touristen, die irgendwann irgendwo ankommen wollen, sind Reisende vor allem unterwegs, sie durchstreifen entweder Kontinente oder entdecken die Strecke zwischen Plagwitz und Stötteritz neu. Sie lassen sich permanent überraschen und können sich über die Begegnung mit einem interessanten Menschen sehr freuen. Ich fühlte mich jedenfalls dieser Einstellung nah. Ich weiß wirklich nicht, was ich übermorgen so machen werde, dazu hatte die Vergangenheit zu viele Wirrungen und Wendungen parat.

Ich könnte allerdings auch „groß denken“ und meine Wünsche pauschal mit „Weltfrieden“ und „Gesundheit“ benennen. Der erste Wunsch würde hinsichtlich der kriegerischen Auseinandersetzungen im nahen oder des atomaren Säbelrasselns im fernen Osten auch meinen Hoffnungen entsprechen. Der zweite Wunsch würde aufgrund einer sehr schweren Erkrankung eines Familienmitgliedes genauso gut passen. Vielleicht kann ich – aus dieser Sicht – doch noch Wünsche und Erwartungen an die Zukunft formulieren.

Was wäre wenn unsere Gesellschaft besser auf sozialer Basis funktionieren würde? Die meisten Politiker in Berlin, Dresden und im Neuen Rathaus von Leipzig scheinen weniger dem Volke als vielmehr der Gewinnmaximierung zu dienen. So werden das Wohnen, das Gesundheitswesen oder das Bildungswesen zunehmend auf finanzieller Grundlage geregelt. Bei solcher Gangart werden immer mehr Menschen an den gesellschaftlichen Rand gedrängt und extremistisches Handeln befeuert. Das passiert im Großen und Kleinen. In „meinem“ Schleußig werden Falschparker permanent zur Kasse gebeten, anstatt das Parkplatzproblem zu lösen.

Ich komme aus dem Sport, habe mein ehrenamtliches Wirken zu einem beruflichen Standbein ausgebaut, doch erkenne das Vereinswesen als demokratische Wiege und den Sport als Spiegelbild unserer Gesellschaft an. Da passiert ohne die vielen Ehrenämtler nichts. Das sollten auch „professionelle“ Vereine nicht vergessen. Doch da bestimmen längst horrende Transfersummen und Gehälter die Schlagzeilen.

Ich finde es völlig verkehrt, wenn sich solche Vereine aus Marketinggründen als „familienfreundlich“ bezeichnen, doch Familien eine Mitbestimmung verwehren.

Wenn der Spitzensport ausschließlich auf die finanzielle Karte setzt, mutiert er allmählich zu einer riesengroßen Show, stehen wir unmittelbar davor, dass Ergebnisse – um einer besseren Vermarktung willen – abgesprochen werden. Doch dann bin ich raus. Ich reise lieber durch meine Welt, ohne wirklich wissen zu wollen, welches Resultat herausspringt.

Lutz Walter ist seit 1990 hauptberuflicher Redakteur und wohnt seit 2001 im Leipziger Stadtteil Schleußig. Er ist der erste Kommentator der „Leutzscher Welle“, dem ersten Fußballfanradio in Deutschland (seit 2001) und ersten Handballfanradio (seit 2007).

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