Im Grunde war es ein Werbegag. Aber ein guter. Rumfahren heißt die Aktion von Rad3, einem Laden in Leutzsch, der sich auf Lastenfahrräder spezialisiert hat. Eric Poscher und sein Unterstützer Salomon waren Mitte August für eine Woche auf Lastenradtour. Sie holten in Holland Rum und Schokolade von einer Fair-Handels-Organisation ab und fuhren die 863 Kilometer lange Strecke zurück nach Leipzig. Sie haben den Rum rumgefahren. Umweltfreundlich, weil nur mit Muskelkraft.

Eric Poscher kam auf die Idee, weil er im Internet von der Tres Hombres gelesen hatte. Weltweit ist es das einzige Segelschiff, das noch für echte Transportzwecke genutzt wird. Private Segeljachten gibt es viele. Aber nur die Tres Hombres – spanisch für drei Männer – bringt noch Rum aus der Dominikanischen Republik, um ihn dann in Europa zu verkaufen. Betrieben wird es von Fairtransport, einer Organisation, die sich dem grünen Lastentransport über das Meer verschrieben hat und nach und nach eine Flotte aufbauen möchte.

“Das finde ich absolut richtig, denn der konventionelle Transport mit Schweröl-Lastschiffen ist extrem schädlich für die Meere. Warum sollte man nicht, wie früher, den Wind nutzen?”, fragt Poscher. Der Wind weht schließlich kostenlos. Wenn auch nicht planbar. Das merkten Poscher und sein Gefährte, als sie auf das Segelschiff warten mussten. Die zwei waren mit dem Zug nach Amsterdam gereist. “Wir hatten nicht genug Zeit, um auch mit dem Rad hinzufahren”, erklärt Poscher. Zudem hat er das zweite Lastenrad, ein französisches Modell, in Amsterdam abgeholt.

“Für solch lange Strecken macht es sich gut, ein leichtes Rad zu verwenden”, so der Lastenrad-Experte. Jene für die Stadt seien größer und schwerer als die Langstrecken-Räder, welche auch mit vergleichsweise schmalen Reifen daher kommen.
Die zwei reisten also am Wochenende an und besuchten erst einmal die Schokoladenmanufaktur, wo ihre Schokolade noch flüssig im Kessel schwamm. Am Montag, dem 12. August, sollte das Schiff anlegen, tat es aber nicht, weil gerade Flaute herrschte – Windstille. Die Tres Hombres kam erst am Folgetag. Und so luden sie 24 Flaschen Rum auf. “Das ist soviel, wie es pro Person in der Europäischen Union eben erlaubt ist”, so Poscher. Plus 80 Tafeln feine Schokolade. Mit ihrem persönlichen Gepäck zusammen ergab das eine Last von 50 Kilo pro Person. Eine Woche haben sie für die Strecke gebraucht.

“Wir waren von Dienstag Mittag bis zum folgenden Dienstag Mittag unterwegs. Ein großartiges Gefühl”, beschreibt Poscher. Unterwegs machten Sie immer wieder Halt. Entweder bei ihren Unterkünften, die sie sich über die Warm Showers List im Netz organisiert hatten, wo sich Radtourfahrer kostenlos gegenseitig Unterkunft gewähren, wie beim Couchsurfing. “Wir haben unseren Gastgebern aber mit einer Verkostung gedankt”, erzählt Poscher. Eben solche Verkostungen nahmen auch ihre Geldgeber in Anspruch, wofür die jungen Männer weitere Stopps unternahmen.

Organisiert hatten sie dies über Crowdfunding – die Schwarmfinanzierung, bei der Interessierte im Vorhinein Geld bezahlen und dann ein Produkt erhalten, wenn das Projekt zustande kommt. Tut es das nicht, kommt das Geld zurück. In Anspruch genommen hatte das Rad3-Team diesen Service von der Visionbakery, wo sie 39 Unterstützer einsammeln konnten. Rund 1.300 Euro sind zusammengekommen. “Das hat gelangt, um uns die Kosten zu erstatten”, so Poscher. Noch nicht aller Rum und alle Schokolade sind abgeholt worden. Ein bisschen was von allem ist auch noch übrig.
Für Rad3 war es ein erfolgreiches Projekt, nicht finanziell, denn der Laden läuft schließlich nicht vom Verkauf von Rum und Schokolade sondern von dem der Lastenräder. “Erfolgreich war es, weil wir auf uns aufmerksam gemacht und das Thema des nachhaltigen Transports in den Mittelpunkt gerückt haben”, so Poscher. Sie haben die Slow Food Bewegung mit dem kulturellen Aspekt und dem Fahrrad-Transport zusammengebracht. Die Werbe-Botschaft ist klar: Es geht um nachhaltige Mobilität. Umweltfreundlich, geldbeutelfreundlich und stressreduzierend. Es ist nicht nur eine Werbung für den Laden, sondern für den Radverkehr im Allgemeinen. Die Entwicklung desselben könnte eine Chance für Leipzig sein.

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“Wir haben auf der Reise mal wieder gemerkt, dass in den Niederlanden die Rad-Infrastruktur sehr viel besser ausgebaut ist”, beschreibt Poscher. “Man denkt gar nicht so viel darüber nach, wenn man dort Rad fährt. Man nutzt einfach die Wege. Das funktioniert intuitiv. Das funktioniert einfach gut. Erst wenn man die Grenze passiert, wird klar, dass wir noch viel Nachholbedarf haben.” Gut gefühlt haben sich Poscher und sein Gefährte trotzdem auf der Strecke. Sie führte über Münster, Hannover, Magdeburg und Dessau nach Leipzig. “Es war gar kein so großer Kraftakt. Es ist gut möglich solche Strecken mit dem Rad zurückzulegen.” Poscher möchte dies im kommenden Jahr wiederholen. Vielleicht auf einer anderen Strecke, vielleicht um andere Fair-Handels-Güter zu holen. “Mal schauen”, sagt er. Diese erste Tour hat gezeigt, dass Lasten-Radfahren und Segeln gut zusammenpassen. Sie sind Äquivalente des schadstoffarmen Transports: das eine auf der Straße, das andere zur See.

Nicht nur für Warmduscher ist die Warm Showers List, wo sich Radtourfahrer gegenseitig Unterkunft gewähren:
https://de.warmshowers.org

Werbung für den Segler-Rum:
http://treshombres-rum.com

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