2017 war ein aufregendes Jahr in vielerlei Hinsicht. Die politische Verunsicherung und auch das Gefühl vieler Menschen, abgehängt zu sein oder nicht ernst genug genommen zu werden, hat trotz aller Erfolge der Wirtschaft und der Entwicklung am Arbeitsmarkt auch in Leipzig zugenommen. Viele Ängste sind diffus, manches entbehrt einer realen Grundlage. Das ändert aber nichts an den Befindlichkeiten und der Situation. Vermeintlich Festgefügtes ist scheinbar oder tatsächlich ins Wanken gekommen.

Als Richter trage ich Verantwortung in diesem teilweise verunsicherten Land. Ich erlebe Menschen, die gegen Strafgesetze verstoßen und Opfer von Straftaten, aber auch immer wieder Menschen, die Zivilcourage beweisen und sich dem Unrecht in den Weg gestellt haben. Viel ist die Rede von Verantwortung und Führung in der Politik. Die Übernahme von Verantwortung, das aktive Eintreten für gemeinsame Werte in einer schönen Stadt wie Leipzig, in Sachsen und darüber hinaus darf aber nicht nur „denen da oben“ überlassen bleiben. Ein friedlicher konstruktiver Wettstreit um Lösungen für drängende Probleme geht uns alle an.

Ich träume von einem Land, das in Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz ein Vorbild ist und bleibt und zugleich entschieden denen entgegentritt, die die Ängste und Gefühle der Menschen benutzen, um Werte zu zerstören, die sie vorgeben zu schützen. Ich habe mich 1993 bewusst für ein Leben und Arbeiten in Leipzig entschieden, weil diese Stadt in besonderem Maße für bürgerschaftliches Engagement und Vielfalt steht.

Ich wünsche mir, dass gerade in diesen stürmischer gewordenen Zeiten die Zahl derjenigen zunimmt, die in gegenseitigem Respekt Verantwortung übernehmen. Die Möglichkeiten sind vielfältig so wie es die Lebenswelten der Menschen sind.

Das beginnt beim Müll, der sich in unseren Parks immer wieder anhäuft, beim Anleinen des Hundes in der Stadt oder der Hilfe beim Einsteigen in die Straßenbahn für Gehbehinderte. Es sind auch die Kleinigkeiten, mit denen wir alle etwas beitragen können. Verantwortung beginnt und endet in einem demokratischen, pluralistischen Staat nicht oben. Sie kommt uns allen zu.

Die vielen Vereine, Initiativen, das ehrenamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt machen mir Mut. Ich träume davon, dass wir uns nicht beirren lassen von denen, die uns Angst machen wollen, deren Reden und Handeln von Hass und Intoleranz geprägt sind. Dazu gehört es auch, immer wieder innezuhalten, offen zu sein, sich selbst zurückzunehmen.

Uns allen wünsche ich diese Zeiten der Besinnung, des Krafttankens – mit Familie, Freunden, den Menschen, die uns nahestehen oder auch ganz für uns selbst. Für mich selbst hoffe ich, meinen Beitrag leisten zu können, damit Leipzig und unser Land liebens- und lebenswert bleiben. Ohne Menschen, die mich (auch kritisch) begleiten, ist dies nicht möglich. Auch ihnen fühle ich mich verpflichtet.

Alle Träume, welch bereits veröffentlicht sind, finden Sie ab sofort hier in steigender Anzahl unter dem Tag l-iz.de/tag/traeume.

Eine Reihe kehrt zurück: Wenn Leipziger träumen

Wenn Leipziger träumen

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