Der 6. März 2020 war ein besonderer Tag in Leipzig. Es war jener Tag, an dem in dieser Stadt zum ersten Mal eine Corona-Infektion gemeldet wurde. Auf den Tag genau ein Jahr später wollen Pandemie-Verharmloser/-innen aus ganz Sachsen und teilweise darüber hinaus nach Leipzig kommen, um hier mehrere Autokorsos durchzuführen. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ und weitere Gruppen rufen zum Gegenprotest auf.

Eigentlich war der Plan, mit mehr als 1.000 Fahrzeugen eine Kundgebung auf dem Parkplatz bei der Neuen Messe durchzuführen. Der Ort wäre nicht zufällig gewählt, denn dort befindet sich das derzeit einzige Impfzentrum der Stadt. Nach Angaben der Pressestelle der Stadt Leipzig wurde die Anmeldung dafür allerdings wieder zurückgezogen. Übrig bleiben nach aktuellem Stand fünf Autokorsos, bei denen es offiziell um Dinge wie Frieden, Freiheit, Souveränität, Grundrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geht.

„Mit Vollgas ins neue Leben“ lautet das Motto mehrerer Fahrzeugaufzüge. Ein anderer richtet sich „gegen die Coronaauflagen“, was dem tatsächlichen Anliegen aller Teilnehmenden wohl am Nächsten kommen dürfte. Zielort ist jeweils die Neue Messe, was sich jedoch noch ändern kann. Vernutet wird bereits, dass es wohl eher und erneut um das Leipziger Zentrum und hier den Innenstadtring gehen könnte.

Dafür spricht: Seit es am 7. November 2020 mehreren tausend Menschen nach dem Ende der „Querdenken“-Kundgebung auf dem Augustusplatz gelang, sich mithilfe von rechtsextremen Hooligans den Weg zum Leipziger Ring freizumachen, ist dieser so etwas wie ein mystischer Ort für sogenannte „Querdenker“ geworden.

In seiner Rede anlässlich der Open-Air-Pressekonferenz am Neuen Rathaus (siehe Video am Ende) wies Landtagsabgeordneter Marco Böhme (Die Linke) zudem auf die Ereignisse vom 21. November 2020 hin. An diesem Tag hatte erst der Gegenprotest einen unangemeldeten Demonstrationszug ohne Polizei am Brühl gestoppt und dort über Stunden blockiert.

Die angemeldeten Autokorsos kommen laut eigenen Ankündigungen am 6. März aus Plauen, Dresden, Limbach-Oberfrohna, Merseburg und einem Parkplatz am Leipziger Stadtrand. In verschiedenen Telegram-Gruppen werden allerdings auch Fahrzeugaufzüge aus Halle, Naumburg und Bad Dürrenberg beworben.

Breites Aktionsbündnis mit Radtouren

PK LnP 3. März 2021 Foto: LZ
Irena-Rudolph Kokot vom Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ bei einer Outdoor-Pressekonferenz vor dem Neuen Rathaus. Foto: LZ

Das Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz“ ruft gemeinsam mit weiteren Akteur/-innen dazu auf, sich mit „kreativen Aktionen“ am Protest zu beteiligen. Wie immer dürfte das bedeuten, dass die Strecken nach Möglichkeit blockiert werden sollen. Im Gegensatz zu den „Vollgas“-Parolen der „Querdenker“ wird sich der Gegenprotest in Zeiten des Klimanotstandes in Leipzig vor allem zu Fuß und auf Rädern bewegen, um die Strecke des Autocorsos zu kreuzen.

Ähnliche Aktionen hatte es zuletzt schon in anderen Städten gegeben.

Geplant sind deshalb mehrere Fahrradaufzüge, die jeweils 12 Uhr im Leipziger Osten am Rabet, im Süden am Connewitzer Kreuz und in der Nähe des Lindenauer Marktes aus dem Westen der Stadt starten sollen. Ziel ist der Augustusplatz, wo 14 Uhr darüber hinaus eine Kundgebung von „Feministischer Streik Leipzig“ beginnen soll.

Die Veranstalter/-innen wollen dort anlässlich des am 8. März bevorstehenden internationalen Frauentags eine „feministische Perspektive auf Gesundheit“ werfen.

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Die Leipziger Polizei bereitet sich seit dem 4. März wieder auf einen Großeinsatz vor. Foto: LZ

Weiterhin plant „Leipzig nimmt Platz“ einen Fahrzeugaufzug von Motorrädern und PKW, der 12 Uhr am Völkerschlachtdenkmal starten soll. Neben dem Aktionsnetzwerk rufen unter anderem die Grünen, die Linkspartei, die Jusos, die PARTEI, der Motorradclub „Kuhle Wampe“, das Erich-Zeigner-Haus und „Prisma“ zum Protest auf.

Die Stadt Leipzig wird wohl am heutigen Freitag eine aktuelle Übersicht aller geplanten Aufzüge und Kundgebungen veröffentlichen. Wie viele Corona-Verharmloser/-innen am Ende tatsächlich nach Leipzig kommen werden, ist schwer einzuschätzen. Aus dem Umfeld der „Querdenken“-Bundesorganisation gab es bislang keine große Werbung für die von Privatpersonen angemeldeten Aufzüge.

Das könnte unter anderem daran liegen, dass derzeit in ganz Deutschland regelmäßig solche Aufzüge stattfinden oder zumindest angekündigt werden. Finden sie statt, bewegen sich die größten ihrer Art im Bereich von rund 600 Pkw. Der letzte bekannte Versuch einiger „Querdenken“-Aktiviste, in Leipzig präsent zu sein, scheiterte am 19. Dezember 2020 hingegen kläglich.

Die LZ wird am Samstag mit einem Liveticker wie gewohnt von dem Geschehen berichten.

Die Pressekonferenz des Aktionsbündnisses am 4. März am Neuen Rathaus

Video: LZ, ab etwa Minute 6 lässt das Kirchengeläut nach

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Keine Kommentare bisher

Schön, alle die morgen mit Fahrrad unterwegs sind , sind also Anticoronagegner. Ob da nicht mal ein paar Querdenker darunter sind, die ihr Auto nicht von Steine werfenden Antfanten beschädigen lassen wollen.

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